Bäcker laufen Sturm: Bürokratie-Irrsinn macht den Stollen teurer!

Chemnitz - Eine Kaffeetafel ohne duftenden Christstollen zur Weihnachtszeit? Undenkbar. Doch das Umweltbundesamt (UBA) versteht den Zauber des Festgebäcks nicht. Es definiert bis zu 750 Gramm schwere Stollen neuerdings als profane Zwischenmahlzeit, will Stollenbäcker mit einer Extra-Plastikgebühr belasten. Das Bäckerhandwerk tobt!

Dirk Schäfer (47) ärgert sich über die Extra-Plastikgebühr für Stollen.
Dirk Schäfer (47) ärgert sich über die Extra-Plastikgebühr für Stollen.  © Ralph Kunz

Für das UBA ist allerdings die objektive Möglichkeit eines Unterwegs-Verzehrs maßgeblich. Dass Stollen geschnitten und auf Tellern serviert wird, spiele dabei keine Rolle. Zudem erlaube es die Verpackung, den Stollen direkt aus der Folie zu essen, erklären die Beamten.

Die 750 Gramm seien dabei kein Ausschlusskriterium: Anders als bei Lebensmittelbehältern ist bei Folienverpackungen die Portionsgröße irrelevant.

Über die Entscheidung aus Berlin kann Dirk Schäfer (47), Geschäftsführer von Schäfers Backstube in Chemnitz, nur den Kopf schütteln: "Das ist lächerlich!" Bei Kaffeebechern verstehe er die Mehrkosten für beispielsweise die Straßenreinigung. Aber der Stollen in einer Snackverpackung? "Das ist nichts für to go!"

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Auch Martin Hübner, Chef der Annaberger Backwaren, sieht eine Fehlentscheidung: "Ein Stollen ist nicht zum sofortigen Verzehr gedacht und damit sollte er auch nicht unter das Einweg-Verpackungsgesetz fallen."

Hinter den Bäckern steht der Landesinnungsverband Saxonia des Bäckerhandwerks Sachsen. Der Verband verweist darauf, dass Stollen zu Hause geschnitten und gegessen werden.

Ähnlich sieht es die Einwegkunststoffkommission, ein Gremium im UBA: Sie riet sogar davon ab, die Stollen-Verpackung dem Gesetz zuzuordnen, "da die Portionsgröße zu groß für den unmittelbaren Verzehr ist".

In der Backstube Schäfer beginnt die Stollenproduktion voraussichtlich Mitte September.
In der Backstube Schäfer beginnt die Stollenproduktion voraussichtlich Mitte September.  © picture alliance/dpa

Plastikverpackung unverzichtbar

In der Plaste-Tüte bleibt der Stollen frisch und aromatisch.
In der Plaste-Tüte bleibt der Stollen frisch und aromatisch.  © Kristin Schmidt/dpa

Schäfer ärgert sich am meisten über den Papierkram, der jetzt auf ihn zukommt. Er muss sich nun beim UBA melden und angeben, wie viel Plastik er verbraucht. "Das ist noch mehr Bürokratie bei versprochenem Bürokratieabbau."

Den Schritt kritisiert auch Hübner. "Die Entscheidung erschwert das tägliche Arbeiten für Unternehmen in Deutschland."

Welche Folgen das auf sein Unternehmen hat, kann er noch nicht einschätzen. Das UBA teilte auf TAG24-Anfrage mit: "Es ergibt sich eine Abgabe von circa 0,35 Cent pro Stollen." Und weiter: "Ob der Hersteller diese Mehrkosten auf die Preise seiner Produkte und somit auf die Verbraucher umlegt, können wir nicht beeinflussen", so ein Sprecher.

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Könnten die Stollenbäcker nicht plastikfreie Verpackungen nutzen - so, wie es das Umweltbundesamt empfiehlt? Das sei eher schwierig, denn dann würde der Stollen laut Bäckerverband schnell an Feuchtigkeit und Aromen verlieren.

Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt/dpa, picture alliance/dpa, Ralph Kunz

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