Ex-Tennis-Star mit dramatischem Geständnis: "War wie eine Sucht"

Darmstadt/New York - Andrea Petkovic (36) trat im Sommer 2022 von der Weltbühne ihres geliebten Tennissports ab. Damit gingen etliche mentale Probleme einher, die sie einige Zeit nach dem Karriereende schwer beschäftigten.

Andrea Petkovic (36) erspielte in ihrer aktiven Laufbahn rund neun Millionen Euro Preisgeld.
Andrea Petkovic (36) erspielte in ihrer aktiven Laufbahn rund neun Millionen Euro Preisgeld.  © Frank Molter/dpa

Petkovic weint. Abschied vom geliebten Tennis bedeutet für sie Trauer. Wochen nach ihrem letzten Match fühlt sie sich orientierungslos, verloren. "Wenn ich gesund esse, weiß ich nicht, wozu. Wenn ich acht Stunden schlafe, weiß ich nicht, wozu. Wenn ich einatme und ausatme, weiß ich nicht, wozu", schreibt sie in ihrem Buch "Zeit, sich aus dem Staub zu machen".

Tennis war ihr Leben. Der geregelte Tagesablauf, die Ernährung - alles für die beste Leistung. Plötzlich ist das weg. In ihrem zweiten Buch beschreibt Petkovic den Weg zum Karriereende und die Tiefs danach, die sie aber schnell überwand.

"Ich habe die Erfahrung unterschätzt", sagt sie der dpa. "Ich dachte, ich habe mir so viele andere Sachen aufgebaut. Es war sehr schlimm."

Er widmete ihr den Titel bei den US Open! Geliebte Tante (†56) von Tennis-Star Sinner ist tot
Tennis Er widmete ihr den Titel bei den US Open! Geliebte Tante (†56) von Tennis-Star Sinner ist tot

Mit 36 Jahren war sie neben Angelique Kerber eine der erfolgreichsten deutschen Spielerinnen der Post-Steffi-Graf-Ära. Sie erreichte Platz neun der Welt, stand 2014 im Halbfinale der French Open und gewann fast neun Millionen Dollar Preisgeld. Doch Verletzungen bremsten sie immer wieder.

Harte Phase nach Karriereende: Andrea Petkovic schreibt sich Sorgen von der Seele

Das Loslassen vom Profisport fiel der 36-Jährigen äußerst schwer.
Das Loslassen vom Profisport fiel der 36-Jährigen äußerst schwer.  © Marcus Brandt/dpa

Der Bruch mit dem Profisport im Sommer 2022 traf sie selbst hart. Tennis sei wie Familie, sagt Petkovic: "Leistungssportlerin zu sein, ist eine Identität. Man hat das Gefühl, man nimmt einen ganzen Teil seiner selbst und schmeißt den weg."

Dabei war sie vorbereitet. Sie studierte, veröffentlichte ein Buch, schrieb für Medien, moderierte im ZDF. Sportpsychologin Babett Lobinger (57) - Schwester des im Februar 2023 an Krebs verstorbenen Stabhochspringers Tim Lobinger (†50) - sieht den Schmerz.

"Leistungssport prägt die Persönlichkeit." Petkovic sei ein Vorbild, das beim Ausstieg vieles richtig mache. "Trauern gehört dazu, um das Kapitel abzuschließen."

Rührende Szene: Tennis-Profi kollabiert vor Hitze - Gegner leistet Beistand!
Tennis Rührende Szene: Tennis-Profi kollabiert vor Hitze - Gegner leistet Beistand!

Petkovic durchlebte Phasen der Wut und Trauer. Sie aß Kuchen bis ihr schlecht wurde, war bis spät nachts am Handy. "Aber ich habe schnell gemerkt, dass man auch gesund leben kann, um sich wohlzufühlen."

Ex-Tennisprofi Andrea Petkovic arbeitet mittlerweile als TV-Expertin und Mentorin

Verletzungen bremsten Petkovic immer wieder aus. Ihre Erfolge im Verlauf ihrer Karriere konnten sich dennoch sehen lassen.
Verletzungen bremsten Petkovic immer wieder aus. Ihre Erfolge im Verlauf ihrer Karriere konnten sich dennoch sehen lassen.  © Daniel Bockwoldt/dpa

Die Entscheidung zum Rücktritt fiel 2020 nach einer Knie-OP. 2021 sollte ihr letztes Jahr werden, die Pandemie schenkte ihr aber Zeit zur Regeneration. Sie spielte noch eine Saison, verlor ihr letztes Match bei den US Open 2022.

"Es war nicht der Knall, den ich mir gewünscht habe", sagt sie. Der Druck fiel ab, aber Schmerzen im Ellbogen beendeten ihre Karriere.

Tennis mit dem K.o.-System war für Petkovic wie eine Sucht. "Das normale Leben ist viel komplexer. Als Tennisspielerin gewöhnt man sich an ein Schwarz-Weiß-Denken. Gewonnen oder verloren."

Heute spielt sie hobbymäßig Tennis, arbeitet als Mentorin für Talente im DTB und kommentiert für Sky. Sie will weiter schreiben. Ihr Karriereende sei im Rückblick der "perfekte Abschied" gewesen.

"Weil ich glaube, dass es danach rapide bergab gegangen wäre", sagt sie. "Die idealen Rücktritte, die wir im Kopf haben, sind die Ausnahme. Und wenn du ein Turnier gewinnst, denkst du: 'Wieso sollte ich jetzt aufhören?'"

Titelfoto: Daniel Bockwoldt/dpa

Mehr zum Thema Tennis: