Heftiges Erdbeben vor Russlands Küste löst Tsunami-Warnung für Japan und USA aus

Von Marc Kalpidis, Lars Nicolaysen, Anna Ringle, Carola Frentzen, Katharina Schröder

Moskau/Tokio/Washington - Ein schweres Erdbeben vor der russischen Halbinsel Kamtschatka hat Warnungen vor Tsunami-Wellen an den östlichen Küsten Russlands und Japans sowie in westlichen Bundesstaaten der USA ausgelöst.

Meterhohe Wellen brandeten an die Küste Russlands, nachdem es vor der Halbinsel Kamtschatka ein heftiges Erdbeben gegeben hatte.
Meterhohe Wellen brandeten an die Küste Russlands, nachdem es vor der Halbinsel Kamtschatka ein heftiges Erdbeben gegeben hatte.  © Uncredited/Geophysical Service of the Russian Academy of Sciences/AP/dpa

Mit einer Stärke von 8,8 war das Beben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011 - und wurde seit Beginn der Messungen überhaupt nur von fünf Beben übertroffen.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass gab die Stärke mit 8,7 an, das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam mit 7,8. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas, und relativ tief unter dem Meeresboden.

Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften handelte es sich um das heftigste Erdbeben auf der Kamtschatka seit 1952. Mit weiteren Nachbeben sei noch etwa einen Monat lang zu rechnen, sie könnten Stärken von bis zu 7,5 erreichen.

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In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski rannten laut Tass verängstigte Menschen barfuß ins Freie. Kleiderschränke stürzten um, Autos rutschten über wackelnde Straßen und ein Kindergarten-Gebäude wurde schwer beschädigt. Zeitweise sei das Strom- und Telefonnetz zusammengebrochen.

In der russischen Region Sachalin wurden Küstenbewohner vorsichtshalber evakuiert. Stellenweise brandeten laut Tass Tsunami-Wellen von drei bis vier Metern Höhe an Land. Berichte über Verletzte oder gar Tote gab es zunächst nicht.

Im Norden der Inselgruppe Kurilen kam es dabei zu Überschwemmungen. Es habe vier Tsunami-Wellen gegeben, sagte Alexander Owsjannikow, Verwaltungschef im Kreis Sewero-Kurilsk auf der Insel Paramuschir. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden der Hafen der Stadt Sewero-Kurilsk und ein Fischereiunternehmen dort teilweise überflutet. Die Bevölkerung sei evakuiert worden, darunter auch 60 Urlauber.

Infolge des Erdbebens wurde ein Kindergarten schwer beschädigt.
Infolge des Erdbebens wurde ein Kindergarten schwer beschädigt.  © Uncredited/Russian Emergency Ministry Press Service/AP/dpa

Evakuierungsaufrufe auch in Japan und auf Hawaii

Menschen folgten den Anweisungen der japanischen Regierung und flüchteten sich vor den Flutwellen in höher gelegene Gebiete.
Menschen folgten den Anweisungen der japanischen Regierung und flüchteten sich vor den Flutwellen in höher gelegene Gebiete.  © Muneyoshi Someya/Kyodo News/AP/dpa

Die japanischen Behörden stuften ihre Tsunami-Warnung am Vormittag (Ortszeit) hoch: An der Pazifikküste drohten demnach bis zu drei Meter hohe Flutwellen, vor denen Anwohner in höher gelegenen Gegenden Schutz suchen sollten.

An der Küste der nordöstlichen Präfektur Miyagi wurden zunächst Flutwellen von 50 Zentimetern Höhe registriert, in anderen Präfekturen wie Fukushima, Hokkaido und Aomori Wellen von bis zu 40 Zentimetern Höhe, wie der japanische Fernsehsender NHK meldete. Berichte über Probleme in Atomkraftwerken gebe es nicht.

Inzwischen sei an Japans Pazifikküste eine mehr als einen Meter hohe Flutwelle eingetroffen. In einem Hafen der nordöstlichen Präfektur Iwate sei eine 1,30 Meter hohe Welle registriert worden, berichteten lokale Medien. An der Küste anderer Präfekturen wurden Flutwellen von bis zu 80 Zentimetern beobachtet.

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Die japanische Regierung richtete einen Krisenstab ein. Ministerpräsident Shigeru Ishiba rief die Menschen auf, sich in höher gelegene Gebiete oder Evakuierungsgebäude zu begeben. Nach Aussagen eines Regierungssprechers gab es jedoch zunächst weder Berichte über Opfer noch über Schäden.

Das staatliche Tsunami-Frühwarnsystem in den USA sprach ebenfalls von Wellen von bis zu drei Metern Höhe, die die Küste des Tausende Kilometer vom Zentrum des Bebens entfernten Bundesstaats Hawaii kurz nach 7 Uhr am deutschen Morgen erreichen könnten. Küstenbewohner sollten die gefährdeten Gebiete sofort verlassen oder in mindestens zehnstöckigen Gebäuden Schutz suchen, hieß es.

Auf Hawaii bildeten sich kilometerlange Staus, nachdem die Menschen die Tsunami-Evakuierungswarnung beherzigt hatten.
Auf Hawaii bildeten sich kilometerlange Staus, nachdem die Menschen die Tsunami-Evakuierungswarnung beherzigt hatten.  © Uncredited/AP/dpa

Schulen auf den Philippinen teilweise geschlossen

Außerdem sollten Schiffe auf Geheiß der US-Küstenwache die Häfen von Hawaii verlassen, um nicht von den Wellen an Land gespült zu werden. Inzwischen wurden die Häfen komplett geschlossen, die Küstenwache wies Handelsschiffe, die Häfen ansteuern wollten, an, vor der Küste zu bleiben. Auch für Alaskas Westküste wurde eine Tsunami-Warnung erlassen.

Weiter entfernte Pazifikstaaten wie die Philippinen und Indonesien wappneten sich ebenfalls für drohende Flutwellen. So wurden auf den Philippinen teilweise Schulen geschlossen. Kinder, deren Unterricht in Küstennähe stattfand, seien in drei südlichen Provinzen nach Hause geschickt worden, berichtete der Sender GMA unter Berufung auf die Behörden.

Auch Strandresorts und Regierungsbüros in der Nähe von Tsunami-gefährdeten Gebieten wurden vorübergehend geschlossen.

Erstmeldung: 30. Juli, 6.29 Uhr; zuletzt aktualisiert: 9.11 Uhr

Titelfoto: Bildmontage: Uncredited/Geophysical Service of the Russian Academy of Sciences/AP/dpa / Uncredited/Russian Emergency Ministry Press Service/AP/dpa

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