Lauter Westautos auf DDR-Straßen: So brachte "Genex" den Handel ins Rollen!

Wilkau-Haßlau - Im letzten Jahrzehnt der niedergehenden DDR, die in diesen Tagen ihren 75. Geburtstag begehen würde, sah man auf den Straßen zwischen all den Trabis, Wartburgs und Škodas auch einige schicke Westautos von VW, Mazda oder Volvo. Gelenkt wurden sie von braven Staatsbürgern. Das Zauberwort hieß "Genex". Eine liebevoll gestaltete Sonderausstellung in Wilkau-Haßlau klärt über dieses Phänomen auf.

Von den 1050 Peugeot 305 (44.500 DDR-Mark) gingen viele an Prominente, etwa Sigmund Jähn, Jurij Brězan oder Herbert Köfer.
Von den 1050 Peugeot 305 (44.500 DDR-Mark) gingen viele an Prominente, etwa Sigmund Jähn, Jurij Brězan oder Herbert Köfer.  © Uwe Meinhold

Ende der 1980er-Jahre betrug die Wartezeit für einen Trabant mehr als zwölf Jahre, für einen Shiguli gar 18. Es gab aber eine Abkürzung, weil die Staatsführung immer auf Devisen angewiesen war: Wer als DDR-Bürger spendable Westverwandtschaft oder ein Konto mit Westgeld geerbt hatte, erhielt sein Ostauto binnen weniger Wochen.

Der D-Mark-Preis war Pi mal Daumen die Hälfte dessen, was man mit Aluchips gezahlt hätte.

Doch warum einen Wartburg oder Saporoshez für Westgeld kaufen, wenn man der Ostverwandtschaft auch einen VW, Fiat oder Mercedes schenken kann?

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Die vom obersten Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski kontrollierte Geschenkdienst- und Kleinexporte GmbH (Genex) verteilte im westlichen Ausland Versandkataloge mit dem markanten Titel "Geschenke in die DDR".

Darin war die gesamte schöne bunte Warenwelt des Ostens aufgeführt, von der Rasierklinge über die Schrankwand bis zum Fertighaus.

Auch viele Produkte, nach denen man in Geschäften meist vergebens Ausschau hielt oder für die man in einem Glücksmoment Schlange stehen durfte. Einige ausgewählte Westprodukte standen ebenfalls im Genex-Katalog.

Der Mazda 323 in der 60-PS-Variante wurde ab 1982 vornehmlich in Berlin verkauft. Man brauchte eine reife Viertakter-Bestellung.
Der Mazda 323 in der 60-PS-Variante wurde ab 1982 vornehmlich in Berlin verkauft. Man brauchte eine reife Viertakter-Bestellung.  © Uwe Meinhold
Besser als ein Barkas: Der VW-Transporter T 3 (über 54.000 Ost-Mark) war besonders bei gut laufenden Handwerksbetrieben gefragt.
Besser als ein Barkas: Der VW-Transporter T 3 (über 54.000 Ost-Mark) war besonders bei gut laufenden Handwerksbetrieben gefragt.  © Uwe Meinhold/Wikipedia
Etwa 5500 Citroën GSA Pallas (38.850 Ost-Mark) gingen an Bürger in Ostberlin oder in ausgewählten Bezirksstädten. Hoher Komfort, aber reparaturanfällig.
Etwa 5500 Citroën GSA Pallas (38.850 Ost-Mark) gingen an Bürger in Ostberlin oder in ausgewählten Bezirksstädten. Hoher Komfort, aber reparaturanfällig.  © Uwe Meinhold

Mehr als 13.000 VW Golf kamen auf Oststraßen

In dieser Ausstellungshalle des Oldtimermuseums findet man die Westautos in der DDR. Auch ein Genex-Wohnzimmer wurde eingerichtet.
In dieser Ausstellungshalle des Oldtimermuseums findet man die Westautos in der DDR. Auch ein Genex-Wohnzimmer wurde eingerichtet.  © Uwe Meinhold

Eben auch Westautos. Denn Ende der 1970er war der Parteiführung aufgefallen, dass es den Straßen der Hauptstadt an internationalem Flair mangelt.

Also bestellte man im Gegenzug für aus der DDR importierte Waren (Maschinen, Textilien, Chemie) Kontingente an Fahrzeugen, darunter Volkswagen, Ford, Mercedes, Volvo oder Citroën.

Allein über 13.000 VW Golf kamen so auf die holprigen Oststraßen.

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Ebenfalls 11.000 Mazda 323 rollten in die DDR. Und weil davon nur wenige über Genex verkauft wurden, hatte man als "besonders verdienter" DDR-Bürger die Chance, den Japaner für 24.600 Ostmark zu erwerben.

Oft war die Bedingung, dass man auf der Warteliste für einen Viertakter (Lada, Škoda) vorne stand.

Der ehrenamtliche Museums-Chef Danny Schwalbe (52) blättert im Genex-Katalog. Mit seinem Verein hat er eine sehenswerte Ausstellung auf die Räder gestellt.
Der ehrenamtliche Museums-Chef Danny Schwalbe (52) blättert im Genex-Katalog. Mit seinem Verein hat er eine sehenswerte Ausstellung auf die Räder gestellt.  © Uwe Meinhold
Mit viel Herzblut hat der Autosammler Gerrit Crummenerl (52) viele Fahrzeuge, die einst über DDR-Straßen holperten, bis zur Neuwagen-Optik restauriert. Hier der Mercedes des legendären Rechtsanwalts Wolfgang Vogel.
Mit viel Herzblut hat der Autosammler Gerrit Crummenerl (52) viele Fahrzeuge, die einst über DDR-Straßen holperten, bis zur Neuwagen-Optik restauriert. Hier der Mercedes des legendären Rechtsanwalts Wolfgang Vogel.  © Ralf Seegers
Wolfgang Vogel bei einem Interview in seinem goldfarbenen Mercedes. Seit dem Mauerbau war er der ostdeutsche Chefunterhändler für den Austausch politischer Gefangener.
Wolfgang Vogel bei einem Interview in seinem goldfarbenen Mercedes. Seit dem Mauerbau war er der ostdeutsche Chefunterhändler für den Austausch politischer Gefangener.  © privat
In Vogels Wagen gab es ein weiteres Pedal. Hier schaltete er eine Sirene ein.
In Vogels Wagen gab es ein weiteres Pedal. Hier schaltete er eine Sirene ein.  © Ralf Seegers
Auch die luxuriöse Innenausstattung für den Spitzendealer der DDR wurde liebevoll erneuert.
Auch die luxuriöse Innenausstattung für den Spitzendealer der DDR wurde liebevoll erneuert.  © Ralf Seegers

Katarina Witt bezahlte erstes Auto in Ostmark

Vor wenigen Wochen traf Kati Witt in Leipzig unverhofft ihren ersten VW Golf wieder - sie war völlig überwältigt. Das Auto steht gerade im Museum.
Vor wenigen Wochen traf Kati Witt in Leipzig unverhofft ihren ersten VW Golf wieder - sie war völlig überwältigt. Das Auto steht gerade im Museum.  © Hendryk Meyer

Auch Olympiasiegerin Katarina Witt (58) bezahlte ihr erstes Auto, einen knallroten Golf, in Ostmark. Es befindet sich jetzt im Besitz des Autosammlers Gerrit Crummenerl aus Brandis bei Leipzig, der den Großteil der Exponate für die Sonderausstellung "Unerreichbar nah - Westimporte & Genex" im Oldtimer-Museum Culitzsch in Wilkau-Haßlau zur Verfügung gestellt hat.

Diese hat bis 3. November geöffnet und lohnt sich nicht nur für Auto-Freaks.

Info: htc-ev.de, genex.de.

Titelfoto: Bildmontage: Uwe Meinhold (3), Uwe Meinhold/Wikipedia

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