"Tag X"-Demo nach Urteil gegen Lina E.: Polizei erwartet größten Einsatz der vergangenen zwei Jahre

Leipzig - Am morgigen Mittwoch soll das Urteil im sogenannten "Antifa-Ost-Prozess" gegen Lina E. (28) und drei weitere Angeklagte fallen. Bereits seit Wochen rufen linksautonome Gruppen intensiv zu großangelegten Demonstrationen am Samstag nach der Urteilsverkündung auf. Im Fokus: Leipzig, wo die sogenannte Tag-X-Demo stattfinden soll. Die Polizei der Messestadt bereitet sich auf den größten Einsatz der vergangenen zwei Jahre vor.

Polizisten bei einer Demo in Leipzig im April 2022. Angesichts der Tag-X-Demo sowie weiterer Großveranstaltungen innerhalb der Messestadt erwartet Leipzigs Polizeidirektion fürs Wochenende den größten Einsatz der vergangenen zwei Jahre.
Polizisten bei einer Demo in Leipzig im April 2022. Angesichts der Tag-X-Demo sowie weiterer Großveranstaltungen innerhalb der Messestadt erwartet Leipzigs Polizeidirektion fürs Wochenende den größten Einsatz der vergangenen zwei Jahre.  © Sebastian Willnow/dpa

Für Leipzigs Polizei geht es dabei nicht nur darum, die Demo abzusichern. Zeitgleich zum Protest wird in der City das 30. Jubiläum des Leipziger Stadtfests gefeiert, Herbert Grönemeyer (67) gastiert in der Red Bull Arena und im Bruno-Plache-Stadion treffen Lok Leipzig und der Chemnitzer FC im Sachsenpokal-Finale aufeinander.

Leipzigs Polizeidirektion hat sich jedoch am Dienstag für eine Verschiebung des Pokalspiels ausgesprochen. Zwar sei über das sächsische Innenministerium bereits Unterstützung aus allen Bundesländern für den Einsatz am Samstag angefordert worden. Bisher könne jedoch nicht abgeschätzt werden, wie viele Kräfte schließlich kommen.

Weil Teile der linken Szene bereits im Vorfeld mit Gewalt gedroht und Schäden an Objekten von Behörden, der Justiz und Unternehmen angekündigt hätten, müsse Leipzigs Polizei ihren Fokus auf die Demo legen und könne nicht alle geplanten Veranstaltungen absichern.

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Die Aussprache für eine Spielabsage seitens der Leipziger Polizei sei "nicht leicht gefallen, war faktisch aber nicht anders möglich."

Ob es tatsächlich zu einer Absage kommt, ist derzeit noch unklar. Eine Sicherheitskonferenz am Dienstag brachte keine Entscheidung. Sollte es dazu kommen, hat der Sächsische Fußballverband bereits angekündigt, rechtliche Schritte einleiten zu wollen. Die Entscheidung liege nun bei der Stadt, die diese bis Freitag fällen will.

Tag-X-Demo auf eine Ebene mit G20 in Hamburg gesetzt

Seit mittlerweile zwei Jahren mobilisieren linke Gruppierungen für die Tag-X-Demo, teils sogar europaweit. Darunter fänden sich laut Polizei "zum Teil massive Gewaltankündigungen".
Seit mittlerweile zwei Jahren mobilisieren linke Gruppierungen für die Tag-X-Demo, teils sogar europaweit. Darunter fänden sich laut Polizei "zum Teil massive Gewaltankündigungen".  © Jan Woitas/dpa

Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, mobilisiere die linke Szene inzwischen seit etwa zwei Jahren für die Tag-X-Demo. Darunter fänden sich immer wieder Aufrufe zu militanten Aktionen und "zum Teil massive Gewaltankündigungen". So forderte zuletzt ein "Autonomes Tag-X-Vorbereitungskomitee" auf der Plattform "indymedia", "nach dem Urteil ein militantes Zeichen zu setzen".

"Wir alle müssen am Tag X zeigen, dass der Preis für die Verurteilung von Lina sehr hoch sein wird", heißt es dazu. "So hoch, dass sich jeder LKA-Büttel, jedes Gericht, jede Staatsanwaltschaft bundesweit in Zukunft sehr gründlich überlegt, ob sie bereit ist, den Preis für ihren Strafverfolgungseifer zu zahlen."

Die Tag-X-Demo in Leipzig wird dabei auf eine Ebene mit den Aktionen rund um den G8-Gipfel 2007 in Rostock sowie den G20-Ausschreitungen 2017 in Hamburg gestellt.

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"Alle der Polizeidirektion Leipzig vorliegenden Erkenntnisse lassen prognostisch den Schluss zu, dass auch gewaltbereite und Gewalt-suchende Personen nach Leipzig reisen und Straftaten begehen werden", so die Behörde, die sich auf einen Einsatz "mit hohem Schadenspotenzial" einstelle.

Die sächsische Bereitschaftspolizei unterstütze bereits seit vergangener Woche die Leipziger Polizei, um mögliche Aktionen im Vorfeld der Tag-X-Demo so weit wie möglich zu verhindern.

Linke Gruppierungen distanzieren sich von Gewaltaufrufen

Lina E. (28), die Hauptangeklagte im Antifa-Ost-Prozess, hat sich laut Polizei inzwischen zu einer Symbolfigur der linken Szene im Kampf gegen angebliche Repression des Staates entwickelt.
Lina E. (28), die Hauptangeklagte im Antifa-Ost-Prozess, hat sich laut Polizei inzwischen zu einer Symbolfigur der linken Szene im Kampf gegen angebliche Repression des Staates entwickelt.  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Unklar ist aktuell noch, wie genau die Demo verlaufen soll. Zwar kursiert seit einigen Tagen ein Flyer in sozialen Netzwerken, laut dem es um 17 Uhr mit einer Kundgebung auf der Wolfgang-Heinze-Straße losgehen und ein Demozug von dort aus Richtung Hauptbahnhof ziehen soll.

Seitens der Behörden hieß es indes jedoch, dass man sich noch in Absprachen befinde. "Aktuell können noch keine Angaben zum Verlauf, zu möglichen Auflagen oder gar einem Versammlungsverbot getroffen werden."

Am Dienstagnachmittag verkündete das Ordnungsamt, das Versammlungsrecht am Wochenende einschränken zu wollen. Demnach müssen alle Demos mit Bezug auf Lina E. bis spätestens Mittwoch (31. Mai) um Mitternacht angemeldet werden. Die Organisation von und Teilnahme an Spontandemos oder ähnlichen Versammlungen am Samstag und Sonntag sind hingegen untersagt.

Die Polizei wies darauf hin, dass sich der Einsatz am Samstag auf das gesamte Stadtgebiet erstrecken wird. Neben mehreren Hundertschaften würden dabei auch Wasserwerfer, Lautsprecherwagen und Polizeihubschrauber präsent sein. Einheiten müssten immer wieder verlagert werden und würden aufgrund möglicher Ausschreitungen Raum zum Handeln benötigen. Die Polizei bat diesbezüglich um Verständnis.

Auch innerhalb der linken Szene scheint man sich indes noch uneins, wie die Tag-X-Demo vonstattengehen soll. So hat sich die Gruppe "Antifa Ost" einem Bericht der "Bild" zufolge direkt von den Forderungen des "Tag-X-Vorbereitungskomitees" distanziert. "Der Aufruf wurde weder von uns verfasst noch teilen wir diesen inhaltlich", zitiert die Zeitung die Gruppe.

Das Leipziger LinXXnet teilte via Twitter einen offenen Brief, in dem es hieß: "Wir wünschen uns von den Organisator*innen und Teilnehmer*innen der Demonstration, dass sie Leipzig und Connewitz nicht 'zerkloppen' und wir ebenfalls an der Versammlung teilnehmen können".

Einig scheint man sich auf "indymedia" derweil über eines zu sein: Sollte die Demo von den Behörden vorab untersagt werden, wolle man trotzdem nach Leipzig kommen und auf die Straße gehen.

Titelfoto: Sebastian Willnow/dpa

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