ICE rast in Regionalzug: Jetzt ist die Ursache für das Unglück bekannt

Lauenbrück - Am 15. November 2023 kam es in Lauenbrück (Landkreis Rotenburg/Wümme) zu einem schweren Zugunglück: Ein vollbesetzter ICE mit 550 Fahrgästen krachte mit rund 50 km/h in einen stehenden Regionalzug. Der Schaden? Satte 2,75 Millionen Euro!

Am 15. November 2023 waren ein ICE und ein stehender Regionalzug zwischen Hamburg und Bremen kollidiert.
Am 15. November 2023 waren ein ICE und ein stehender Regionalzug zwischen Hamburg und Bremen kollidiert.  © JOTO

Der Zugverkehr zwischen Hamburg und Bremen war kurz nach dem Unfall erheblich beeinträchtigt. Auch die Ursache des Unglücks war lange Zeit nicht bekannt.

Doch jetzt - eineinhalb Jahre später - herrscht Klarheit: Am Montag hat die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) einen 40-seitigen Bericht veröffentlicht. Das Ergebnis: eine fatale Kette aus technischen Pannen und Kommunikationsfehlern.

Ein Sonderzug der Bentheimer Eisenbahn ohne Passagiere an Bord musste wegen technischer Probleme im Bereich einer Weiche stoppen. Um die Bremswirkung zu verbessern, nutzte der Lokführer die Sandstreueinrichtung - ein Verfahren, um die Bremswirkung auf feuchten Schienen zu verbessern und ein Durchrutschen der Räder zu verhindern.

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Doch genau das wurde später zum Verhängnis. Der Sand störte die Gleisstromkreise. Die fatale Folge: Das Sicherheitssystem zeigte irrtümlich an, dass die Weiche frei sei, obwohl Teile des Zuges noch auf dem Streckenabschnitt standen.

ICE rast in stehenden Regionalzug: Kritik an massiver Sicherheitslücke

Ein Tag nach dem Unfall standen die beiden beteiligten Züge unverändert auf zwei der drei Gleise vor dem Lauenbrücker Bahnhof. (Archivbild)
Ein Tag nach dem Unfall standen die beiden beteiligten Züge unverändert auf zwei der drei Gleise vor dem Lauenbrücker Bahnhof. (Archivbild)  © JOTO

Im Stellwerk Rotenburg kam es zusätzlich zu einem folgenschweren Missverständnis zwischen der Fahrdienstleiterin und dem Lokführer über die genaue Position des Sonderzugs. Da die Fahrdienstleiterin irrtümlicherweise wegen der Störung des Sicherheitssystems davon ausgegangen war, dass die Weiche frei sei - wurde diese freigegeben. Daraufhin donnerte der ICE 615 direkt in den stehenden Zug.

Der ICE-Lokführer leitete zwar sofort eine Notbremsung ein, doch es war zu spät. Mit rund 50 km/h krachte der Schnellzug in den Triebwagen. Die Front des ICE wurde schwer beschädigt. Trotz des heftigen Aufpralls gab es keine Verletzten unter den rund 550 Reisenden. Feuerwehrkräfte aus der Gemeinde Fintel rückten an und evakuierten den Zug.

Laut BEU-Bericht ist die Problematik mit Sand und Gleisstromkreisen seit Jahrzehnten bekannt. Ähnliche Vorfälle gab es bereits in Recklinghausen, Hannover und Itzehoe. Deshalb fordert die BEU moderne Technik, die nicht von Sand beeinflusst wird sowie bessere Kommunikation zwischen Lokführern und Stellwerken.

Titelfoto: JOTO

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