Raus aus Omas Schrank, rein ins Leben: Meissener Porzellan will "aus der Vitrine"
Von Christiane Raatz und Jennifer Schneider
Meißen - Kaffeebecher für unterwegs, Teller in knalligen Farben und Kugeln für den Weihnachtsbaum: Meissener Porzellan ist längst mehr als das gute Tafelservice bei Oma im Schrank. "Wir wollen raus aus der Vitrine, rein ins Leben", sagt Geschäftsführer Tillmann Blaschke (62). Das Unternehmen mit dem weltweit bekannten Logo der gekreuzten Schwerter will jünger und moderner werden.
"Die Produkte müssen zeitgemäß sein und die Bedarfe der heutigen Zeit widerspiegeln", erklärte Blaschke. Während handbemalte Figuren und kunstvolle Fine Art vor allem in Taiwan, Japan und China gefragt seien, sei der Heimatmarkt kleinteiliger geworden.
Porzellan sei längst nicht mehr so ein Statussymbol wie früher, das große Service für den Sonntagsbraten weniger gefragt, so der Geschäftsführer. Stattdessen sei Geschirr für Sushi, Pasta oder Ramen im Trend.
Die Manufaktur setzt auf neue Märkte: Nächstes Jahr wird über Handelspartner der achte Store in China eröffnet, auch in den USA und in der Golfregion soll das Porzellan aus Sachsen etabliert werden.
Der Manufakturchef sieht die 1710 gegründete Porzellan-Unternehmen auf einem guten Weg. 2024 konnte das Unternehmen zwar keine schwarzen Zahlen schreiben, verbucht nach eigenen Angaben aber ein Umsatzwachstum von fünf bis zehn Prozent, im Webshop sogar zweistellig. "Das gibt all jenen, die hinter der Manufaktur stehen, ein Stück Vertrauen, dass die Arbeit die wir machen, in die richtige Richtung geht."
Nach Millionenverlust: Ältesten Porzellan-Manufaktur will wieder schwarze Zahlen schreiben
Von 2008 bis 2015 plante der ehemalige Porzellan-Chef Christian Kurtzke (56) einen Umbau des Unternehmens. Die Meißner Stücke sollten sich einen Namen als Luxuskonzern machen - was jedoch scheiterte.
So ließ der 56-Jährige nicht nur Teller und Tassen anfertigen. Auch Schmuck, Kleidung und Accessoires kamen auf den Markt. Dieses Konzept brachte der Manufaktur einen Millionenverlust.
Mit der Rückbesinnung auf das Kerngeschäft Porzellan will das Unternehmen die Wende schaffen. Rund 200 000 Besucher kommen jährlich nach Meißen, um sich die handgefertigten Kunstwerke anzusehen.
Titelfoto: Fotomontage/Robert Michael/dpa/Robert Michael/dpa
