"Operationsplan Deutschland": Sachsens Gemeinden sollen sich auf Krieg mit Russland vorbereiten

Dresden - Das ist keine Übung: Seit Wochen klappern hochrangige Militärs Städte und Kreise in ganz Deutschland ab, um sie auf einen Krieg mit Russland vorzubereiten. In diesem Fall wird Deutschland zur Drehscheibe für die NATO - und unsere Kommunen sollen Soldaten wie Panzer, Geflüchtete und Opfer versorgen. Der Freistaat steckt mittendrin.

Wenn es zu einem Krieg mit Russland kommen sollte, wird sich Deutschland vor allem um die Versorgung von NATO-Truppen im Innern kümmern müssen.
Wenn es zu einem Krieg mit Russland kommen sollte, wird sich Deutschland vor allem um die Versorgung von NATO-Truppen im Innern kümmern müssen.  © Norbert Neumann

Seit einigen Wochen werden Deutschlands Oberbürgermeister und Landräte von Bundeswehroffizieren heimgesucht. Mit diesen "vertraulichen" Treffen will die Truppe den Ausbau der Kriegstüchtigkeit deutscher Kommunen vorantreiben.

Kritische Infrastruktur soll identifiziert, Heimatschutz-Konzepte erarbeitet, Bunkeranlagen wiederhergestellt werden. Das berichtet das Journalistennetzwerk Correctiv - und die Bundeswehr bestätigt das.

Demnach ist das Vorgehen Teil des "Operationsplan Deutschland". Der sogenannte "OPLAN DEU" regelt die Landesverteidigung im Ernstfall. Weite Teile davon sind streng geheim.

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Im siebenseitigen Handbuch dazu lässt sich aber seine Marschrichtung erkennen: Die Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit Truppen und Gerät an die Ostflanke der NATO zu verlegen, wird darin als "zentrale[r] Pfeiler der konventionellen Abschreckung" beschrieben.

Bunker ertüchtigen...
Bunker ertüchtigen...  © imago/HRSchulz
... Betten vorhalten: Für den Ernstfall kommt noch so einiges auf die Bundesrepublik zu.
... Betten vorhalten: Für den Ernstfall kommt noch so einiges auf die Bundesrepublik zu.  © picture alliance/dpa

OB Hilbert und andere schweigen - aber nicht alle

Die Bundesrepublik wird zur "Drehscheibe Deutschland" - auch fürs schwere Gerät.
Die Bundesrepublik wird zur "Drehscheibe Deutschland" - auch fürs schwere Gerät.  © picture-alliance/dpa/Ingo Wagner
Görlitzer Landrat Stephan Meyer (44, CDU).
Görlitzer Landrat Stephan Meyer (44, CDU).  © Sebastian Kahnert/dpa

Die Bundesrepublik wird in diesem Fall zur "Drehscheibe Deutschland" - sozusagen das Logistikzentrum für Armeen aus Frankreich, England, Nordamerika. "In den Planungen der NATO müssen mehrere Hunderttausend Soldaten durchgängig logistisch und medizinisch versorgt werden", heißt es darin. "Die maximale zivile Unterstützung ist [...] ein entscheidender Faktor." Was kommt da also auf uns zu?

TAG24 hat sich in ganz Sachsen umgehört. Mehrere Landräte und Oberbürgermeister, wie etwa Dresdens OB Dirk Hilbert (53, FDP), verweigerten Aussagen, verwiesen an die Bundeswehr oder auf eine hohe Geheimhaltungsstufe.

Aber nicht alle: Nach TAG24-Informationen fand am 13. März eine Konferenz aller sächsischen Landräte statt, bei dem ein Oberst des hiesigen Landeskommandos die Teilnehmer eingeschworen hatte.

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"Der Landkreis Görlitz nimmt eine besondere Rolle ein", sagt dessen Landrat Stephan Meyer (44, CDU) auf Nachfrage. Nicht nur wegen der Truppenübungsplätze und der Polen-Grenze: "Unsere Bahnstrecke ist schon jetzt logistischer Einlaufpunkt für Truppen, die in Richtung Baltikum unterwegs sind, hier versorgt werden und dann weiterziehen."

Es gibt schon jetzt ein Problem

Görlitz nimmt eine besondere Rolle im "OPLAN DEU" ein.
Görlitz nimmt eine besondere Rolle im "OPLAN DEU" ein.  © LausitzNews.de/Thomas Hurny
Aues OB Heinrich Kohl (69, CDU).
Aues OB Heinrich Kohl (69, CDU).  © Uwe Meinhold

Auch Heinrich Kohl (69, CDU), OB von Aue-Bad Schlema, bestätigt die Gespräche. Als kommunaler Vertreter hofft er, dass dafür zügig Geld vom Bund fließt, etwa für den Ausbau der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes. Aber auch für die "Renaissance eines Kreiswehrkommandos", so Kohl.

Dabei gibt es schon jetzt ein Problem: Die Kommunen sind für diese Aufgaben erst im Spannungs- oder Kriegsfall zuständig. "Zivilschutz ist eine Bundesangelegenheit, die in den letzten 30 Jahren niemanden interessierte", sagte etwa ein Sprecher der Stadt Leipzig.

Und Landrat Meyer fügt hinzu, dass so eine Vorhaltung finanziert werden müsse: "Der Bau von Bunkern oder das Ertüchtigen von Brücken für militärische Gewichtsklassen ist keine kommunale Aufgabe."

Im Frühjahr 2026 ist die letzte Stufe des OPLAN DEU geplant, die Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen. Spätestens dann werden wohl auch die Bürger auf die neue Lage eingeschworen.

Titelfoto: Bildmontage: picture-alliance/dpa/Ingo Wagner, Norbert Neumann

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