Strafe allein darf nicht alles sein! Sachsen drängt auf mehr Opferausgleich

Dresden - Gerichtsverfahren sind nur eine Möglichkeit, Unrecht aus der Welt zu schaffen. Billiger, schneller und vor allem "heilsamer" funktioniert der "Täter-Opfer-Ausgleich" (TOA). Sachsens Justizministerin Katja Meier (43, Grüne) will das Verfahren jetzt nachhaltig fördern.

So ein Streit am Gartenzaun schafft schnell böses Blut. Bevor das Ganze vor dem Richter landet, kann der sogenannte Täter-Opfer-Ausgleich Abhilfe schaffen.
So ein Streit am Gartenzaun schafft schnell böses Blut. Bevor das Ganze vor dem Richter landet, kann der sogenannte Täter-Opfer-Ausgleich Abhilfe schaffen.  © 123RF/Iakov Filimonov

Der Nachbarshund pinkelt ständig ins Blumenbeet gegenüber. Das geht in der Regel nur eine Weile lang gut. Irgendwann knallt's - aber richtig.

Es fallen böse Worte, Hände rutschen aus. Klar: "Den zeig' ich an!" Der Streit droht vor Gericht zu landen. Der Fall ist konstruiert, die Problematik im wahrsten Sinne des Wortes alltäglich.

Für solche Fälle, aber auch andere, gibt es den sogenannten "Täter-Opfer-Ausgleich". Bei dem Verfahren vermittelt ein Mediator zwischen den Streithähnen. Vorteil: Beide Seiten können in einem geschützten Rahmen ihr Herz ausschütten.

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Ob am Ende ein Schmerzensgeld gezahlt wird oder ob es bei einer (ernst gemeinten) Entschuldigung bleibt, ist frei verhandelbar. Dabei geht es letztlich um Versöhnung, nicht um Strafe.

Gutachten: Viele Richter scheuen den Aufwand eines TOA

Ein handfester Streit muss nicht immer vor dem Richter landen. Justitia kann Opfern auch durch sogenannte Alternative Wiedergutmachungsformen Gerechtigkeit zuteilwerden lassen.
Ein handfester Streit muss nicht immer vor dem Richter landen. Justitia kann Opfern auch durch sogenannte Alternative Wiedergutmachungsformen Gerechtigkeit zuteilwerden lassen.  © picture alliance/Arne Dedert/dpa

Knackpunkt: In Sachsen wird das Verfahren kaum angewandt. Wurden in Schleswig-Holstein 2019 insgesamt 1095 Verfahren durchgeführt, waren es in Sachsen gerade einmal 95.

Viele Richter scheuen den Aufwand oder sie kennen den Täter-Opfer-Ausgleich nicht, Kläger und Beklagte beziehungsweise Opfer und Täter schon gar nicht. Das hat nun ein Gutachten im Auftrag des Justizministeriums ergeben.

Dabei funktioniert das Verfahren in der Regel gut. "80 Prozent der in Sachsen durchgeführten Fälle verliefen erfolgreich", sagt Elisa Hoven (40), Professorin für Recht an der Uni Leipzig und federführend bei der Studie.

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Sie hat zusammen mit Jan Shriver (29) Lösungsvorschläge erarbeitet, um das Verfahren zu fördern.

Susanne Burkhardt (v. l.) vom Verein für soziale Rechtspflege Dresden, Justizministerin Katja Meier (43, Grüne) und Prof. Elisa Hoven (40) von der Uni Leipzig sprachen am gestrigen Mittwoch über den Täter-Opfer-Ausgleich.
Susanne Burkhardt (v. l.) vom Verein für soziale Rechtspflege Dresden, Justizministerin Katja Meier (43, Grüne) und Prof. Elisa Hoven (40) von der Uni Leipzig sprachen am gestrigen Mittwoch über den Täter-Opfer-Ausgleich.  © Steffen Füssel

Priorität hat für Justizministerin Meier ganz klar die Information für Staatsanwälte, Polizei, aber auch für Täter und Opfer. Denn: "Die persönliche Begegnung zwischen Täter und Opfer kann in geeigneten Fällen helfen, die Folgen des Handelns dem Täter stärker ins Bewusstsein zu rufen", sagt sie.

Titelfoto: 123RF/Iakov Filimonov

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