Seit 25 Jahren: Biotechnologie als Erfolgs-Geschichte made in Sachsen
Leipzig - Vor 25 Jahren bezahlte man beim Bäcker noch mit D-Mark und waren Smartphones Zukunftsmusik. Genau in diesen Tagen entwickelte man im Dresdner Regierungsviertel eine Vision: Der Freistaat soll ein Zentrum der Biotechnologie werden. Heute beschäftigt diese Branche hierzulande 15.000 Menschen. Tendenz steigend.

Die Firma Vita 34 wurde 1997 in Leipzig gegründet. Das börsennotierte Pharmaunternehmen ist heute die führende Stammzellenbank Europas.
Die Kernkompetenz der Firma liegt in der Konservierung von Zellen und Gewebe aus der Nabelschnur. Vita 34 (jetzt eine Marke der FamiCord AG) betreibt die größte private Nabelschnurblutbank Europas.
Über eine Million Nabelschnurbluteinheiten und andere biologische Materialien aus Partnerkliniken in ganz Europa lagert das Unternehmen derzeit ein. "Stammzellen sind das wertvollste Blut. Wir sind überzeugt, dass personalisierte Zelltherapien zukünftig ein integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung sein werden", sagt Vita-34-Produktionsleiter Dr. Mario Lehmann (43).
Tatsächlich konnten mithilfe von Nabelschnurblut aus der Konservierung schon Stoffwechselerkrankungen, frühkindliche Hirnschäden und Krebs erfolgreich behandelt und gelindert werden.
Im "Medical Forge" können sich Kreative ausprobieren

André Hofmann (48) ist eine Art Hebamme. Als biosaxony-Geschäftsführer und Chef vom Medical Forge in der BioCity Leipzig unterstützt er Forscher, Start-ups und Unternehmen, die mit Ideen für neue Medizinprodukte schwanger gehen.
Das Medical Forge eröffnet den hoffnungsvollen Erfindern dabei die Möglichkeit, moderne Labore und Büros zu nutzen.
Im Rahmen eines sogenannten zwölfmonatigen Accelerator-Programms können die Kreativen dort konzentriert arbeiten, Ideen "ausbrüten" und zur Vollendung bringen. Hofmann: "Wir helfen ihnen außerdem dabei, ihre Medizinprodukte schneller in den deutschen Gesundheitsmarkt zu bringen."
Das Medical Forge spricht explizit auch internationale Unternehmen an. "Wir wollen sie so nach Sachsen locken", sagt André Hofmann.
Fraunhofer forscht hier nicht nur an Impfstoffen

Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) feierte in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag. Vor Ort beschäftigen sich insgesamt 400 Mitarbeiter mit der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze und diagnostischer Verfahren - insbesondere für die Behandlung von Krebs und Autoimmunerkrankungen (wie etwa Morbus Crohn).
Das IZI hat die Nase vorn bei der Impfstoff-Entwicklung (u.a. gegen Grippe, Tierseuchen). Zusammen mit weiteren Fraunhofer-Instituten entwickelte es ein neues Verfahren zum Inaktivieren (Töten) von Viren und anderen Krankheitserregern mithilfe von niederenergetischer Elektronenbestrahlung.
"So können wirksamere, sichere und zudem kosteneffizientere Impfstoffe hergestellt werden. Die Bill & Melinda Gates Stiftung hat das Projekt gefördert", berichtet IZI-Vize-Chef Sebastian Ulbert (53).
Von der Idee zum Wirtschaftsfaktor

Die sächsische Biotechnologie-Offensive wurde im Jahr 2000 gestartet. Der Freistaat machte damals je 200 Millionen D-Mark locker für den Bau der BioCity Leipzig (am Standort Alte Messe) und das BioInnovationsZentrum (BioZ) Dresden, die Errichtung von je sechs Professuren samt Nachwuchsforschergruppen sowie die Erstausrüstung von Laboren und Werkstätten.
Der Branchenverband biosaxony vernetzt heute die beteiligten sächsischen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Im Verlauf des vergangenen Vierteljahrhunderts hat Sachsen mehr als eine Milliarde Euro in die Branche investiert. Mit über 300 Akteuren und über 15.000 Beschäftigten in den Kernbereichen Biotechnologie, Pharma und Medizintechnik ist die Branche heute Innovationstreiber und Wirtschaftsfaktor.
Erklärtes Ziel ist es, dass die Branche nun Potenziale abschöpft, die Sachsen etwa im Maschinenbau und der Robotik besitzt.
Titelfoto: Susann Friedrich