Biber, Wolf, Kormoran: Wird der Artenschutz in Sachsen zum Abschuss freigegeben?

Sachsen - Peng! Bayern hat die Jagd auf Problem-Bären, -Wölfe und -Otter eröffnet. Ministerpräsident Markus Söder (56) will nicht lange fackeln, wenn es Ärger gibt mit Vertretern dieser Arten. Der CSU-Politiker pfeift dabei auf den Schutzstatus der bedrohten Arten und entsprechende Gesetze. Hier könnt ihr lesen, wer wie Söder ein Umdenken im Artenschutz für Wolf, Otter, Biber und Kormoran fordert. Und wer dagegen rote Linien zieht und einen Perspektivwechsel fordert.

Die Jägerschaft fordert die Erlaubnis zum Abschuss von Wölfen und Bibern, die Probleme bereiten sowie die Regulierung der Bestände, wie es etwa Schweden bereits praktiziert.
Die Jägerschaft fordert die Erlaubnis zum Abschuss von Wölfen und Bibern, die Probleme bereiten sowie die Regulierung der Bestände, wie es etwa Schweden bereits praktiziert.  © Imago

Ein Umdenken im Miteinander mit Wolf, Biber, Otter und Kormoran ist aus Sicht des Landesbauernverbands zwingend notwendig.

Gunther Zschommler (60) hinterfragt als Vize-Bauernpräsident kritisch das sächsische Wolfsmanagement: "Will Sachsen keine Weidetierhaltung mehr?"

Er findet: "Wenn ein Wolf sich an Nutztieren vergreift oder durch Dörfer streift, dann ist er abzuschießen. Dann verdient er auch keine zweite Chance mehr."

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Zschommler möchte, dass das Entschädigungsrecht bei Wolfs-Rissen auf den Kopf gestellt wird.

"Solange es nicht nachweislich auszuschließen ist, dass ein Wolf das Nutztier gerissen hat, sollte es sofort eine Entschädigung für den betroffenen Betrieb geben", sagt er.

Der Landesjagdverband Sachsen stößt ins gleiche Horn und fordert eine Bestandsregulierung mit Verweis auf die vitalen Wolfsrudel in Sachsen.

Verbands-Geschäftsführer Martin Wißmann: "Die Wolfsdichte ist weltweit nirgendwo so hoch wie in Sachsen und in der Oberlausitz." Auch der Biber verursacht seiner Meinung nach hierzulande solch erhebliche wirtschaftliche Schäden, dass man handeln und Tiere zum Abschuss ins Visier nehmen muss.

Martin Wißmann (57) vom Landesjagdverband stellt fest, dass die Wolfsdichte weltweit nirgendwo so hoch ist, wie in Sachsen
Martin Wißmann (57) vom Landesjagdverband stellt fest, dass die Wolfsdichte weltweit nirgendwo so hoch ist, wie in Sachsen  © Steffen Füssel

Der Landtag ist in der Causa Wolf zweigeteilt

Patronen mit Verpackung. Für die Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen sind Jäger die ersten Ansprechpartner, bewaffnete Eingreiftrupps lehnt der Deutsche Jagdverband ab.
Patronen mit Verpackung. Für die Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen sind Jäger die ersten Ansprechpartner, bewaffnete Eingreiftrupps lehnt der Deutsche Jagdverband ab.  © Imago

Über diese laufenden Debatten freut sich auch der Fischereimeister Georg Strähler (69). Er leitet in Wermsdorf eine Teichwirtschaft. Als Stimme des Landesanglerverbands sagt er: "Biber, Kormorane und Otter richten bei uns enorme Schäden an."

Strähler spricht von "kalter Enteignung", um zu beschreiben, wie er und seine Kollegen sich fühlen, wenn Biber Dämme zerstören oder Otter und Kormorane Fischteiche plündern.

Immerhin: Kormorane können die Binnenfischer vergrämen und abschießen, wenn die Vögel bei ihnen räubern. Strähler: "Doch kein Betrieb kann es sich hierzulande leisten, jemanden abzustellen, der die Teiche bewacht." Er fordert von der Staatsregierung kreative Lösungen, damit 500 Jahre Teichwirtschaft in Sachsen nicht den Bach hinuntergehen.

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Im Dresdner Landtag sind die Lager - zumindest in der Causa Wolf - klar aufgeteilt.

Die CDU will den Schutzstatus für die Raubtiere senken. Die AfD fordert sogar Jagdquoten. Grüne und Linke appellieren an Landwirte, ihre Weidetiere besser zu schützen.

Isegrim-Abschuss? Beim Umweltministerium winkt man ab

Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne)
Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne)  © Ronald Bonss

Der Bautzener Landrat Udo Witschas (51, CDU) schrieb jüngst zusammen mit seinem Görlitzer Amtskollegen Stephan Meyer (41, CDU) einen Brief an Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne).

Sie wollen eine Kontingentlösung zum Wolfsabschuss im Jagdrecht verankern. Die Verordnung zum Wolfsmanagement von 2014 sei überholt, so Meyer.

Das Thema "Wolf" ist im Umweltministerium ein Dauerbrenner. Günther als Minister ist dabei "Prügel" gewöhnt. In der Sache ist er nicht zu Zugeständnissen bereit. Rückendeckung erhält er dabei vom NABU Sachsen.

Aus dessen Sicht "braucht es im Umgang mit Wolf, Biber und Co. weniger ein Umdenken als ein Erinnern daran, dass wir uns den Lebensraum mit diesen Tieren teilen und ihnen entsprechend auch Raum zugestehen müssen", so NABU-Sprecherin Katharina Schröder. Und ergänzt: "Das heißt nicht, dass wir diesen Wildtieren ausgeliefert sind. Es braucht aber fallbezogene Entscheidungen. Einzelne Tiere, die wiederholt ernste Probleme bereiten, können dabei in Ausnahmefällen entnommen werden", erklärt Schröder.

Ähnlich sieht man es beim Verein Sächsischer Heimatschutz. Dessen Geschäftsführender Vorstand Thomas Westphalen möchte den Diskussionen aber einen anderen Schwung geben: "Ja, wir brauchen dringend ein Umdenken im Naturschutz. Dass das Artensterben nicht nur eine globale, sondern auch eine regionale Erscheinung ist, zeigen die jährlichen Berichte zum Zustand der Biodiversität Sachsens eindrücklich genug."

Zielmarken für die Ausweisung von Schutzgebieten werden nicht erreicht bzw. werden Zielvorgaben für die einzelnen Gebiete häufig so aufgeweicht, dass die Schutzzwecke unerreichbar bleiben.

Thomas Westphalen (66) uns sein Verein Sächsischer Heimatschutz e. V. fordern ein Umdenken beim Naturschutz.
Thomas Westphalen (66) uns sein Verein Sächsischer Heimatschutz e. V. fordern ein Umdenken beim Naturschutz.  © Eric Münch

Der Wolf ist seit 1996 wieder in Sachen zu Hause

Der Wolf ist wieder heimisch in Sachsen.
Der Wolf ist wieder heimisch in Sachsen.  © Imago

Im Wolfs-Monitoringjahr 2021/22 konnten in Sachsen 36 Territorien nachgewiesen werden.

Dabei handelt es sich um 31 Rudel, vier Paare und ein territoriales Einzeltier. In fast allen Rudeln gab es Nachwuchs, im Schnitt zwischen einem und acht Jungtieren.

Der Wolf galt hier als ausgestorben, bis es 1996 erste Isegrim-Sichtungen auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz (Muskauer Heide) gab.

Kormorane brüten in Sachsen

Kormorane mögen Fisch. Doch manchmal stibitzen sich die Vögel etwas aus dem Forellenteich.
Kormorane mögen Fisch. Doch manchmal stibitzen sich die Vögel etwas aus dem Forellenteich.  © Imago

Von 2007 bis 2022 bewegte sich in Sachsen der Brutbestand des Kormorans zwischen 150 und 300 Paaren.

Im Herbst, wenn die Vögel wandern, sind teilweise aber bis zu 4000 Tiere hier anzutreffen.

Sie rasten vor allem im gewässerreichen Norden des Landes. Kormorane fressen Fisch und jagen gern in Kolonien, die teils viele Hundert Tiere zählen.

So steht es um Sachsens Biber

Der Biber ist wieder da: Er galt in Sachsen als so gut, wie ausgestorben.
Der Biber ist wieder da: Er galt in Sachsen als so gut, wie ausgestorben.  © Imago

Der aktuelle Biber-Bestand wird sachsenweit auf 2000 bis 2400 Individuen geschätzt.

Vorkommen gibt es u. a. an Elbe, Mulde, in der Dübener Heide, an Neiße, Spree, Röder und Weißer Elster.

Der Biber galt vor 50 Jahren in Sachsen als fast ausgestorben. Nur etwa 100 Tiere lebten hier damals noch.

Auch die Fischotter fühlen sich in Sachsen wohl

Fischotter sind scheue kleine Raubtiere.
Fischotter sind scheue kleine Raubtiere.  © Imago

Der Bestand an Fischottern in Sachsen wird aktuell auf 400 bis 600 Alttiere geschätzt.

Hinter diesen Zahlen stehen aber viele Fragezeichen. Fischotter leben inzwischen in (fast) allen Landesteilen. Die höchste Fischotter-Dichte besteht im Oberlausitzer Teichgebiet.

Monitorings zeigten, dass die Rate positiver Nachweise seit 20 Jahren um jährlich 1,7 Prozent gewachsen ist.

Titelfoto: Montage: Imago,

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