"Kater statt Katar" und Sofa statt Rudelgucken: Kaum Public-Viewings zur Fußball-WM
Berlin - Fußball-WM-Gucken auf dem Weihnachtsmarkt? Eine ungewohnte Vorstellung, doch eine Stadt plant das. Andernorts gibt es hingegen kaum Public Viewing - und das hat nur am Rande mit der Jahreszeit zu tun. Einige Kneipen planen einen Boykott.
Meist sind es politische Gründe, aber auch Unwägbarkeiten in Pandemie-Zeiten und der Winter spielen eine Rolle: Das große Fußballfieber beim gemeinsamen Public Viewing wird bei der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft fast überall in Deutschland ausbleiben.
So wird es die große Fanmeile am Brandenburger Tor in Berlin diesmal wohl nicht geben. Das teilte eine Sprecherin der zuständigen Senatsverwaltung der Deutschen Presse-Agentur mit.
Der Geschäftsführer der in Berlin ansässigen K.I.T. Group, Willi Kausch, sagte, die Fanmeile sei wegen zu vieler Unwägbarkeiten nicht realisierbar. In der Vorweihnachtszeit sei dies ohnehin schwierig. Hinzu komme die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie. "Wir haben uns dann entschlossen, das nicht zu machen."
Auch in Köln und Düsseldorf sind keine großen Veranstaltungen geplant, in den Ruhrgebietsstädten und Fußball-Hochburgen Dortmund und Bochum wird es ebenfalls kein winterliches Rudelgucken geben. Gründe nannten die Städte allerdings nicht.
Viele wollen mit der Absage ein Zeichen setzen - gegen die problematische Menschenrechtslage im Gastgeberland Katar. Unter dem Hashtag #keinkatarinmeinerkneipe finden sich in den Sozialen Medien zahlreiche Bars und Kneipen in Berlin, Düsseldorf, München oder Rostock, die sich dem Boykott-Aufruf angeschlossen haben.
Eine der ersten war das "Eisen" in Bremen. Unter dem Motto "Kater statt Katar" veranstaltet die Kneipe in der WM-Zeit alternative Veranstaltungen.
Ausrichtung in Katar "völlig falsches Zeichen"
Sehr deutlich wurde man in Hessen. Etwa in Frankfurt hieß es beim zuständigen Planungsdezernat, dass die Vergabe der WM an Katar insgesamt ein Fehler gewesen sei, darüber bestehe inzwischen großes Einvernehmen. Ein Public Viewing plane die Stadt nicht.
So entschied auch die Stadt Hanau. Ein Sprecher erklärte: "Die Entscheidung, die WM in Katar auszurichten, hält sie aus mehreren Gründen für falsch und will das deshalb nicht unterstützten."
Die Ausrichtung in Katar sei mit Blick auf Energiekrise und Klimawandel ein vollkommen falsches Zeichen. Inakzeptabel seien zudem vor allem die Menschenrechtslage und die Bedingungen für die Gastarbeiter.
Aus diesem Grund hat die Ratsversammlung in Kiel schon im Februar beschlossen, keine öffentlichen Übertragungen der Fußball-WM zu unterstützen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Debatte nötig, welche Ansprüche an die Wahrung von Menschenrechten sowie die Achtung von demokratischen Grundregeln und Prinzipien der Nachhaltigkeit bei der Ausrichtung von internationalen Sportveranstaltungen gelten müssten, hieß es.
Auch in Brandenburgs größeren Städten wird es wohl kein Public Viewing geben, teilten Cottbus und Potsdam mit.
Ausnahme auf dem Weihnachtsmarkt: An die Sportler denken
Eine Ausnahme gibt es in Wolfsburg: Dort ist auf dem Weihnachtsmarkt ein Public-Viewing zu den Spielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Planung, wie Citymanagement-Bereichsleiter Frank Hitzschke sagte.
Die Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Fußball-WM in Katar seien "in keiner Weise mit unseren Werten vertretbar": "Dennoch sehen wir einerseits ein großes Interesse der Zuschauerinnen und Zuschauer und sollten andererseits auch an die Sportler denken, die nicht in die Entscheidungen für den Austragungsort involviert sind und die Unterstützung der Fans verdient haben."
In Magdeburg wird TAG24 ein Public Viewing umsetzen. Die Details werden in Kürze bekanntgegeben.
Im baden-württembergischen Neckarsulm will der Eventmanager Stefan Hamann zumindest ab der Finalrunde bis zu 3000 Fans in einer Sporthalle zusammenbringen. Momentan kenne er "gar niemanden", der Ähnliches plane.
Für ihn sei Fußball "Deutschlands liebstes Kind", dieses Kulturgut wolle er erhalten.
Titelfoto: Bernd von Jutrczenka/dpa