Nach juristischem Hick-Hack um Kinderschänder-Prozess: Diese Frau kämpft täglich gegen das Grauen

Plauen - Acht Jahre nach einem Verbrechen hatte der Bundesgerichtshof in Leipzig in dieser Woche die juristische Aufarbeitung des Falles beendet. Ein Vogtländer (heute 59) hatte 2017 ein damals 13-jähriges Mädchen aus Tschechien für Sex zu sich nach Hause geholt. Das Verfahren schlingerte jahrelang durch die Justiz.

Cathrin Schauer-Kelpin hat das Hilfsprojekt Karo von Anfang an mit aufgebaut.  © Uwe Meinhold

Für Cathrin Schauer-Kelpin vom Plauener Verein Karo ist der Fall ein Skandal. "Der hat das Mädchen aus einem anderen Land geholt, um es sexuell auszubeuten - das ist Kinderhandel!", sagt sie fassungslos. "Sie war völlig hilflos. Und die Justiz streitet über das Tatbild?" Für Schauer-Kelpin ein fatales Signal.

Seit mehr als 30 Jahren kämpft die diplomierte Sozialpädagogin mit 17 weiteren Mitarbeitern gegen sexuelle Ausbeutung, Zwangsprostitution und Menschenhandel im Grenzgebiet Vogtland/Tschechien. Karo hat Beratungsstellen in Plauen und Cheb sowie ein Schutzhaus im Vogtlandkreis.

Was sie seit 1995 erlebt, brennt sich ins Gedächtnis: "Da steigen Kinder nachts in deutsche Autos. Man denkt zuerst: Das kann nicht sein. Doch es ist so."

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Das Schutzhaus ist oft die letzte Rettung. Bis zu 20 Frauen mit Kindern finden hier Zuflucht - anonym, sicher, begleitet. Es sind Schicksale, die kaum auszuhalten sind. Opfer von Zuhältern, von Gewalt, von systematischer Entmenschlichung.

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Die "Karo"-Beratungsstelle befindet sich in Plauen Am Unteren Bahnhof.  © Uwe Meinhold

Karo wurde 2004 als eingetragener Verein gegründet

Karo hat eine 24-Stunden-Hotline für Mädchen oder Frauen in Not geschaltet: 0173/97 55 374.  © imago images/Future Image

"Wir reden von schwersten Menschenrechtsverletzungen - direkt hier, direkt jetzt. Und niemand will es sehen." Der Freistaat Sachsen erkennt es nicht als förderfähig an.

"Wir finanzieren das Haus aus Spenden und kriegen nur Steine in den Weg gelegt. Ich weiß nicht, wie lange das noch geht. Doch wenn wir es nicht tun, tut es keiner." Mehr infos: www.karo-ev.de

Karo war ursprünglich nur ein Projekt, hatte sich 2004 als eingetragener Verein gegründet. Zuvor hatte Cathrin Schauer-Kelpin ihr Buch "Kinder auf dem Strich - Bericht von der deutsch-tschechischen Grenze" veröffentlicht.

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"Nach Veröffentlichung hat sich Sachsen offiziell bei der tschechischen Regierung für mein Buch entschuldigt - und die Fördergelder gestrichen."

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