Hertha fühlt sich nur noch auswärts wohl: "So stelle ich mir das vor"
Berlin - Ach, würde Hertha doch nur noch auswärts spielen. Die Alte Dame entscheidet das Krisen-Duell in Nürnberg am Ende klar für sich. Wie schon vor zwei Wochen beim Spitzenreiter in Hannover gewinnt Berlin deutlich mit 3:0, weil es sich erneut gnadenlos effektiv vor dem Kasten zeigten.

Dass es bereits nach 99 Sekunden durch Marten Winkler (22) klingelte, spielte Hertha zusätzlich in die Karten. Nürnberg musste kommen und der Hauptstadt-Klub konnte kontern. Die Franken drückten zwar auf den Ausgleich, vergaben aussichtsreiche Chancen, doch die Gäste schafften es mehr und mehr, das Spiel zu beruhigen und selber Akzente zu setzen.
So wie beim 2:0, als Hertha flüssig durchs Mittelfeld kombinieren konnte und Michaël Cuisance (26) abstaubte. "So, wie wir das zweite Tor herausspielen, stelle ich mir das vor", lobte Stefan Leitl (48).
Der eingewechselte Dawid Kownacki (28) machte in der Schlussphase den Deckel drauf. "Wir sind natürlich super happy und glücklich über die Leistung", so der Chefcoach. "Wir waren sehr diszipliniert und haben sehr guten Zweitliga-Fußball gespielt."
Auffällig: In der Fremde tut sich Hertha weitaus leichter. Die bislang einzigen zwei Saisonsiege gelangen auswärts. In Hannover und nun in Nürnberg. Auch beim 0:0 in Darmstadt zeigte die Alte Dame eine ordentliche Partie. Zu Hause aber will rein gar nichts gelingen. Noch immer wartet der Zweitligist auf das erste Heimtor.
Hertha BSC will zu Hause anders auftreten

Die Berliner fühlen sich derzeit sichtlich wohler, aus der Kompaktheit heraus zu agieren, anstatt selber das Spiel zu gestalten. In Nürnberg hatten die Blau-Weißen gerade mal 37 Prozent Ballbesitz. Ein solcher Fußball ist vor allem in der Fremde einfacher zu spielen als zu Hause. Gerade, wenn man sich vor Saisonbeginn selbst noch zu einem der Aufstiegsfavoriten erklärt hat.
Damit nun auch im eigenen Wohnzimmer endlich der Knoten platzt, dämpft Leitl die Erwartungen. Hurra-Fußball wird es im Olympiastadion nicht geben. "Grundsätzlich sollten wir auch die Erwartungshaltung zu Hause ein bisschen rausnehmen. Dass wir nicht darauf bedacht sind, ein Offensivspektakel zu bieten, sondern dass wir Zweitliga-Fußball spielen und Ergebnisse erzielen."
In Euphorie wie nach dem Hannover-Ausrufezeichen verfällt in Berlin derzeit keiner. Das 0:2 gegen Paderborn war Warnung genug. "Jetzt wieder in Furore auszubrechen, wäre nicht richtig. Wir müssen häufiger unser Potenzial abrufen, wenn der Schiri anpfeift", kennt auch Fabian Reese (27) bei Sky die Problematik.
Hertha ist einfach zu schwankend in den Leistungen. Die einzige Konstante neben der Heimschwäche ist das Verletzungspech. So hat es womöglich den Nächsten erwischt: Joker Kownacki musste in der Schlussphase wieder ausgewechselt werden, als er bei einem Freistoß unglücklich wegknickte.
"Es hätte von seiner Seite aus keinen Sinn gemacht, weiterzuspielen. Wir wollten dann nicht noch mehr riskieren", erklärte Leitl. "Wir hoffen, dass die Diagnose nicht allzu schlimm ausfällt und dass er im Training bleibt."
Titelfoto: Daniel Karmann/dpa