Durchmarsch in die 3. Liga? Regionalliga-Rückkehrer auf Aufstiegskurs!

Stuttgart - Ein Aufsteiger an der Tabellenspitze? Damit hätten vor Saisonbeginn nur die kühnsten Optimisten gerechnet. Dennoch ist es kein völliger Zufall, dass die Stuttgarter Kickers fünf Jahre nach dem bitteren Oberliga-Absturz nicht nur zurück in der Regionalliga Südwest sind, sondern sich auf Aufstiegskurs 3. Liga befinden.

Kapitän Kevin Dicklhuber (34) ist das Gesicht der blauen Kickers, die sich vor wenigen Wochen im Stadtduell gegen die U23 des VfB Stuttgart durchsetzten.
Kapitän Kevin Dicklhuber (34) ist das Gesicht der blauen Kickers, die sich vor wenigen Wochen im Stadtduell gegen die U23 des VfB Stuttgart durchsetzten.  © IMAGO/Sportfoto Rudel

Sie sind wieder oben! "Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey" sangen die Stuttgarter Kickers nach dem 2:0-Auswärtssieg im Topspiel bei der SGV Freiberg.

Sie durften allen Grund zur Freude haben, denn was die Kickers seit Saisonbeginn auf den Rasen zaubern, hat nichts mit einem gewöhnlichen Regionalliga-Aufsteiger gemein.

Beispiel? Erster Spieltag in Offenbach, Bieberer Berg, über 11.000 Zuschauer waren zum Eröffnungsspiel gekommen. Es gibt kaum eine schwerere Aufgabe, als bei den alljährlich als Aufstiegsfavorit gehandelten Hessen in die Saison zu starten.

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Doch siehe da - die Blauen ziehen das Spiel durch ein Last-Minute-Tor von, na klar, Kevin Dicklhuber (34). Der Kapitän ist seit 2021 zum zweiten Mal beim Klub, schoss den Sportverein aus dem Stadtteil Degerloch mit 47 Buden in zwei Jahren zum langersehnten Regionalliga-Aufstieg.

Und damit in eine semiprofessionelle Liga, in der neben neureichen Klubs, Studententeams, U23-Vertretungen sich auch ehemalige Bundesligisten aufhalten. Wie der OFC, Pokalschreck FC Homburg und eben die Kickers, die seit Jahren Profitum betreiben. Sie alle wollen lieber kurz als lang in den bundesweiten Profifußball zurück.

Und am zweiten Spieltag setzen die Stuttgarter mit einem 7:0 samt dreier Dicklhuber-Tore (darunter ein direkter Eckstoß) direkt das nächste Ausrufezeichen und nehmen erstmals an der Südwest-Tabellenspitze Platz.

Die Stuttgarter Kickers haben neben den Kickers Offenbach die größte Fanbase der Liga

Sein erstes Tor im Trikot von Dynamo Dresden erzielte Sinan Tekerci (heute 30) 2014 gegen seinen heutigen Klub - die Stuttgarter Kickers. (Archivbild)
Sein erstes Tor im Trikot von Dynamo Dresden erzielte Sinan Tekerci (heute 30) 2014 gegen seinen heutigen Klub - die Stuttgarter Kickers. (Archivbild)  © Lutz Hentschel

Mehr als 4000 Fans sehen das erste Viertliga-Heimspiel seit über fünf Jahren und eine wie entfesselt aufspielende blaue Elf. Es sind Zahlen, die noch einige Male Wiederholung finden sollen.

Denn trotz des krassen Absturzes in die Bedeutungslosigkeit, 2016 spielte man noch 3. Liga, blieben die Fans auch in der Fünftklassigkeit bei Stange. Und genießen umso mehr den Höhenflug.

Mit einem Schnitt von 4233 Zuschauern belegt man auch in diesem Ranking Platz zwei - hinter den Offenbacher Kickers. Rein sportlich ist man seit einigen Wochen die Nummer eins.

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Rückblickend gelang am neunten Spieltag ein ganz wichtiger Sieg, als die Blau-Weißen die U23 der TSG Hoffenheim zu Hause mit 1:0 bezwangen.

Heute sind die Sinsheimer (31 Punkte) einer der ärgsten Verfolger der Württemberger (32 Punkte), genauso wie der große Stadtrivale VfB Stuttgart. Deren U23 spielt ebenso um den Aufstieg und sollte wenige Wochen später mit 2:1 besiegt werden.

Obwohl der VfB laut Ansetzung Heimrecht hatte, wurde das Spiel im GAZi-Stadion auf der Waldau der Kickers ausgetragen, für über 9000 Zuschauer dürfte das Spektakel "Gänsehaut pur" (O-Ton Kevin Dicklhuber) gewesen sein.

Regionalliga Südwest: Auch Pokalschreck FC Homburg möchte aufsteigen

A-Lizenz-Inhaber Mustafa Ünal (40) ist seit 2017 im Verein und seit über zwei Jahren Cheftrainer der Profis.
A-Lizenz-Inhaber Mustafa Ünal (40) ist seit 2017 im Verein und seit über zwei Jahren Cheftrainer der Profis.  © Tom Weller/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa

Doch es ist nicht nur ein Kampf um Fans und Platzierungen, sondern auch um die Talente. Im Nachwuchs kloppt man sich seit Jahren um die besten Jungs aus der Region Württemberg mit dem VfB und der TSG.

Aktuell tummeln sich elf Eigengewächse im Kickers-Kader, fernab der U23-Teams einer der Topwerte der Liga. Es ist auch ein Ergebnis des Nachwuchsleistungszentrums, an dem man trotz Fünftklassigkeit festhielt.

Insgesamt befinden sich 15 Akteure des Kaders in ihrer mindestens dritten Saison bei den Kickers, genauso wie Trainer Mustafa Ünal (40).

Auch er ist ein Eigengewächs, arbeitete sich vom U17-Trainer über die A-Jugend bis zum Co-Trainer der Profis hoch und wurde vor gut zwei Jahren zum Chef befördert.

Das nächste Topduell gegen den FC Homburg (Sonntag, 14 Uhr) wird sogleich der letzte Spieltag der Hinrunde sein und das 100. Pflichtspiel für Chefcoach Ünal.

Ganz egal, wie es ausgehen wird - Ünal hat zusammen mit Sportdirektor Marc Stein (38, seit Anfang 2022 im Amt), der zwischen 2013 und 2016 noch als Drittliga-Spieler der auf dem Platz stand, die Rückkehr in den richtigen Profifußball fest im Blick.

Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/Sportfoto Rudel

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