Tschüss Uran-Abbau! Die letzte strahlende Fuhre geht in die USA

Königstein - Nach 75 Jahren endete am Dienstag auf dem Wismut-Gelände in Königstein ein bedeutsamer Teil der deutschen Geschichte.

Der Dresdner Bergmann Uwe Plenig (61) arbeitet seit 1981 für die Wismut, seit 1996 am Standort in Königstein.
Der Dresdner Bergmann Uwe Plenig (61) arbeitet seit 1981 für die Wismut, seit 1996 am Standort in Königstein.  © Ronald Bonss

Mit dem Abtransport des letzten Urans aus dem Freistaat scheidet die Bundesrepublik aus der Liste uranproduzierender Länder aus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Sowjetunion das seltene Erz in ihrer Besatzungszone fürs atomare Wettrüsten abbauen lassen. Den Preis bezahlten Tausende Arbeiter der DDR mit ihrer Gesundheit. Seit der Wende läuft der Kampf gegen radioaktiv verseuchtes Wässer in Sachsen - und wird noch Jahrzehnte dauern.

Mit einem Geigerzähler misst ein Arbeiter vor Abfahrt die Strahlung, dann verlässt einer der letzten Sattelzüge mit gelbem Radioaktiv-Warnschild die Wismut-Anlage in Königstein. Die geladenen 19,5 Tonnen Uran-Schlamm kauft eine US-Firma, zu der der Transport nach Zwischenstation in Tschechien geht.

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Zum Verständnis: Seit der Wende wird bundesweit kein Uran mehr aktiv abgebaut. Bei der aufwendigen Sanierung der bis dahin genutzten Gruben fällt jedoch weiter Uran an - allein 3350 Tonnen in Sachsen und Thüringen.

216.000 Tonnen waren zuvor von 1946 bis 1990 in der DDR abgebaut worden. Einziger Abnehmer: die Sowjetunion, die das Erz auch für ihre Atomwaffen brauchte.

Der Sattelzug mit dem letzten Uran-Tank startete Dienstagnachmittag.
Der Sattelzug mit dem letzten Uran-Tank startete Dienstagnachmittag.  © Ronald Bonss
Mit einem Geigerzähler kontrollierte ein Mitarbeiter vor Abfahrt die Strahlung am grünen Uran-Tank.
Mit einem Geigerzähler kontrollierte ein Mitarbeiter vor Abfahrt die Strahlung am grünen Uran-Tank.  © Ronald Bonss
Auf dem Tank kontrollieren Mitarbeiter in Schutzanzügen, ob alles dicht ist.
Auf dem Tank kontrollieren Mitarbeiter in Schutzanzügen, ob alles dicht ist.  © Ronald Bonss

Ein Knochenjob!

Deutschlands letzter aktiver Uran-Standort in Königstein.
Deutschlands letzter aktiver Uran-Standort in Königstein.  © Jürgen-M. Schulter

Dafür hatte sie im Kalten Krieg das Bergbauunternehmen mit Tarnnamen "Wismut" (siehe Kasten) gegründet. Zunächst wurden Zehntausende Arbeiter zwangsverpflichtet, später mit hohen Löhnen und Lebensmittelrationen geködert.

"Mir wurde eine Dreiraumwohnung in Freital gestellt. 1981 war ich jung verheiratet", erinnert sich der Dresdner Bergmann Uwe Plenig (61).

"Unter Tage war es laut, dunkel, staubig. Erz schlagen, Gestein schleppen. Ein Knochenjob!". Wegen fehlender Schutzausrüstung wurden vor allem in den ersten Abbau-Jahrzehnten Tausende Arbeiter krank oder starben bei Unfällen.

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Plenig hatte Glück, blieb gesund, arbeitet seit 2007 über Tage in Königstein mit an der Beseitigung der Altlasten - eine Mammutaufgabe. Die Grube (bis 300 Meter tief) wurde nach der Wende versiegelt und geflutet, die Schächte mit Beton zugepumpt.

Das Wasser aber bleibt kontaminiert, wird über Filteranlagen gereinigt, das Uran so gelöst. Mittlerweile ist der Anteil so gering, dass es künftig nicht mehr verkauft wird, sondern die Überreste deponiert werden.

Das verseuchte Gruben-Wasser in Königstein und anderen Standorten wie Aue muss weiter aufwendig gereinigt werden. Das ambitionierte Ziel: In zwei Jahrzehnten soll die Schadstoff-Kontamination besiegt sein.

Das ist die Wismut

Mörderischer Job: Kumpel 1985 unter Tage im Uran-Bergbau der Wismut in einem Schacht bei Aue.
Mörderischer Job: Kumpel 1985 unter Tage im Uran-Bergbau der Wismut in einem Schacht bei Aue.  © dpa/Reinhard Kaufhold

Das Unternehmen Wismut war einst der größte Uran-Einzelproduzent der Welt. Heute arbeitet es mit 900 Mitarbeitern an der Stilllegung und Sanierung der Standorte in Sachsen und Thüringen.

Um sich das ostdeutsche Uran einzuverleiben, wurde nach ersten Arbeiten 1946 im Jahr darauf die Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) Wismut gegründet.

Erst 1954 wurde die DDR beteiligt, der Name nun Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG). Hinter der UdSSR, USA und Kanada war die DDR bis 1990 der viertgrößte Uranproduzent weltweit. Im Zuge der Wiedervereinigung stellte die SDAG zum 1. Januar 1991 den Betrieb ein.

Als Wismut GmbH saniert das Unternehmen seitdem im Auftrag des Bundes die Altlasten des Uran-Abbaus. 1991 befanden sich 48 Halden, für die einst ganze Dörfer weichen mussten, in Wismut-Hand. Mehr als eine Milliarde Tonnen an radioaktiven Rückständen wurden stabilisiert, Gefahren beseitigt.

Zwei Bergmänner stehen 1990 an einem Förderwagen, mit dem das Uranerz aus dem Wismut-Schacht Dresden-Gittersee gefördert wurde.
Zwei Bergmänner stehen 1990 an einem Förderwagen, mit dem das Uranerz aus dem Wismut-Schacht Dresden-Gittersee gefördert wurde.  © dpa/Ulrich Hässler

Der Bund investierte bislang 6,8 Milliarden Euro. Die Kontamination der Wässer, mit denen die Uran-Gruben geflutet wurden, wird aber noch viele Jahre dauern.

Titelfoto: Ronald Bonss

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