Drama pur: Die Geschichte der Bundesliga-Relegation & ihre legendärsten Spiele
Es ist doch nur Fußball. So einen Spruch sollte man keinem Fan um die Ohren hauen, dessen Verein in der Bundesliga-Relegation um Auf- oder Abstieg und damit womöglich um die finanzielle und sportliche Existenz kämpft. Wie brisant es dabei zugehen kann, zeigt ein Blick in die Historie.
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Die Relegation in der Bundesliga: Eine Geschichte voller Auf und Ab

Erste Relegationsspiele ab 1981/82
Als die zuvor in Nord- und Südstaffel geteilte 2. Bundesliga zur Saison 1981/82 eingleisig wurde, führte man erstmals in der Historie einen Relegationsmodus ein, der über Auf- und Abstieg entscheiden sollte.
Abschaffung der Relegation
Wegen der Wiedervereinigung Deutschlands änderte sich das Ligasystem zur Saison 1991/92 und schon war der Relegationsmodus wieder Geschichte - zumindest vorerst.
Umstrittene Wiedereinführung
Zur Saison 2008/09 führte die DFL die Relegation trotz jeder Menge Kritik wieder ein. Während sich die einen über spannende "Alles-oder-Nichts-Spiele" freuen, kritisieren andere diesen Modus bis heute als Rettungsanker für ohnehin finanzstärkere Bundesligavereine und als zu große Hürde für Zweitligaklubs.
Die jüngste Änderung am Relegationssystem wurde zur Saison 2021/22 umgesetzt, als man die Auswärtstorregel abschaffte. Bis dahin setzte sich bei Torgleichheit nach Hin- und Rückspiel die Mannschaft mit mehr geschossenen Auswärtstoren durch.
Das passierte z. B. 2013/14 als sich der HSV mit einem 0:0 im Volksparkstadion und einem 1:1 bei der SpVgg Greuther Fürth den Klassenerhalt sicherte.
Relegationsdrama pur: Die legendärsten Spiele
Ob die Relegation zwischen 1. und 2. Liga sowie 2. und 3. Liga sinnvoll ist oder nicht, darüber könnte man sich stundenlang streiten. Klar ist aber, dass die Partien um Aufstieg und Abstieg jede Menge Brisanz mit sich bringen. Beispiele gefällig? Bitte schön.
HSV vs. Karlsruhe (2014/15): Diaz, der Retter in letzter Minute

Eines der dramatischsten Relegationsduelle aller Zeiten lieferten sich der Hamburger SV und der Karlsruher SC zum Ende der Saison 2014/15. Die Hanseaten taten sich im Hinspiel zu Hause extrem schwer. Am Ende stand ein schmeichelhaftes 1:1.
Das Rückspiel sollte dann in die Geschichtsbücher eingehen. Der KSC führte bis kurz vor Schluss mit 1:0, ehe eine umstrittene Handspielentscheidung dem HSV eine grandiose Freistoßgelegenheit bescherte.
Dann hieß es Bühne frei für Marcelo Diaz. Erst schickte er Mitspieler Rafael van der Vaart mit den Worten "Tomorrow, my friend" weg von der Ausführung, dann legte er sich die Pille zurecht und zirkelte sie mit viel Gefühl in den Winkel - Ausgleich und Verlängerung!
Der Wahnsinn nahm seinen Lauf und die Rothosen hielten dank einer Bude von Nicolai Müller (115.) doch noch die Klasse: Jubel bei den Hamburgern, Frust beim KSC, Drama pur.
Düsseldorf vs. Hertha (2011/12): Der Platzsturm

Die Bundesliga-Relegation 2011/12 zwischen Hertha BSC (1. Liga) und Fortuna Düsseldorf (2. Liga) bleibt vor allem wegen chaotischer Bedingungen im Rückspiel im Gedächtnis.
Nach einem 2:1-Auswärtssieg der Fortuna im Hinspiel traf man sich zum Rückspiel in Düsseldorf. Dort gab es nicht nur Pyro-Wahnsinn auf den Rängen, sondern sogar einen frühzeitigen Platzsturm.
Obwohl der Schiedsrichter noch nicht abgepfiffen hatte, waren Zehntausende Fortuna-Fans beim Stand von 2:2 auf den Rasen gelaufen - an Spielern beider Teams vorbei, sogar ein Elfmeterpunkt wurde aus dem Rasen gerissen! Besonders brisant: Hertha hätte ein weiterer Treffer zum Klassenerhalt gereicht.
Nach 20-minütiger Unterbrechung wurde die Begegnung zu Ende gebracht, es blieb bei einem verrückten 2:2, das man so wahrscheinlich nie wieder erleben wird.
Die Berliner legten wegen des Chaos vergebens Einspruch ein und stiegen nach dieser besonderen Relegation ab, die Düsseldorfer stiegen auf.
Ingolstadt vs. Nürnberg (2019/20) : Last-Minute-Wahnsinn
Juli 2020, Relegation zwischen 2. und 3. Liga: Im Hinspiel schafft der 1. FC Nürnberg mit einem 2:0-Heimsieg gegen den FC Ingolstadt beste Voraussetzungen für den Klassenerhalt. Im Rückspiel stellte der FCI die Relegation aber komplett auf den Kopf. Nach drei Toren in weniger als 15 Minuten (53., 62., 66.) stand es 3:0 und die Nürnberger wären plötzlich abgestiegen.
Was folgte, zeigt wie geil und gleichzeitig brutal der Fußball sein kann. Als die angezeigte Nachspielzeit schon vorbei war, knipste FCN-Stürmer Fabian Schleusener (90.+6) doch noch. Nach Hin- und Rückspiel stand es 3:3. Nürnberg jubelte und blieb dank der Auswärtstorregel in der 2. Bundesliga, während Ingolstadt der Aufstieg entrissen wurde.
Achtung: Es folgt der Last-Minute-Wahnsinn mit Fanradio der Franken. Wer es mit dem FCI hält, hört lieber weg oder macht den Ton aus.
Übrigens: Wegen der Corona-Pandemie mussten die Relegationsspiele in quasi leeren Stadien stattfinden. Kaum auszumalen, was auf den Rängen los gewesen wäre - spätestens bei Schleuseners Last-Minute-Tor.
Union Berlin vs. Stuttgart (2018/19): Abseits statt Auswärtstor
In der Relegation 2018/19 trafen der VfB Stuttgart und der 1. FC Union Berlin aufeinander. Nach einem unterhaltsamen 2:2-Hinspiel in Stuttgart, folgte ein von Spannung geprägtes Rückspiel in der Alten Försterei, in dem die Schwaben wegen der Auswärtstorregel zum Treffen verdammt waren.
Nach nur neun Minuten klingelte es schon, weil Dennis Aogo einen Freistoß ins Torwarteck zirkelte. Der schöne Treffer wurde aber mithilfe des Videoassistenten aberkannt, weil Nicolás González total unnötig im Abseits und im Sichtfeld von Union-Keeper Rafal Gikiewicz stand - kuriose Aktion.
In der Folge opferten sich die Eisernen auf und erkämpften sich mit einem 0:0 den lang ersehnten, ersten Aufstieg in die 1. Bundesliga - ein absoluter Gänsehautmoment für jeden Unioner und endlich ein zweiter Hauptstadtverein in Liga eins.
Darauf hatte man im deutschen Fußball anders als in vielen anderen Ländern lange warten müssen.
Düsseldorf vs. Bochum (2023/24): Irres Comeback und Elferkrimi

Am Ende der Saison 2023/24 ging der Bundesliga-Klub VfL Bochum als Favorit in die beiden Relegationsspiele gegen Fortuna Düsseldorf. Nachdem man das Hinspiel zu Hause mit einer 0:3-Pleite aber komplett vergeigt hatte, stand man schon mit einem Bein in der zweiten Liga.
An eine Wende im Rückspiel dürften an der Castroper Straße nur noch die allergrößten Optimisten geglaubt haben. Der Fußball schreibt aber genau solche verrückten Geschichten.
In Düsseldorf konnten die Bochumer einen 3:0-Erfolg einfahren und sich mit einem irren Comeback noch in die Verlängerung retten. In dieser fielen keine Tore mehr, es folgte ein Elfer-Krimi, der sich erst beim jeweils siebten Schützen entscheiden sollte.
Maximilian Wittek traf für den VfL, wonach Takashi Uchino für die Fortuna antrat. Er lief an und jagte den Ball über das Gehäuse. Aus, Schluss, vorbei!
Es folgten Jubelstürme bei den Kickern aus dem Ruhrpott und Pyroparty im Gästeblock, während sich die Düsseldorfer fragten, wie man den Vorsprung aus dem Hinspiel noch verspielen konnte - eine verrückte Relegation!
HSV: Der Dauerbrenner der Relegation
Wer sich mit weiteren Aufeinandertreffen in der Geschichte der Bundesliga-Relegation auseinandersetzt, wird immer mal wieder auf den HSV stoßen. Seit der Wiedereinführung mischten die Hanseaten mit vier Teilnahmen so oft mit wie kein anderer Verein.
Kurios: Der Traditionsklub musste bzw. durfte dabei jeweils zwei Jahre in Folge in die Relegation. 2013/14 und 2014/15 konnte der damalige Bundesliga-Dino den Abstieg abwenden, während man als Zweitligateam zweimal hintereinander den Aufstieg verpasste (2021/22 und 2022/23).
HSV und Relegation das gehört also schon irgendwie zusammen. Wer weiß, wann es das nächste Mal so weit ist ...

Die Relegation bleibt Drama pur
In der Relegation entscheiden nur zwei Spiele darüber, in welcher Liga zwei Klubs nach einer langen, kräftezehrenden Saison zukünftig kicken werden. Ein Verein sieht die Chance, doch noch den Klassenerhalt zu packen, während das andere Team vom Aufstieg träumt. Spieler, Trainer, Funktionäre und Fans stehen zwischen der Hoffnung auf einen wichtigen Erfolg und der großen Angst, genau diesen zu verpassen.
Die vielen kuriosen Geschichten vergangener Relegationen belegen, wie emotional und packend diese Spiele werden können - im Positiven und Negativen.
Titelfoto: Bildmontage: Marius Becker/dpa, picture alliance / Daniel Naupold/dpa