20 Flüchtlinge als Azubis im Autohaus: Was ist zehn Jahre später aus ihnen geworden?
Nordhausen - Im Zuge der ersten großen Flüchtlingswelle im Jahr 2015 stellte Helmut Peter, Geschäftsführer der Autohaus-Peter-Gruppe, 20 Asylbewerber als Azubis ein. Sie sollten zu Kfz-Mechatronikern ausgebildet werden. Was ist aus ihnen geworden?
 
                                                                                                            
    
            2019 endete die Ausbildung der ersten Flüchtlinge des Pilotprojektes. Von 20 Azubis schafften sechs ihren Abschluss. Im Autohaus in Nordhausen hielt es allerdings keinen von ihnen, wie die MDR-Sendung "Umschau" berichtet.
Sieben der ehemaligen Auszubildenden wichen in unqualifizierte Jobs aus. Ein ehemaliger Azubi aus dem Irak betreibt heute einen Hausmeisterservice und fährt Zeitungen aus. Ein Flüchtling aus Eritrea ist mittlerweile Hilfsarbeiter in einer Großbäckerei. Ein Syrer ist Fahrlehrer geworden und arbeitet außerdem im Dönerladen seiner Frau.
Fünf der damaligen Azubis sind inzwischen in ihre Heimat zurückgekehrt. Ein Asylbewerber sitzt im Gefängnis in Suhl-Goldlauter und nach einem ehemaligen Auszubildenden wird mittlerweile gefahndet. Der Mann aus Eritrea, der seine Ausbildung im Autohaus nach drei Monaten beendete, soll heute in einem sozialen Brennpunkt in Dortmund-Nord leben und bei einem ehemaligen Vermieter rund 4000 Euro Mietschulden haben.
Achit Tölle, der im Nordhäuser Autohaus für die Azubis als Ausbildungsleiter fungierte, bilanzierte das Projekt in der Sendung "Umschau" als "ernüchternd". Als im August 2017 das erste Lehrjahr zu Ende war, hatten bereits elf von 20 Azubis abgebrochen. Ein Rückschlag für Tölle, der laut eigener Aussage viel Zeit und Herzblut in dieses Projekt gesteckt hatte.
Duale Ausbildung ist zu viel für viele Azubis gewesen
 
                                                                                                            
    
            Einer, der ebenfalls vorzeitig ausgestiegen ist, war Michael Teclom. Als das Pilotprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, galt er noch als der Vorzeige-Azubi, doch im zweiten Lehrjahr kam er nicht mehr mit und brach ab. Unter anderem das Gehalt genügte ihm nicht. Heute arbeitet er als Logistiker in Baden-Württemberg.
In ihrer jeweiligen Heimat hatten viele Asylbewerber bereits Autos repariert. Die Praxis war nicht das Problem, sondern die Theorie. Dreimal pro Woche saßen sie auf der Schulbank, doch die duale Ausbildung war für viele zu viel. "Die hatten total andere Erwartungen. Wie hier eine Ausbildung abläuft, war für sie wie ein Studium", erklärte Ausbildungsleiter Tölle in der MDR-Sendung "Umschau".
Hinzu kommt der Ausbildungslohn. Wie alle anderen Auszubildenden bekommen auch die Asylbewerber eine rechte schmale Vergütung. Ein Umstand, den sich viele vor ihrer Flucht anders vorgestellt hatten.
In der "Umschau" erklärt Autohaus-Chef Helmut Peter, dass er dieses Projekt wieder angehen würde. Thüringens ehemaliger Ministerpräsident Bodo Ramelow (69, Linke) bilanzierte, dass das Projekt nur gemessen an den Zahlen nicht der große Erfolg war. Gemessen am Lerneffekt, den alle Beteiligten hatten, bezeichnete der Linke-Politiker das Vorhaben jedoch als großen Erfolg.
Titelfoto: IMAGO / ari
 
                    