Deutsches ESC-Debakel: Welche Schuld trägt der NDR? "Lord of the Lost" machen Andeutung

Liverpool - Und wieder lässt eine deutsche Vollpleite beim Eurovision Song Contest (ESC) Kritik am Norddeutschhen Rundfunk (NDR) aufkeimen. Nachdem der deutsche Act Lord of the Lost ("Blood & Glitter") mit kläglichen 18 Punkten auf dem letzten Platz gelandet ist, machte die Dark-Rock-Band Andeutungen, was sich in Zukunft für einen heiß-ersehnten ESC-Erfolg ändern müsste.

Der deutsche Act für den ESC, Lord of the Lost, ist im Finale auf dem letzten Platz gelandet.
Der deutsche Act für den ESC, Lord of the Lost, ist im Finale auf dem letzten Platz gelandet.  © Peter Kneffel/dpa

"Uns geht es auf jeden Fall gut. Ich glaube, wir können uns keine Vorwürfe machen, dass wir nicht alles gegeben hätten", waren sich alle Lord-of-the-Lost-Mitglieder nach ihrem fulminanten Feuerfontänen-Auftritt im ESC-Finale am gestrigen Samstagabend einig.

Einen Hauch Selbstkritik gab es angesichts der ernüchternden Platzierung dennoch. Es sei gelungen, die Zuschauer zu begeistern, "maßgeblich natürlich im Publikum, vielleicht noch nicht ganz so sehr im Fernsehen", gestand Bassist Klaas Helmecke (41) im "Aftershow"-Interview (ARD).

Die Band habe "ein fantastisches Fundament gegossen für eine Neuausrichtung für Deutschland". Und dass diese dringend benötigt wird, ist für viele ESC-Fans klare Sache.

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Immerhin ist die deutsche Bilanz der letzten Jahre beim europäischen Musik-Wettbewerb der Superlative zum Großteil desaströs: Seit dem Sieg von Lena Meyer-Landrut 2010, landete Deutschland achtmal auf den hinteren Rängen, mehrfach sogar auf dem letzten Platz.

Auf der Suche nach dem Grund äußerten Fans immer wieder verstärkte Kritik am NDR, welcher seit 1996 (mit wenigen Ausnahmen) den nationalen Vorentscheid veranstaltet. Der Vorwurf unter anderem: Intransparenz bei der internen Vorauswahl der Kandidaten und ein zu geringes Mitspracherecht für das Publikum.

Lord of the Lost über deutsche Einstellung zum ESC: "Alles ist scheiße für Deutschland"

Lord of the Lost hatten sich im nationalen ESC-Vorentscheid des NDR als deutscher Stellvertreter qualifiziert.
Lord of the Lost hatten sich im nationalen ESC-Vorentscheid des NDR als deutscher Stellvertreter qualifiziert.  © Peter Kneffel/dpa

Man habe "mit der deutschen Delegation des NDR eine Richtung vorgegeben, die seinesgleichen sucht", erklärte Bassist Helmecke wohl absichtlich doppeldeutig. Dass seine Band-Kollegen im Hintergrund in zynisch wirkendes Gelächter ausbrachen, verdeutlichte, dass die Aussage kaum als Lob, sondern viel mehr als verblümte Kritik gedeutet werden dürfte.

Deutschland müsse über seinen Schatten springen, nach dem Motto: "Wir sind letzte, lasst uns doch einfach mal nach vorne arbeiten - mit Zuversicht, Liebe und Support."

"Aber man muss halt erst mal das Fundament gießen", merkte Helmecke an. "Keiner sieht ein schönes Gebäude, alles ist scheiße für Deutschland. Aber der Architekt weiß, dass wir in die richtige Richtung planen."

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Den Künstlern müsste auf ihrem Weg zum Erfolg Rückhalt entgegengebracht werden. Es brauche die Lust daran, "nach vorne zu schauen und sich auszurichten". "Dann kann bei uns eigentlich nichts mehr schiefgehen."

Lord of the Lost hatten im deutschen Vorentscheid von den vom NDR eingesetzten Jurys lediglich 43 Punkte (Platz 5) erhalten. Das Publikum hatte die Band im zweiten Voting mit 146 Punkten (Platz 1) erheblich besser bewertet und als deutschen Act zum ESC-Finale geschickt.

NDR will sich nach erneuter ESC-Pleite "der Diskussion stellen"

Der NDR kündigte am Sonntag nach der Pleite an, dass man Ursachenforschung betreiben wolle. "Wir sind mit einem außergewöhnlichen Act gestartet, der überhaupt nicht das Ergebnis erzielt hat, das wir uns gewünscht haben. Das ist sehr, sehr enttäuschend und ernüchternd", sagte der Chef des ARD-Teams für den Contest beim NDR, Andreas Gerling, laut einer Mitteilung.

"Wir hatten im Auswahlverfahren auf die Ausweitung der musikalischen Genres gesetzt. Der Diskussion und Überlegung, warum sich auch dieser Titel beim ESC nicht verfangen hat, müssen und werden wir uns jetzt stellen", hieß es weiter.

Titelfoto: Peter Kneffel/dpa

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