Nach 124 Jahren: Letzte Menschel-Limo in Hainewalde abgefüllt

Zittau - Die "Limonadenquelle" in Hainewalde ist versiegt. Nach 124 Jahren stellte am Dienstag die bekannte Oberlausitzer Firma Menschel ihre Produktion am angestammten Unternehmenssitz ein.

Stefan Kubitz (48) vorm angestammten Sitz der Firma Menschel in Hainewalde. Die Limo-Produktion lief beengt im Anbau neben dem schmucken Umgebindehaus.
Stefan Kubitz (48) vorm angestammten Sitz der Firma Menschel in Hainewalde. Die Limo-Produktion lief beengt im Anbau neben dem schmucken Umgebindehaus.  © Petra Hornig

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge beobachtete die zwölfköpfige Belegschaft des Familienbetriebs die Abfüllung der letzten Limo-Flaschen.

"Eine Ära geht zu Ende", sagt Peter Zabel (58), während er letzte Handgriffe an der Abfüllanlage tätigt. Wehmut liegt in seiner Stimme.

Er erzählt: "Meine Mutter war eine geborene Menschel. 1986 habe ich hier im Betrieb angefangen. 1992 übernahm ich dann die Geschäfte von meinen Eltern."

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Zabel stellte sich damals hoffnungsvoll der Herausforderung: Zu DDR-Zeiten war Menschel-Limo heiß begehrt. Fans der Marke nannten deren rosarote Himbeerbrause liebevoll-ironisch "Leninschweiß".

Nach dem Fall der Mauer rutschte der Absatz jedoch in den Keller. "Die Leute wollten damals lieber Cola und Softdrinks aus dem Westen trinken als Limo aus der Oberlausitz."

Peter Zadel (58) an der Abfüllanlage mit der letzten Limoflasche, die in Hainewalde produziert wurde. Teile der technischen Anlagen sind schon nach Großschönau umgezogen. Die Firma investiert insgesamt 2,5 Millionen Euro.
Peter Zadel (58) an der Abfüllanlage mit der letzten Limoflasche, die in Hainewalde produziert wurde. Teile der technischen Anlagen sind schon nach Großschönau umgezogen. Die Firma investiert insgesamt 2,5 Millionen Euro.  © Petra Hornig
Dieses Limonaden-Quartett zählt zu den Menschel-Verkaufsschlagern. Zudem produziert das Unternehmen noch Brause für andere Label.
Dieses Limonaden-Quartett zählt zu den Menschel-Verkaufsschlagern. Zudem produziert das Unternehmen noch Brause für andere Label.  © Petra Hornig
Diese Postkarte vom Menschel-Firmensitz stammt aus dem Jahr 1905. Seit 1899 sprudelte dort die "Limonadenquelle".
Diese Postkarte vom Menschel-Firmensitz stammt aus dem Jahr 1905. Seit 1899 sprudelte dort die "Limonadenquelle".  © Petra Hornig

Tschüss Hainewalde - Hallo Großschönau

Lucie Kunath (36) ist die Nichte von Peter Zabel und arbeitet als Prokuristin im Unternehmen.
Lucie Kunath (36) ist die Nichte von Peter Zabel und arbeitet als Prokuristin im Unternehmen.  © Petra Hornig

Diese Durststrecke überstand Zabel tugendhaft. Die Erweiterung der Produktion auf Fassbrause verhalf dem Unternehmen zu Beginn des Jahrtausends zum Comeback, als Retro-Limo plötzlich hip wurde. Heute füllt Menschel 16 verschiedene Limonaden in Flaschen (0,33 l/0,5 l) und Fässer ab.

Die beliebtesten Geschmacksrichtungen heißen Himbeer, Waldmeister und Gurke-Zitrone. 2021 betrug der Jahres-Ausstoß der "Limonadenquelle" beachtliche 10.000 Hektoliter.

"Seit etwa sechs Jahren gehen wir mit der Idee schwanger, zu wachsen. Denn wir können längst nicht mehr alle Kundenwünsche erfüllen", berichtet Menschel-Geschäftsführer Stefan Kubitz (48). Der Abschied aus Hainewalde und der Umzug nach Großschönau eröffnet ein neues Kapitel der Firmengeschichte.

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In der neuen Betriebsstätte modernisiert und vervierfacht Menschel seine Produktionskapazitäten. Sogar ein 2-Schicht-Betrieb wäre dort möglich.

Stefan Kubitz: "Aber so weit denke ich nicht. Wir wollen auch weiterhin manufakturmäßig arbeiten und eine kleine, feine Limo-Bude bleiben."

Titelfoto: Petra Hornig (2)

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