BVB-Knipser Haller über Krebs-Leidenszeit: "Du hast fünf Tage, die scheiße sind"

Dortmund - Vor genau zehn Tagen erzielte Sébastien Haller (28) gegen den SC Freiburg am Weltkrebstag sein erstes Saisontor für Borussia Dortmund und setzte so einen emotionalen Schlusspunkt unter eine lange Leidenszeit. Nun gewährte der Angreifer tiefe Einblicke in seine krankheitsbedingte Odyssee der letzten acht Monate.

Sébastien Haller (28, r.) freut sich mit Karim Adeyemi (21) über sein erstes Liga-Tor für den BVB.
Sébastien Haller (28, r.) freut sich mit Karim Adeyemi (21) über sein erstes Liga-Tor für den BVB.  © AFP/Sascha Schuermann

Dass etwas nicht stimmte, habe der 28-jährige Stürmer noch vor seinem Transfer für 30 Millionen Euro zum BVB während der Afrika-Cup-Qualifikation mit der Elfenbeinküste gemerkt, wie er im Interview mit der englischen Times verriet.

"Ich habe die Länderspielreise mit diesen Schmerzen im Bauch begonnen. Ich dachte, es wären nur Bauchschmerzen. Ich habe drei Tage lang nicht gut verdauen können und das Gefühl gehabt, etwas im Magen zu haben", so der 15-fache ivorische Nationalspieler.

Den Gang zum Doktor sparte er sich zunächst trotzdem: "'Ist schon okay', dachte ich. Ich bin niemand, der immer zum Arzt geht, weil er Schmerzen hat. Ich nehme ein paar Tabletten und es geht weg. Ich habe versucht zu spielen, ich habe trainiert", beschrieb Haller die ersten Anzeichen, zu denen sich rasch auch Atemnot und grippeähnliche Symptome gesellten.

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Beim 3:1-Erfolg gegen Sambia Anfang Juni spielte der zu diesem Zeitpunkt frischgebackene Torschützenkönig der niederländischen Eredivisie dennoch, gegen Lesotho ließ Nationalcoach Jean-Louis Gasset (69) ihn wenige Tage später aber draußen.

Diagnose Hodenkrebs - Sébastien Haller hat "den Fußball direkt auf Eis gelegt"

Bei der Vergabe des Ballon d'Or im Oktober 2022 hielt Sébastien Haller (28) eine Rede.
Bei der Vergabe des Ballon d'Or im Oktober 2022 hielt Sébastien Haller (28) eine Rede.  © dpa/AFP/Franck Fife

Auch im Trainingslager der Schwarz-Gelben klangen die Beschwerden nicht ab, weshalb Haller sich schließlich doch genauer untersuchen ließ. Beim MRT-Scan wurde ein Tumor entdeckt, welcher Art blieb jedoch zunächst offen.

Es folgte die Überstellung des Knipsers an einen Experten, der die böse Befürchtung schnell bestätigte: "Ich ging dann zum Urologen und nach fünf Sekunden Untersuchung hieß es: 'Ja, es ist ein Tumor - es ist Hodenkrebs.'"

"Ich bin niemand, der sofort verrückt wird. Ich wollte warten, um alle Informationen zu hören, um dann zu reagieren oder einen Plan zu machen", erklärte Haller seine erste Einschätzung der Lage.

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Und fügte an: "Du versuchst, alle Informationen zu verarbeiten und zu verdauen. Du versuchst immer, die Grundlagen zu beachten. Was ist das erste, was Du tun musst, wenn so etwas passiert? Ändere Deine Routine, Dein Leben."

Der Sport rückte nach der niederschmetternden Diagnose sofort in den Hintergrund: "In diesem Moment habe ich den Fußball direkt auf Eis gelegt. Ok, jetzt passiert etwas Ernstes, nichts anderes ist wichtig. Ich denke nur an die Gesundheit und die neue Routine. Meine Frau war mit den drei Kindern im Urlaub. Wie teilt man ihnen das mit? Aber man muss."

Sébastien Haller freut sich auf sein mögliches Champions-League-Debüt gegen den FC Chelsea

Beim Bundesliga-Comeback von Sébastien Haller (28) gegen den FC Augsburg durften natürlich auch seine Kinder nicht fehlen.
Beim Bundesliga-Comeback von Sébastien Haller (28) gegen den FC Augsburg durften natürlich auch seine Kinder nicht fehlen.  © AFP/INA FASSBENDER

In den darauffolgenden Monaten durchstand der 1,91 Meter große Goalgetter zwei Operationen sowie eine kräftezehrende Chemotherapie - verlor dabei aber nie seinen Optimismus.

"Weil ich alles gut vorbereitet habe, war es nicht so schlimm wie es hätte sein können", sagte Haller. "Ich bin jemand, der versucht, die immer positiv zu sein. Ich habe die Denkweise, dass ich in der Lage sein möchte, Dinge durchzustehen. Ich habe die schlechten Gedanken verdrängt."

Der Genesungsprozess wurde für den früheren Eintracht-Stürmer dadurch zu einer Art Wettbewerb: "'Krankenhaus? Ja, los geht's.' Du hast die Chemo und jeden Tag hast Du diese Flüssigkeit in Deinem Körper und Du bist einfach nur konzentriert - wie in einem Spiel. Du hast fünf Tage, die scheiße sind, aber okay, Du bist nicht allein. 72 Stunden Chemo, und dann ist es zwei Wochen gut."

Die zweite OP erzielte schließlich den gewünschten Effekt. Die Beschwerden ließen nach, der Krebs war verschwunden.

Inzwischen fiebert der Angreifer seinem Königsklassen-Debüt für den BVB entgegen: "Es bedeutet viel, wieder in der Champions League zu sein. Du denkst an all die Arbeit, die Du geleistet hast, und daran, dass ich so weit weg von hier wäre, wenn ich nicht so viel trainiert oder erkannt hätte, wie wichtig es ist, fit zu sein."

Am Mittwoch (21 Uhr) empfängt die Borussia den FC Chelsea zum Achtelfinal-Hinspiel in Dortmund.

Titelfoto: dpa/AFP/Franck Fife, AFP/Ina Fassbender

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