Werden Einkommensmillionäre in Sachsen seltener geprüft?

Dresden - Hatten Sie eigentlich schon mal eine Steuerprüfung? Wenn ja, dann zählen Sie wohl nicht zu den Einkommensmillionären im Freistaat.

Denn deren Buchführung wird laut Erhebungen des sächsischen Finanzministeriums offenbar seltener durchgecheckt als die Steuererklärungen von Otto Normalverbraucher mit Durchschnittseinkommen. Einfach nur Glück gehabt oder himmelschreiende Ungerechtigkeit?

Das will seit mehreren Jahren eine Landtagsabgeordnete der LINKEN herausfinden und erhebt jetzt Vorwürfe.

Eine stolze Summe auf den Lohnzetteln von rund 500 Sachsen

Wenn ich einmal reich wär ... Werden in Sachsen Steuerprüfungen etwa nach dem Motto "die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" durchgeführt?
Wenn ich einmal reich wär ... Werden in Sachsen Steuerprüfungen etwa nach dem Motto "die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" durchgeführt?  © 123RF

Eine 1 mit sechs Nullen dahinter - stellen Sie sich das mal als Jahresgehalt vor! Eine solche stolze Summe steht am Jahresende auf den Lohnzetteln von derzeit rund 500 Sachsen. Die sogenannten Einkommensmillionäre verdienen nicht nur üppig, sondern brauchen sich offenbar auch wenig Sorgen um eine Steuerprüfung zu machen.

"Nach wie vor prüft die Steuerverwaltung nur einen Bruchteil der Millionen-Einkommen", klagt Susanne Schaper (47) von der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag. Sie erfragt die Prüfungszahlen bereits seit mehreren Jahren durch "Kleine Anfragen" an den Landtag.

"Die Prüfungsquote lag seit 2014 nie über 30 Prozent. 2021 schaute die Steuerverwaltung nur bei vier und 2022 sogar nur bei einem Prozent der Betroffenen genauer hin."

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Für Schaper "nicht hinnehmbar": "Gerade bei diesen riesigen Einkommen muss sichergestellt sein, dass alles korrekt versteuert wird."

Prüfquoten sollen sich noch erhöhen

"Vermögensteuer ist notwendig": Sächsisches Finanzministerium am Elbufer in der Landeshauptstadt Dresden.
"Vermögensteuer ist notwendig": Sächsisches Finanzministerium am Elbufer in der Landeshauptstadt Dresden.  © Thomas Türpe

Das sächsische Finanzministerium gibt einen "signifikanten Rückgang" der Betriebsprüfungen bei Einkommensmillionären ab dem Veranlagungszeitraum 2019 zwar zu, begründet das aber mit den Abgabefristen für die Steuererklärung: Die war bei Steuerpflichtigen für das Jahr 2023 erst spätestens zum 2. Juni 2025 fällig gewesen.

Für das Steuerjahr 2024 könne sie noch bis maximal zum 30. April 2026 eingereicht werden. Deshalb hätten Prüfungen für die aktuellen Zeiträume noch gar nicht begonnen und seien für ältere Veranlagungszeiträume teilweise noch nicht abgeschlossen.

"Die Prüfquoten werden sich daher insbesondere ab dem Veranlagungszeitraum 2019 noch erhöhen", stellt Dirk Reelfs (63), Sprecher des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen, in Aussicht.

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Auch die Art der Prüfung wirke sich auf die Zahlen aus. So würden Steuererklärungen von "Otto Normalbürger" nur im Innendienst geprüft. Rückfragen würden dabei schriftlich oder telefonisch geklärt.

Die Zahl der sächsischen Betriebsprüfer ist gesunken

Freibriefe für Millionäre? Finanzämter Dresden-Nord und Dresden-Süd am Standort Rabenerstraße 1.
Freibriefe für Millionäre? Finanzämter Dresden-Nord und Dresden-Süd am Standort Rabenerstraße 1.  © Thomas Türpe

Bei Einkommensmillionären erfolgt bei Bedarf eine Meldung an die Betriebsprüfung zur sogenannten Außenprüfung. "Die Einkommensmillionäre werden also sowohl im Innen- als auch im Außendienst geprüft, was bei Normalbürgern unter der Millionärsgrenze nicht der Fall ist", erklärt Dirk Reelfs.

Außerdem ist in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der sächsischen Betriebsprüfer gesunken. Waren es im Jahr 2021 noch 499 Bedienstete, prüften im vergangenen Jahr nur noch 455 Angestellte.

"Die Anzahl der Betriebsprüfer bemisst sich an den zu prüfenden Betrieben", sagt Reelfs. Veränderungen könnten sich durch Altersabgänge, Langzeiterkrankungen oder Personalverschiebungen mit anderen Arbeitsbereichen im Finanzamt ergeben.

Doch das alles dürfte Einkommensmillionäre gegenüber anderen Steuerpflichtigen nicht begünstigen, zudem ihre Sozialbeiträge ohnehin schon gedeckelt sind.

Susanne Schaper rechnet vor: "Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung werden nur für Jahreseinkommen bis 96 600 Euro fällig. Bei der Kranken- und Pflegeversicherung liegt diese Beitragsbemessungsgrenze bei 66 150 Euro. Jeden weiteren Euro gibt es beitragsfrei!"

Die Linken wollen ans Vermögen

Susanne Schaper (47, Die Linke).
Susanne Schaper (47, Die Linke).  © Norbert Neumann

Die Forderung der Linken ist deshalb klar: "Wer sechs- oder gar siebenstellige Einkünfte hat, soll darauf gerechte Sozialabgaben und höhere Steuern zahlen müssen", sagt Schaper. Auch eine Vermögensteuer sei notwendig. "Das macht niemanden arm, aber uns alle reicher."

Nur so könne das Land gerechter gemacht, langfristig in die Infrastruktur investiert und das Gemeinwesen funktionsfähig gehalten werden.

Was sind Einkommensmillionäre?

Ein sogenannter Einkommensmillionär bezieht Einkünfte im Gesamtbetrag von mehr als 999.999 Euro im Jahr (§ 2 Absatz 3 Einkommensteuergesetz). Im Fall der Zusammenveranlagung werden die Ehegatten oder Lebenspartner jeweils einzeln betrachtet.

"Auch in Sachsen leben Hunderte schwerreiche Menschen mit enormen Einkünften", weiß Susanne Schaper, die sich bereits seit 2013 nach der Zahl der Einkommensmillionäre erkundigt und diese Aufgabe von ihrem Vorgänger-Sozialpolitiker Dietmar Pellmann (†66) übernommen hat.

"Die Person mit dem höchsten Einkommen im Jahr 2022 - das jüngste Jahr, das die Finanzämter komplett bearbeitet haben - erzielte fast 24 Millionen Euro." Neueste Zahlen fehlen, weil die Steuerfälle 2023 und 2024 noch nicht vollständig veranlagt sind.

Die meisten Einkommensmillionäre in Sachsen wohnten 2022 in den Städten Dresden (101), Leipzig (98), im Landkreis Leipzig-Land (43) und Chemnitz-Stadt (32).

Titelfoto: Fotomontage: 123RF//Norbert Neumann

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