Union-Berlin-Blog: Supersturm schlägt Frankfurt

Berlin - Eisern: In einer Personal-Union aus drei waschechten Berliner Fußball-Fan-Originalen gibt es bei TAG24 den Union-Berlin-Blog.

Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.
Christian Beeck, Jürgen Heinemann und Tobias Saalfeld.  © Archiv

Die Autoren:

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der Siebzigerjahre Unioner und als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb tätig. Er ist verheiratet und hat ein erwachsenes Kind. Icke lebt heute in Grünheide und schreibt hier als Gründer des Blogs.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit über 40 Jahren Unioner, er arbeitet als Freischaffender für Bühne, Funk und Fernsehen, auch dort schreibt er.

Abwehr-Alarm bei Union: Jetzt muss Leite ran
1. FC Union Berlin Abwehr-Alarm bei Union: Jetzt muss Leite ran

Beecke (Christian Beeck), Ex-Bundesliga-Spieler (Hansa, Cottbus), Ex-Union-Manager, 21 Länderspiele für DDR-Junioren, stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Beecke hat zwei Kinder. In unserem Union-Blog fungiert Beecke als Berater.

22. September: Supersturm schlägt Frankfurt

Der 1. FC Union Berlin gewann vier zu drei gegen Eintracht Frankfurt.
Der 1. FC Union Berlin gewann vier zu drei gegen Eintracht Frankfurt.  © Arne Dedert/dpa

Unionfux: Da fahren wir nach Frankfurt zur Eintracht, die unter der Woche Galatasaray 5:1 aus dem Stadion gefegt haben und zudem seit über einem halben Jahr zu Hause ungeschlagen sind, abermals stellt Baumgart mutige drei Angreifer mit Ansah, Ilic und Burke in die Anfangsformation und genau diese drei Jungs schießen uns zum Sieg, mit vier blitzsauberen Toren - und trotzdem ist es bis zum Schluss ein böses Zittern.

Wie Ilyas Ansah das erste Tor nach knapp zehn Minuten macht, das hat schon Qualität - wir erobern den Ball am gegnerischen Strafraum durch konsequentes Pressing, verlieren ihn schnell wieder, doch Frankfurts Koch spielt ihn Ansah in die Füße, der dreht sich einmal um die eigene Achse und haut dann den Ball mit Präzision und Wucht aus gut zwanzig Metern unhaltbar in die linke lange Ecke und den wollte er auch genau da hin haben. Kann man nicht besser machen, da kommt Entschlossenheit und Schusstechnik zusammen - und nicht das erste Mal.

Das zweite Tor fällt nach einem Einwurf der Eintracht, den Trimmel rausköpft und Ansah verlängert, Ilic ist dann umringt von drei Frankfurtern, aber wie er den Ball zum durchsprintenden Burke durchsteckt, das hat schon Klasse und unser schneller Schotte rennt mühelos dem Frankfurter Verteidiger weg und netzt cool ein, vom Einwurf Frankfurt bis zum Tor in nur fünfzehn Sekunden. Leider gelingt es uns nicht, die Zwei-Tore-Führung mit in die Pause zu nehmen, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte schießt Brown, von Burke nur halbherzig begleitet, von der Strafraumgrenze, eigentlich kein Problem für den gewohnt starken Rönnow, aber Uzun fälscht den Schuss unhaltbar ab - wird etwa wieder ein Gegentor vor der Pause zum Knackpunkt? Doch die Befürchtung, dass die Eintracht wie die Feuerwehr aus der Kabine kommt, bewahrheitet sich erstaunlicherweise nicht, im Gegenteil: der gegnerische Keeper muss nach wenigen Minuten Kopf und Kragen riskieren und weit rauskommen, um gegen Burke nicht noch so ein Tor zu kassieren. Dann vertändelt Collins einen einfachen Ball, den Ansah aufnimmt, hinfällt, sich trotzdem technisch stark gegen zwei Gegner durchsetzt und nach rechts auf Ilic passt, der erst blickig ein Abseits vermeidet und dann sofort butterweich auf Burke flankt, der herangeflogen kommt und wuchtig gegen Brown und die Laufrichtung von Kaua Santos einköpft.

Stinkefinger-Eklat: DFB ermittelt gegen Union-Trainer Baumgart
1. FC Union Berlin Stinkefinger-Eklat: DFB ermittelt gegen Union-Trainer Baumgart

Doch es kommt noch besser: Trimmel haut den Ball raus, Burke auf Ilic, Ilic chipt phantastisch zurück auf Burke und der nimmt den Ball perfekt mit und lupft auch noch über den Torwart - eine Augenweide, die man, offen gesagt, dem technisch eher limitierten Stürmer kaum zugetraut hat. Dreimal Ilic auf Burke und einmal Ansah: vier Treffer nach sechsundfünfzig Minuten und die Eintracht ist sichtlich angeknockt, braucht etwa zwanzig Minuten, um sich wieder zu fangen. Dass das gelingt, liegt vielleicht auch daran, dass wir kaum noch am Spiel teilnehmen, andererseits ist auch klar, dass wir den stattlichen Vorsprung mit konsequenter Verteidigung (in der Diogo Leite mitmischt, als wäre er nie weggewesen) in drei Punkte umwandeln wollen und kein wirkliches Risiko mehr gehen, denn kriegt eine ballsichere Truppe wie die Eintracht zu viel Platz, nutzt sie ihn für gewöhnlich auch, wie sie einige Tage vorher eindrucksvoll bewiesen hat, insofern ist das zweifellos nachzuvollziehen. Dann rettet Rönnow gegen Doan und gegen Koch, aber ist schließlich machtlos, als Skarke nach achtzig Minuten etwas zu kurz abwehrt und Uzun völlig frei einschießen kann - besonders bitter, da Burke kurz zuvor nach Vorlage von Haberer sein viertes Tor machen kann, aber diesmal Kaua Santos aufpasst und den Tunnel verhindert.

Spätestens jetzt fangen die Frankfurter an, zu drücken wie verrückt und nur kurze Zeit später ringt Querfeld im besten griechisch-römischen Stil den eingewechselten Burkardt im Strafraum zu Boden, fraglos hebt der frühere Mainzer sehr theatralisch ab, doch den Strafstoß kann man geben, findet auch Schiedsrichter Jablonski nach Ansicht der Bilder, der etwas seltsamerweise eigentlich einen guten Blick auf die Situation hat, aber dann doch den VAR braucht. Burkardt selbst zimmert den Elfer humorlos rein und jetzt beginnt das große Fürchten: natürlich würde man sich über einen Punkt in Frankfurt freuen - aber doch nicht nach so einer klaren Führung, da würde sich ein Unentschieden nun mal letztlich wie eine Niederlage anfühlen. Obendrauf gibt es muskulöse zehn Minuten Nachspielzeit - die Trainer Steffen Baumgart nach einer etwas überzogenen roten Karte nicht mehr an der Seitenlinie miterlebt, doch glücklicher- wie gerechterweise gelingt es Frankfurt nicht mehr, den Ausgleich zu machen, aufopferungsvoll hauen sich unsere Jungs in jeden Ball und wären wir vor dem gegnerischen Tor etwas abgeklärter, machen wir eher das fünfte als Frankfurt das vierte Tor, gleichwohl ist es bei einer Mannschaft mit so hoher individueller Klasse immer möglich, dass da noch ein Treffer gelingt, zumal, wenn sie fast jeden zweiten Ball bekommen - doch diesmal eben nicht, auch, weil wir in der Luft nahezu unbezwingbar sind und jede Flanke klären können.

Wir holen drei ebenso wichtige wie eigentlich unerwartete Punkte in Frankfurt, mit einer geschlossenen, wieder gewohnt lauffreudigen (125:119 km) und kämpferischen Mannschaftsleistung - aber wenn einer drei Tore macht wie Oliver Burke (mit einer glatten 1 in der Kicker-Elf des Tages) und einer drei herausragende Vorlagen dazu beisteuert wie Andrej Ilic (für mich eigentlich der Spieler des Spiels, ich glaube, der hätte auch gern solche Vorlagen, wie er sie liefert), so ist das schon was Besonderes, dann kann man schon mal beim hochgelobten ChampionsLeague-Teilnehmer gewinnen, trotz sehr überschaubarer zweiundzwanzig Prozent Ballbesitz und, es muss gesagt werden, einer lausigen Passquote von achtundfünfzig Prozent (zum Vergleich: Frankfurt achtundachtzig). Soll heißen: es ist noch Luft nach oben.

Doch erstmal freuen wir uns, dass wir zurück im Mittelfeld der Tabelle sind (und das mit den meisten Gegentreffern der Liga!), die Jungs sich für ihre Leistung belohnen konnten (unendlich wichtig für die Psyche!!) und über unseren Supersturm. Und: die letzte Mannschaft, die die Eintracht zu Hause schlagen konnte, waren natürlich wir.

19. September: Warum der 1. FC Union wieder in Frankfurt gewinnt!

So wie nach dem Sieg gegen Frankfurt im März würden die Spieler von Union Berlin auch in der bevorstehenden Begegnung mit der Eintracht wieder jubeln. (Archivbild)
So wie nach dem Sieg gegen Frankfurt im März würden die Spieler von Union Berlin auch in der bevorstehenden Begegnung mit der Eintracht wieder jubeln. (Archivbild)  © Arne Dedert/dpa

Icke: Am 9. März 2025 gewann der 1.FC Union sensationell und überraschend bei Eintracht Frankfurt mit 2:1. Es war wie vor diesem Spiel - auch ein Sonntag, an dem gespielt wurde. Aktuell spielte die Eintracht am Donnerstag gegen Galatasaray (5:1 Sieg!). Im Frühjahr hatten sie ihr Spiel – ebenfalls am Donnerstag zuvor – gegen Ajax Amsterdam.

18 Grad und schönes Wetter waren es im März, am Sonntag wird es mit 24 Grad ebenfalls sehr schön. Die Hessen brachten im letzten Spiel, aus den verschiedensten Gründen fünf neue Feldspieler. Das wird auch dieses Mal nicht anders sein.

Auch das Spiel gegen Ajax wurde zuvor gewonnen. Noch mehr Parallelen?

Ja, die Hessen sind in einem Stimmungshoch. Man spricht sogar schon davon, dass sie der Bayern-Jäger Nummer 1 werden. Alle Welt, auch die der Experten, diskutiert nur noch über die Höhe des Frankfurter Sieges. Nun gilt es, am Sonntag, 21. September 2025, um 15.30 Uhr, wieder in Frankfurt zu bestehen.

Natürlich wird Uzun dort immer besser. Das andere Super-Talent Larsson kommt auch wieder in Fahrt. Doan entpuppt sich als die erwartete Verstärkung und Burkhardt nähert sich seiner Top-Form aus der Vor-Saison. Bei uns ist Ilic wieder mal dran – einen Treffer zu versenken. Ansah möchte seine gute Start-Form bestätigen und Rönnow bleibt seit langer Zeit und wie immer in Top-Form. Das sind unsere Pfunde, die wir in den Ring werfen.

Verbunden natürlich mit den Basics – einer wieder funktionierenden Defensive. So wie wir sie am Saison-Anfang zeigten. Wahrscheinlich wird Leite früher als gedacht wieder spielen. Rothe ist gesperrt und Nsoki noch nicht fit. Das sollte aber eher unserer Abwehr mehr Stabilität geben, als ein Risiko zu sein.

Die „"Drei-Stürmer-Variante" wird Baumgart wohl nicht wiederholen. Einige Löcher bei uns waren zuletzt einfach zu groß. Die alte Lösung mit zwei Achtern und zwei Stürmern wird wohl wieder ausgegraben werden. Damit schließt man zuallererst das Zentrum und unterbindet damit die brandgefährlichen Umschalt-Aktionen der enorm schnellen Frankfurter.

Schaffen wir es, den Plan so umzusetzen, dann fehlt uns nur noch die kleine Portion Spielglück. Das hatten wir im März dieses Jahres auch. Genau als Rönnow in der 95. ( ! ) Minute einen Elfmeter von Ekitike hielt. Wir erinnern uns, der Elfer war überheblich geschossen. Und genau darauf bauen wir insgeheim wieder.

Kein Frankfurter wird es zugeben, aber so richtig ernst nehmen sie uns nicht. Wir haben einen eher unterdurchschnittlichen Gesamt-Start in der Bundesliga gehabt. Die Hessen haben in der Bundesliga zwei von drei möglichen Siegen eingefahren und ihr Start in der Champions-League war einfach nur exzellent.

Da können sie sich gegen den kleinen überheblichen Teufel tief in ihrer Psyche kaum wehren. Unioner nutzt diese Chance! Eisern

17. September: Lieferprobleme: Baumgart und die Verbesserungen

Steffen Baumgart (53) hat Union in der Winterpause übernommen.
Steffen Baumgart (53) hat Union in der Winterpause übernommen.  © Soeren Stache/dpa

Unionfux: So, die ersten drei Spiele sind durch und man kommt nicht umhin, den Saisonstart als allenfalls durchwachsen zu bezeichnen. Keine Katastrophe, besonders wegen des hart erkämpften Auftaktsieges gegen Stuttgart, aber auch weit weg vom lockeren Grinsen. Ich gebe zu, dass die meisten aufmerksamen Unioner nicht so viel mehr erwartet haben, wegen der enttäuschenden Testspiele, aber auch aufgrund der eher übersichtlichen Transferperiode. Eine Auswirkung davon ist jetzt beispielsweise die Sperre von Tom Rothe, die zwar mit einem Spiel geringstmöglich ausgefallen ist, andererseits wird jetzt Ersatz für den Ersatz benötigt. Doch Diogo Leite ist möglicherweise aus den bekannten Gründen noch nicht zu hundert Prozent fit und darüberhinaus haben wir mit Stanley Nsoki einen Innenverteidiger von der TSG Hoffenheim ausgeliehen, der offenbar schon bei seiner Verpflichtung verletzt war und das nicht so leicht, denn ein Ausfall von mittlerweile knapp acht Wochen ist schon ernsthafter. Weiß der Fuchs, wann er für uns eine vollwertige Alternative darstellen kann.

Mich erschreckt aber eher etwas anderes: fast neun Monate ist Steffen Baumgart mittlerweile im Amt - und es ist eigentlich keine Entwicklung der Mannschaft zu sehen, trotz einer langen Sommervorbereitung und der Tatsache, dass uns eigentlich nur ein Stammspieler verlassen hat. Natürlich, in erster Linie ging es erstmal um Stabilisierung und den Klassenerhalt, der auch letztlich relativ locker eingefahren wurde, bis hierher ist es, bis zu einem gewissen Grade, eine Erfolgsgeschichte. Doch nun geht es auch darum, den einen oder anderen Schritt nach vorn zu machen, sich zu verbessern, spielerisch ein paar mehr Möglichkeiten zu haben - und das ist weder vor der Sommerpause noch danach aufgefallen.

Wir spielen einen kämpferischen Nichtfussball, der viel auf Zufall angewiesen ist - dass zum Beispiel mal einer der langen Bälle ankommt und sogar verwertet wird. Unser Passverhalten ist nach wie vor ausbaufähig und es gibt zu wenig Kombinationsspiel und einstudierte Laufwege. Wir haben zwar keinen schlechten Kader, aber nach wie vor wird man das Gefühl nicht los, dass kaum ein Spieler sein volles Leistungsvermögen abruft, es wirkt alles seltsam zahm, wenig fokussiert und mit zu vielen Reibungsverlusten. Von einem taktischen Plan, wie man ihn bei Urs Fischer (nun mal immer noch unser Goldstandard) ziemlich gut erkennbar war, sind wir weit entfernt.

Aber der muss her und er sollte funktionieren, denn wir haben leider zu wenig individuelle Qualität im Kader, die ist eben zumeist eine Frage des Geldes - oder man kriegt es hin, clever zu verpflichten, aber auch das ist ja seit längerem ein Problem. Selbstverständlich kann man keine spielerischen Revolutionen erwarten und es ist auch klar, dass der Trainer nur bedingt Einfluss auf die Performance der einzelnen Spieler hat, aber andererseits kann man Baumgart auch nicht aus der Pflicht nehmen, denn sonst könnte man ja jeden an die Seitenlinie stellen. Und nein, es ist keine leichte Aufgabe, aber dessen ist sich wohl jeder bewusst.

Die große Frage ist: passiert da noch was oder wurschteln wir uns durch eine weitere Saison, mehr Amboss als Hammer, in der Hoffnung, dass mindestens drei Mannschaften schlechter sind? Das kann gutgehen, nur wenn nicht, dann ist ein großer Teil der Probleme allzu unnötig, weil hausgemacht. Der Druck ist diesmal jedenfalls von Anfang an da, die nächste Auswärtsaufgabe in Frankfurt sehr schwer, aber die Eintracht muss am Donnerstag in der Champions League ran und wir konnten ja schon in diesem Jahr dort gewinnen, inklusive Herzschlagfinale. Und dann kommt der HSV, da müssen dann auf jeden Fall drei Punkte her und spätestens dort wird dann die eine oder andere spielerische Lösung gefragt sein.

Insofern: Steffen Baumgart muss langsam liefern (die Mannschaft logischerweise auch), er muss jetzt zeigen, dass er mehr sein kann als der Feuerwehrmann, er muss zeigen, dass er einen Plan hat und ihn auch umsetzen kann. Aber vielleicht geht es ja auch nur darum, dass einige Knoten platzen müssen - wäre schön, wenn das nicht bis zur Winterpause dauern würde.

14. September: Wie geht's weiter bei Union?

Am 21. September geht es für Union Berlin nach Frankfurt.
Am 21. September geht es für Union Berlin nach Frankfurt.  © Arne Dedert/dpa

Icke: Die Niederlage gegen Hoffenheim brachte Ernüchterung beim 1. FC Union. Wir sind erst einmal "hinten" mit dabei. Die nächsten drei Spiele entscheiden auch, ob das so bleibt. Am 21 September treten wir in Frankfurt an. Haben dann am 28. September ein Heimspiel gegen den HSV, um dann wieder Auswärts anzutreten. Eben am 4. Oktober und das auch noch in Leverkusen.

Normal würde "man" sagen, drei Punkte sind drin. Und die sind schon schwer genug. Vier Punkte sollten wir holen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Zuletzt verlor Frankfurt in Leverkusen mit 1:3 und leistete gute Aufbauarbeit beim Chemie-Konzern. Zumindest zu Hause dürften die Hessen aber wieder eine Macht sein. Das Quartett - Doan-Uzun-Bahoya und davor Burkhardt – spielt sich gerade ein.

Wie eigentlich jedes Jahr müssen die Frankfurter immer mal wieder neu aufbauen. Dieses Jahr verkauften sie Spieler für über 127 Millionen Euro. Aber und das machen die Frankfurter seit Jahren perfekt, sie schaffen es immer wieder ihre besten Spieler für irre Summen zu verkaufen und holen Talente, die meist einschlagen. Diesen Sommer sind es Burkhardt und Doan, die für je 21 Millionen neu geholt wurden.

Hinter dem Stamm-Quartett haben die Hessen aber auch noch Spieler wie Batshuayi (hatte mal 40 Mio. Marktwert), Wahi (aktuell 22 Mio.) oder Knauff (15 Mio.). Das bedeutet auch, da kommt wieder eine Qualitätswelle auf uns zu. Und in Frankfurt sahen wir nie gut aus. Aber vielleicht ist genau das unsere Chance. Kein vernünftiger Mensch erwartet etwas von uns.

Auf den rotgesperrten Rothe müssen wir verzichten. Das kann die Chance für Leite sein, sich wieder ins Team zu spielen. Und - wir haben dann eventuell wieder unsere alte defensive Stabilität zurück. Unser Abwehr-Trio Doekhi-Querfeld-Leite und dahinter Rönnow, sowie davor Khedira - waren in der letzten Saison unser Garant. Mit Rothe in der Abwehr und Khedira und Querfeld, die beide noch nicht ihre alte Form besitzen, wackelten wir gegen Hoffenheim des Öfteren. Das müssen wir schnell ändern.

Nach vorn haben viele schon kleine Fortschritte gesehen. Nicht nur gegen Hoppenheim, sondern auch schon die zwei Spiele zuvor. An der Spitze natürlich Ansah und Ilic. Letzterer hat zwar in Punktspielen noch nicht getroffen, dafür aber schon zwei Buden vorbereitet und sich immer voll reingehauen. Ihm wäre ein Tor zu gönnen.

Sollte sich Leite wieder in den Stamm spielen, so hätte Rothe die Bank nicht verdient. Ich sehe ihn sowieso eher in vorderster Front, als hinten oder an der Außenlinie. Bei letztem Spiel zeigte er auch wieder seine Torgefahr, indem er ganz humorlos den Ball unter die Latte knallte. Ein Dreiersturm mit Ansah-Ilic-Rothe könnte ich mir gegen den HSV ganz wunderbar vorstellen. Schauen wir mal. Eisern.

14. September: Durch viele Geschenke ein gebrauchter Tag - Union verliert gegen Hoffenheim

Nach der Niederlage zu Hause gegen Hoffenheim steht den Spielern von Union Berlin die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
Nach der Niederlage zu Hause gegen Hoffenheim steht den Spielern von Union Berlin die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.  © Soeren Stache/dpa

Unionfux: Es ist ein Spiel der Geschenke - nur, die einen nehmen sie dankend an, die anderen leider nicht. Hoffenheim genügt eine ordentliche, keine überragende Leistung, um drei Punkte aus der Alten Försterei mitzunehmen und der Knackpunkt liegt direkt vor der Pause.

Erst klärt Trimmel unglücklich und Querfeld geht ungeschickt in den Zweikampf - Elfmeter und Führung Hoffenheim. Eigentlich blöd genug, aber dann noch Lemperle frei flanken zu lassen und Asllani vollkommen frei köpfen zu lassen, ergibt einen vollkommen unnötigen Zwei-Tore-Rückstand und einen ziemlichen Rucksack für Hälfte zwei zur Pause.

Der Gegner nimmt also seine Geschenke an, während wir unseres nach knapp zwanzig Minuten nicht nutzen: Burke ersprintet einen Pass von Khedira, Gästekeeper Baumann verschätzt sich beim Herauslaufen und so ist das Tor leer, aber Burke überlegt einen Moment zu lange und so kann Bernardo seinen flachen Schuss noch vor der Linie weggrätschen, hoch wäre hier wohl die beste Option gewesen.

Die zweite Hälfte ist nur wenige Minuten alt, da können wir eine weitere Unsicherheit von Baumann, der einen Ball nicht festhalten kann, nutzen, den schließlich Ansah ins Tor spitzelt. Jetzt könnte durchaus das vielzitierte Momentum auf unserer Seite sein, doch wir machen munter weitere Geschenke: nur wenige Minuten später laufen wir in einen Konter, der eigentlich schon geklärt scheint, aber Khedira wehrt genau zu Asllani ab, der dann nur noch einschieben braucht. Schon bitter, dass uns der Junge, den man einst weggeschickt hat, hier so die Butter vom Brot nimmt, es ihm aber auch nicht besonders schwer gemacht wird.

Doch wieder erzielen wir nach einer Ecke den Anschluss: Rothe haut einen zu kurz abgewehrten Ball aus acht Metern kompromisslos unters Dach und uns bleiben noch zwanzig Minuten plus Nachspielzeit, um wenigstens einen Punkt zu retten. Leider spielt der eingewechselte Kral zehn Minuten später seinen Ballgewinn ungenau in Hoffenheimer Füße und Rothe kann nur durch ein Foul verhindern, dass Lemperle die Flanke einschiebt - Elfmeter Nummer zwei und zudem Rot für Rothe (ich halte diese Doppelbestrafungen für großen Blödsinn) und Lemperle kriegt doch sein Tor - das letzte Geschenk an diesem Nachmittag. Die restliche Zeit bleiben wir bemüht, haben noch die eine oder andere Chance durch Ilic und den eingewechselten Skarke, aber es reicht nicht, um der Partie eventuell noch eine Wendung zu geben.

Wir verlieren das Spiel im Grunde etwas unglücklich, aber erlauben uns einfach hinten zu viele heftige Fehler, während wir in der Offensive etwas einfallslos sind, die langen Bälle auf unsere Spitzen sind zumeist leicht zu verteidigen (andererseits sind zwei Tore ja nicht schlecht, wenn man nicht gerade vier Stück fangen würde), während aus dem Spiel heraus zu wenig passiert und kaum eine Flanke ankommt. Auffällig auch, dass wir diesmal wesentlich weniger als der Gegner gelaufen sind, insgesamt über siebeneinhalb Kilometer, jetzt kann man durch Rothes Feldverweis noch zwei Kilometer relativieren, trotzdem macht dieser Wert etwas nachdenklich, auch die Passquote ist weiterhin ziemlich übersichtlich, daran kann und muss man arbeiten.

Dabei ist man allenthalben vor dem Anpfiff ziemlich erstaunt: drei Angreifer in die Startformation zu stellen ist nicht gerade feige, nur wenn die nicht ausreichend gefüttert werden, nutzt das relativ wenig und wirkt letztlich eher aktionistisch denn als Plan. Burkes Geschwindigkeit ist zweifellos auffällig, seine Probleme mit dem Ball leider auch.

Dass Tom Rothe eine dauerhafte Lösung als Innenverteidiger ist, wage ich ebenfalls zu bezweifeln, wäre gut, wenn Diogo Leite schnell aus den Badelatschen in die Puschen kommen würde oder Nsoki zeigen könnte, warum wir ihn geliehen haben. Acht Gegentore aus drei Spielen sprechen jedenfalls eine klare Sprache, wenn jetzt noch unsere defensive Stabilität zum Teufel geht, eine unserer Kernkompetenzen und aufgrund unserer spielerischen Schwäche eine Grundvoraussetzung, um in dieser Liga mithalten zu können, dann wird es ganz schwer.

Gut, es sind erst drei Spieltage absolviert, aber es hat den Anschein, als hätten wir so einige Probleme der letzten Saison (wie etwa das unkreative Mittelfeld) nicht lösen können oder wollen - von daher erwarte ich da keine Wunderdinge, woher sollen die auch kommen? Die Zauberformel muss also weiterhin heißen: hinten dicht und vorne hilft der liebe Gott. Und von ersterem kann im zweiten Heimspiel der Saison keine Rede sein, eher von verschenkten drei Punkten.

10. September: Weiter geht's: Heimspiel gegen Hoffenheim

Heimvorteil gegen das Team aus Hoffenheim: Kann Union am Samstag in Köpenick drei Punkte holen?
Heimvorteil gegen das Team aus Hoffenheim: Kann Union am Samstag in Köpenick drei Punkte holen?  © Andreas Gora/dpa

Unionfux: Kaum war die Saison zwei Spieltage alt, zack - Länderspielpause! Und die fällt nächstes Jahr noch ne Woche länger aus, dafür ist der Slot im Oktober gestrichen. Gut oder schlecht - wir werden's erleben.

Unsere Jungs haben bei ihren Nationalmannschaften eher übersichtliche Einsatzzeiten gehabt, eigentlich hat nur Alex Kral im Freundschaftsspiel der Tschechen gegen Saudi-Arabien neunzig Minuten gespielt. Alle anderen waren aus unterschiedlichen Gründen nicht im Einsatz: entweder angeschlagen wie Schäfer und Juranovic oder schlicht nicht aufgestellt oder eingewechselt wie Köhn und Querfeld.

Dafür durften unsere drei U21-Fahrer Rothe, Kemlein und Ansah bei beiden Erfolgen der Nachwuchs-Nationalmannschaft mitwirken, wobei nur Kemlein ein ganzes Spiel durchziehen durfte, ansonsten wurde aus- beziehungsweise eingewechselt.

Die Krönung war natürlich, dass Ansah wieder bei seinem Debüt getroffen hat und wieder war es ein Fernschuss - sollten wir etwa mal einen absoluten Volltreffer verpflichtet haben? Das können wir uns bei unserem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim ansehen, die uns ja im Grunde liegen, die letzten drei Spiele jedenfalls haben wir allesamt gewinnen können, trotzdem würde ich uns nicht unbedingt als Favoriten bezeichnen, eher auf Augenhöhe.

Die Kraichgauer erwischten einen ähnlich gemischten Start in die Spielzeit wie wir, sie starteten mit einem beachtlichen Auswärtssieg in Leverkusen und mussten gegen Frankfurt eine Heimniederlage einstecken, ihre wirkliche Stärke ist also schwer einzuschätzen, aber das ist ja nicht gerade ungewöhnlich am Anfang einer Saison, will sagen: bei uns ist das ja eigentlich ganz genauso.

Wir müssen uns also überraschen lassen, hoffen ein wenig auf eine grandiose Tagesform unsererseits und dass der Gegner nicht so recht ins Spiel findet. Es sieht so aus, als ob, zumindest bis zum Winter, unsere bewährte Innenverteidigung beisammen bleibt, wobei Diogo Leite aufgrund seines wochenlangen Pausierens aka Transferposse noch eine Weile brauchen könnte, bis sich die Wettkampffitness wieder einstellt.

Interessant wird auf jeden Fall, wer das Spiel übernimmt, wobei ich es mir wegen unserer offensiven Mittelfeldschwäche nicht so richtig vorstellen kann, dass wir das sind. Eigentlich ist nur noch Jeong dafür prädestiniert (und vielleicht noch der aber immer noch verletzte Burcu), aber ob der vorsichtige Baumgart den teuer eingekauften Südkoreaner von Anfang bringt? Wahrscheinlich läuft es erstmal auf Khedira, Kral und Haberer hinaus, erst recht, wenn Schäfer noch nicht wiederhergestellt sein sollte.

Aus aktuellem Anlass: Wolfsburg verpflichtet höchstwahrscheinlich den vertragslosen Christian Eriksen - wie gern hätte ich den bei uns gesehen … Aber was nicht ist, ist nicht - ohnehin können die VW-verwöhnten Wolfsburger auch wesentlich besser bezahlen als wir. Und mit der Verpflichtung ehemals sehr großer Namen hatten wir ja auch eher kein Glück, vom Kruse Max mal abgesehen.

Es wird wohl am Samstag auf das Übliche hinauslaufen, hinten dicht und vorne hilft der liebe Gott, was ja okay ist, wenn es denn funktioniert. Und sollten dann noch Ilic und Ansah mal etwas besser über die Außen gefüttert werden, sowohl Skov als auch Köhn und Trimmel sowieso können das - dann sollte das schon klappen, mit dem zweiten Heimsieg im der Alten Försterei, die lieber heute als morgen ihren Festungscharakter zurückerlangen könnte.

Das Wetter wird ähnlich angenehm wie gegen Stuttgart, keine schlechten Bedingungen also und ich glaube fest an drei wunderschöne Punkte - warum sollte es nicht so kommen?

8. September: Mit Amiri und Beier noch die Kurve bekommen

Deutschland gewann am Sonntag 3:1 gegen Nordirland.
Deutschland gewann am Sonntag 3:1 gegen Nordirland.  © Federico Gambarini/dpa

Icke: Mit 3:1 schlägt Deutschland ein gutes Team aus Nordirland. Allerdings hat das die deutsche Mannschaft den Einwechslungen von Amiri und Beier in der 61. Minute zu verdanken. Amiri brachte den Zug zum Tor und er machte selbst eins. Das wichtige Tor zum 2:1. Über die erste Halbzeit zu reden, macht nicht so viel Spaß. Die Deutschen gingen früh mit 1:0 in Führung. Eine Einzelleistung von Gnabry sorgte dafür. In der 34. Minute glichen die Nordiren nach einer Ecke aus. Den Eckball hatte Rüdiger unnötig verursacht. Die erste Halbzeit war kein Augenschmaus für deutsche Augen. Die Nummer 71 der Weltrangliste ließ genau das nicht erkennen und spielte munter mit. Obwohl die Deutschen viel mehr Ballbesitz hatten. Dieser aber vorrangig aus Mittelfeldgeplänkel stammte. Zur Halbzeit gab es Pfiffe für die deutsche Mannschaft.

Auch in der ersten Viertelstunde der ersten Halbzeit passierte nichts, was uns hätte erfreuen können. Dann brachte Nagelsmann Amiri und Beier. Amiri spielte mit Tempo und Witz, vor allem aber mit sauberen Zuspielen. Und Beier brachte endlich die Stürmergeschwindigkeit, die uns bislang fehlte. An der Seite von Beier blühte auch Leweling wieder auf. Offensiv waren seine Flügelläufe stark. In der 72. Minute machte Wirtz dann den Deckel drauf. Er zirkelte einen deutschen Freistoß links oben ins Tordreieck. Das können so nur sehr wenige Spieler.

Nagelsmann krempelte (mal wieder) die ganze Mannschaft um. Er stellte auf Dreierkette um und ließ Tah draußen. Dafür kam hinten Anton zentral und Koch als linker Innenverteidiger hinzu. Rüdiger spielte den rechten Part in der Dreierkette und wackelte leider wieder. Für die rechte Außenbahn ließ Nagelsmann - Leweling ran, der offensiv ein gutes Spiel machte und nach hinten wenigstens keine Fehler machte. Die linke Außenbahn fand im deutschen Spiel seltener statt. Raum kämpfte gut nach hinten, nach vorn kamen aber nur wenige Impulse von ihm. Seine beste Leistung war die Flanke, die dann zum Amiri-Tor führte. Im zentralen Mittelfeld spielten Kimmich und Groß. Doll war das von beiden nicht. Groß sah man kaum und Kimmich verzettelte sich im klein-klein. Gnabry besetzte die halbrechte offensive Position, die Wirtz auf der anderen Seite spielte. Ganz vorn sollte Woltemade Gefahr verursachen. Das gelang ihm nicht. Auch Wirtz hatte keinen besonders auffälligen Tag, lässt man sein Freistoßtor mal außen vor. Gnabry begann stark, baute dann aber immer mehr ab. Erst Amiri und Beier brachten den deutschen Fußball wieder in Schwung. Goretzka kam dann noch für den schwachen Groß und Tah spielte die letzten 10 Minuten für Rüdiger. Andrich anstatt Groß … wäre sicherlich die bessere Lösung gewesen.

Wir hatten jetzt mit den Slowaken und den Nordiren Schwierigkeiten. Die gehören jetzt beide nicht wirklich zum internationalen Spitzenfußball. Wir müssen das schon richtig einordnen. Sonst erleben wir weitere böse Überraschungen. Bei Nordirland waren Kicker aus der 3. und 4. Liga der Insel im Kader. Nagelsmann hat sein Gerüst noch nicht gefunden. Die Systeme immer mal wieder zu ändern … bringt auch keine dauerhafte Stabilität. Nagelsmann sagt öffentlich, er sucht nach Emotionen im Kader und bringt Groß – statt Andrich. Der dann auch noch völlig unsichtbar spielt. Das muss man jetzt nicht verstehen. Hoffen wir, er findet schnell die richtige Mischung. Noch experimentiert er wild herum.

5. September: Einstellungsprobleme statt Aufstellungsprobleme im deutschen Fußball

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich bei der Niederlage gegen die Slowakei in einem desolaten Zustand präsentiert.
Die deutsche Nationalmannschaft hat sich bei der Niederlage gegen die Slowakei in einem desolaten Zustand präsentiert.  © Christian Charisius/dpa

Icke: Nennen wir es beim Namen: Das, was die deutsche Nationalmannschaft mit Trainer Nagelsmann im ersten Spiel der WM-Qualifikation ablieferte, war ein Desaster! Einer löchrigen, unaufmerksamen Abwehr, die keine Lust auf Sprints hatte, folgte eine Offensive, die den Namen nicht verdiente. Kaum gute Spielzüge, keine Konzentration beim Passspiel und wie es Nagelsmann wenigstens richtig erkannte: Keine Emotion im Spiel der deutschen Mannschaft. Sprinten, fighten, kratzen, beißen … alles Fremdworte für die satten deutschen Kicker. Die Slowakei siegte absolut verdient mit 2:0 gegen die Deutschen. Sie waren einem 3:0 näher, als die deutsche Mannschaft dem Anschlusstreffer. Mehr muss man eigentlich gar nicht wissen.

Schon vor dem Spiel, bei der Bekanntgabe der Aufstellung, konnte man ein leises Bauchgrummeln hören. Jedenfalls bei mir. Collins debütierte als rechter Verteidiger, Mittelstädt, als die offensivere Variante, sollte links dicht machen. Stiller bekam im Mittelfeld den Vorzug vor Andrich. Ergo solle Kimmich an seiner Seite das Spiel (mit) gestalten, anstatt die rechte Seite der Deutschen optimal zu besetzen. Der neue 90-Millionen-Star Woltemade stand in vorderster Reihe als Mittelstürmer, dafür musste Füllkrug auf der Bank Platz nehmen. Goretzka konnte auch nicht auf der "8" (wie bei den Bayern) spielen, er musste weiter vorrücken. Da dann auch noch Wirtz und Gnabry untergingen, war das komplette Personal-Karussell von Nagelsmann (eigentlich) schon vor dem Anpfiff gescheitert.

Aber eben auch, weil er sich dafür entschied, Rüdiger als Innenverteidiger ohne Spielpraxis aufzustellen. Der Real-Star war die Fehler-Maschine Nummer eins im deutschen Team. Tah solidarisierte sich und versuchte Rüdiger nachzueifern. Einzig Keeper Baumann erreichte Normalform und rettete mehrfach gegen die Slowakei. Die fehlenden Musiala, Havertz, ter Stegen und Schlotterback dürfen nicht als Erklärung herhalten. Die Slowakei hatte nämlich auch mehrere relevante Ausfälle.

Gleich in der 1. Minute hatten die Slowaken eine gute Chance. Und das hörte nicht auf. Die Slowakei zeigte die eigentlich deutschen Tugenden. Sie kämpften und jagten jedem Ball hinterher. Und durch diesen Einsatz bekamen sie Spielsicherheit und Selbstvertrauen. Rüdiger und Tah wackelten im Zentrum ein ums andere Mal. Collins auf rechts wurde zur Halbzeit ausgewechselt und auch Mittelstädt konnte unserer Abwehr keine Stabilität geben. Dann bist du erledigt und das waren wir.

Nach dem Spiel analysierte Nagelsmann sehr richtig die fehlende Emotion im Team. Aber wer ließ eigentlich Mentalitäts-Monster Andrich 90 Minuten auf der Bank schmoren? Gleiches gilt für den immer Vollgas spielenden Füllkrug. Dafür rückten Stiller und Gnabry ins Team. Das, gepaart mit dem falsch positionierten Kimmich und dem (an diesem Tag!) unsinnigen Collins-Debüt, ergab die Basics dieses Desasters. Das nächste Spiel findet schon am Sonntag gegen Nordirland statt. Drehen wir uns nicht dramatisch - sowohl personell, vor allem aber in der Einstellung zum Spiel - können wir gleich einen Offenbarungseid ablegen und die deutsche Nationalmannschaft von der WM-Quali abmelden.

Nordirland ist, genauso wie die Slowakei, dafür bekannt, bis zum Umfallen zu kämpfen. Lassen wir uns von denen auch noch den Schneid abkaufen, so können wir einpacken. Warum finden wir in sehr vielen Berichten so klare Worte? Weil das kein "schlechtes Spiel" der deutschen Kicker war, sondern Arbeitsverweigerung. Es kämpfte kaum einer. Und betrachtet man parallel die Millionengehälter der Kicker, so bekommt man automatisch einen dicken Hals. Ich habe fertig. Eisern.

2. September: Von wegen: der große Transferendspurt bleibt aus

Wesentliche Veränderungen im Kader von Union Berlin gab es in der Transferphase nicht.
Wesentliche Veränderungen im Kader von Union Berlin gab es in der Transferphase nicht.  © Federico Gambarini/dpa

Unionfux: Der Berg kreiste - und gebar ein Mäuslein. Die große Hoffnung, die sich immer mehr auf die letzten Tage des Sommertransferfensters konzentrierte, erweist sich als trügerisch, denn passiert ist, im Grunde, nichts, weder auf der Zugangs- noch auf der Abgangsseite, jedenfalls nichts Wesentliches. Die Überraschung ist, dass es keine Überraschung gibt.

Diogo Leite, schon im letzten Sommer angeblich von halb Europa gejagt, ist, trotz Freistellung vom Training und von Pflichtspielen, wieder nicht erlegt worden und geht in sein letztes Vertragsjahr bei uns, wenn man dabei den ganzen Hickhack um seine Person bedenkt - eine ziemlich lächerliche Veranstaltung.

Auch bei Danilho Doekhi wurde die, im Vergleich zu den munteren Ablösesummen, die auf dem Markt ausgespuckt werden (nur ein Beispiel: Everton zahlt 25 Millionen für Merlin Röhl vom SC Freiburg - wie bitte?) doch überschaubare Ausstiegsklausel in Höhe von neun Millionen nicht gezogen, unabhängig von den ganzen gehandelten Namen.

Sportlich sicherlich eher gut, Doekhi ist schon eine Bank und Rothe als Leite-Ersatz ist für mich nur ne Notlösung, wirtschaftlich ist es aber fraglos eine Katastrophe, es sei denn, beide verlängern ihre Verträge noch. Wobei: geht Doekhi doch noch (Türkei, Holland), dann wird’s heftig, denn ersetzen kann man so einen Spieler schon bei offenem Transferfenster nur schwer. Und weitere Neuzugänge? Fehlanzeige.

Es gab zwar hier und da ein paar Gerüchte, aber dabei blieb es dann auch, zuletzt hat St. Juste von Sporting Lissabon abgesagt, aber der wäre wohl auch nur gekommen, wenn Leite und/oder Doekhi gegangen wäre. So bleibt im Endspurt lediglich eine erneute Leihe des dritten beziehungsweise vierten Keepers Yannic Stein nach Babelsberg, den wir ja gerade erst von dort zurückgeholt haben (auch 'ne elegante Aktion, fürwahr) und immerhin der Verkauf von Lucas Tousart an Stade Brest für kleines Geld (rund eine Million, könnte sich aber durch eine mögliche Abfindung ohnehin aufgebraucht haben), das Ende eines weiteren Missverständnisses der letzten Jahre, wobei ich es für rätselhaft halte, warum das so gar nicht funktioniert hat - aber diese Liste ist sowieso erschreckend lang.

Weder wir verleihen noch Spieler, die woanders die Chance auf Spielpraxis gehabt hätten (Preu, Ogbemudia) noch leihen oder gar kaufen wir irgendjemanden, der zum Beispiel die Lücke von Benes schließt (der am Wochenende ein typisches Benestor für Kayserispor gemacht hat), jemanden, der einfach in der Lage ist, ein paar spielerische Komponenten einzubringen, vielleicht auch mal den präzisen Pass spielen kann, ein Spiel lesen und darüberhinaus gut ist für ein paar Tore. Denn torgefährlich sind weder Khedira noch Schäfer noch Kral oder Haberer und auch nicht Kemlein: alle fünf zusammen kommen in den letzten zwei Spielzeiten auf fünf Tore - doch auch bei den Assists sieht's nicht viel besser aus, da sind’s acht und da sind zwei Vorlagen von Kemlein für St. Pauli eingerechnet - das ist doch gruselig und bestätigt nur den Eindruck, der sich Woche für Woche manifestiert.

Zumal, mit Ausnahme von Kemlein, keiner aus der Riege besser geworden ist, sondern bestenfalls stagniert. Umso schwerer zu verstehen, dass dort nichts geschehen ist, denn es ist kaum zu erwarten, dass unser Mittelfeld die Sprünge nach vorn macht, die vonnöten sind, wenn man ab und an mal Fussball spielen will und muss. Mit Kampf allein wird es nun mal jede Saison ein Krampf. Dass dieser Fakt von unser sportlichen Führung so hartnäckig ignoriert wird, ist schon erstaunlich, auch wenn natürlich jedem bewusst ist, dass man nicht so einfach losläuft und brauchbare Spielmacher oder Box-to-Box-Spieler verpflichtet, wie man gerade lustig ist - es sei denn, man ist PremierLeague-Verein und/oder gehört den saudischen Staatsfonds.

Aber dass wir spielerisch zu den limitiertesten Mannschaften gehören, das ist nun wirklich nicht seit gestern so. Da gibt es vor Jahresfrist eine halbherzige Lösung, die nach einem Jahr ohne großes Vertrauen als untauglich angesehen und in die Türkei für lau abgeschoben wird - und das war’s, Experiment eingestellt. Ja, ich weiß, das System von Baumgart hat keinen Platz für eine Zehn - das ist nun wirklich schmerzlich unübersehbar. Ich hätte auch ne gute Acht genommen …

Weitere mögliche Abgangskandidaten wie Ljubicic, Skarke und Kral bleiben anscheinend, wenn nicht noch etwas in Richtung der Ligen passiert, die noch ein paar Tage offen sind, wie Österreich, Schweiz, Saudi-Arabien und Türkei. Verpflichten könnten wir lediglich noch vertragslose Spieler, das hat zwar im letzten Jahr mit Skov ganz gut geklappt, ist aber nicht so wirklich zu erwarten. Irgendwie wirkt das alles nicht, als hätten wir einen wirklichen Plan außer der Zuversicht, dass es schon irgendwie wird.

Das heißt, mit ärgerlicherweise hoher Wahrscheinlichkeit, auf uns wartet wieder eine heftige Spielzeit, die dritte hintereinander. Eigentlich kein Wunder: zu viel Breite und wenig Spitze, dazu ein Trainer, der (bekennenderweise) nicht gerade ein Taktikfuchs ist: wo soll da schon die eigentlich notwendige Entwicklung herkommen?

Aber schauen wir doch mal auf das Positive: außer Hollerbach hat uns kein Stammspieler verlassen, das ist sicher ein gewisser Vorteil. Dass ein Spitzenkeeper wie Rönnow uns erhalten bleibt, fraglos auch, ja, und dass unsere Abwehr intakt bleibt, kann ebenso ein entscheidender Faktor sein, vorausgesetzt, Doekhi und Leite verarbeiten ihren ungewollten Verbleib entsprechend. Doch im Moment ist ebenso absolut unklar, welcher unserer Neuzugänge uns wirklich verstärken kann, am wahrscheinlichsten ist das aus meiner Sicht bei Ilyas Ansah und möglicherweise Derrick Köhn.

Vielleicht erstaunt uns ja auch einer von den Alteingesessenen, von dem wir's nicht erwarten. Darauf hoffen müssen wir in jedem Fall und darauf, dass die Mannschaft weitgehend funktioniert, denn über individuelle Klasse verfügen wir nach wie vor zu wenig. Und ja, abgerechnet wird natürlich nach der Saison, aber das Gefühl, dass die Transferpolitik unseres Vereins seit Jahren nicht gerade ein Ruhmesblatt darstellt, wird man kurzfristig kaum los. Insofern passt dieser Transfersommer eigentlich ziemlich gut zu uns.

1. September: Schade, da war mehr drin ...

Die Eisernen hatten in Dortmund einmal mehr das Nachsehen.
Die Eisernen hatten in Dortmund einmal mehr das Nachsehen.  © Federico Gambarini/dpa

Icke: Fangen wir mal ganz am Anfang an. Da rieben wir uns die Augen. Eine Mannschaft in roten Nickis hatte in den ersten 20, 25 Minuten viel Ballbesitz (43 bis 45 Prozent), griff die Gelben teilweise am eigenen Strafraum an und erarbeitete sich Ecken, wie auch gute offensive Spielzüge. Alles hätte man in Dortmund erwartet, aber nicht, dass Union gut mitspielt. Und deswegen gilt auch die Überschrift. Hätten wir so weitergemacht, wie in der Start-Phase, es wäre diesmal echt etwas drin gewesen. So aber gewannen die Westfalen standesgemäß mit 3:0. Weil wir aufhörten, diesen intelligenten und guten Fußball zu spielen.

Die zweite Hälfte der ersten Halbzeit mündete dann im 1:0 durch Guirassy. Einige Fach-Zeitschriften schreiben, er setzte sich mit gutem körperlichen Einsatz durch. Ich schreibe, man hätte sich die Szene schiedsrichterseits anschauen müssen. Ohne Zeitlupe kann man natürlich nicht klar behaupten, es sei ein Foul (an Querfeld) gewesen. Es sah aber danach aus. Jedenfalls für einen mit "roter Brille". Es blieb nicht die letzte Ungereimtheit des Schiedsrichters (Schlager). Nein ein Union-Fan war er mitnichten!

So ging's in die Pause und heraus kam wieder das "alte Union". Wie am Anfang pressten wir wieder und hatten Ballbesitz. Sogar Chancen sprangen dabei heraus. Den Ilic-Kopfball (nach Trimmel-Ecke) in der 47. Minute kratzte Kobel gerade noch so heraus. Eine Minute später taucht Rothe allein vor dem Dortmunder Torwart auf und verzieht leider. In der 58. Minute ist dann die rot-weiße Herrlichkeit vorbei. Wieder ist es Guirassy, der zum 2:0 trifft. Und wieder muss man dem Schiri Schlager die Frage stellen, warum das nicht einmal überprüft wird. Es war so knapp, es kann genauso gut Abseits gewesen sein. Mit bloßen Augen konnte man das nicht erkennen. Und DAZN? Nicht einmal die obligatorische Abseitslinie zeigen sie. Ganz schwache TV-Leistung. Oder fehlen ihnen die technischen Voraussetzungen dafür?

Egal. Jetzt war der Drops gelutscht. Auch in den Köpfen der Spieler. Es gab kein Aufbäumen mehr. Baumgart brachte zwar sofort Skarke und Jeong, aber auch das nutzte nichts mehr. Später kamen auch noch Burke und Köhn - mit dem gleichen Ergebnis. Mit dem zweiten Tor hatten sie uns den Nerv gezogen. Nichts ging mehr. Das Felix Nmecha in der 81. Minute noch das 3:0 erzielt ... ist geschenkt. Das Spiel war längst entschieden.

Die Frage, die blieb … in der Start-Phase in Halbzeit eins schafften wir es, die ersten 20 Minuten guten Fußball zu spielen. Selbiges gelang uns auch in der 2. Halbzeit, wenn auch etwas kürzer. Warum hören wir beide Male damit auf? Hat die Kraft gefehlt, was man vermuten kann? Um zur Überschrift zurückzukehren … schade, da war mehr drin. Hast Du dann noch so einen Schiedsrichter, der erkennbar kein Freund von Union ist, dann bist Du geliefert. Allerdings - die Mannschaft hätte ja auch weiter guten Fußball spielen können, ergo dürfen wir uns zu guten (An-)Teilen auch gern selbst hinterfragen. Jetzt kommt eine kleine DFB-Pause und danach - Gott sei Dank - wieder ein Heimspiel gegen Hoppenheim. Eisern.

Titelfoto: Arne Dedert/dpa

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