Prozess gegen Stephan Balliet: Polizisten sagen zum Terror-Einsatz von Halle vor Gericht aus

Magdeburg - Im Prozess um den rechtsextremen Terroranschlag von Halle sollen mehrere Polizisten befragt werden, die am Tattag vor Ort waren. 

Stephan Balliet (28) steht wegen eines rechtsextremen Terroranschlags vor Gericht: Er wollte in der Synagoge Halle ein Massaker anrichten.
Stephan Balliet (28) steht wegen eines rechtsextremen Terroranschlags vor Gericht: Er wollte in der Synagoge Halle ein Massaker anrichten.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Für den 13. Verhandlungstag am Mittwoch seien vier Polizeibeamte geladen, sagte ein Gerichtssprecher. Zudem sollen zwei weitere Besucher der Synagoge als Zeugen gehört werden.

Seit Juli arbeitet der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Naumburg den Terroranschlag vom 9. Oktober 2019 auf. Aus Platzgründen wird in einem Saal des Magdeburger Landgerichts verhandelt. 

Angeklagt ist ein 28 Jahre alter Deutscher. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Sachsen-Anhalter vor, "aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus einen Mordanschlag auf Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens" geplant zu haben.

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Der Angeklagte räumte zu Prozessbeginn ein, schwer bewaffnet versucht zu haben, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten.

Als das misslang, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin. Im Anschluss tötete er in einem nahen Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann. 

Der Angeklagte Stephan Balliet (28) kommt aus einem kleinen Ort in Mansfeld-Südharz.

Update, 16.55 Uhr:

Ursula Mertens, Vorsitzende Richterin, ruft die Verhandlung gegen den angeklagten Stephan Balliet auf.
Ursula Mertens, Vorsitzende Richterin, ruft die Verhandlung gegen den angeklagten Stephan Balliet auf.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Die drei Polizisten, die am 9. Oktober 2019 das Feuer erwiderten und versuchten, den Attentäter zu stoppen, sagten am Mittwoch stundenlang als Zeugen vor dem Oberlandesgericht aus. 

Ob ihnen klar gewesen sei, dass es um Leben und Tod gehe, fragt ein Anwalt der Nebenklage die 33-jährige Polizistin, die den Streifenwagen steuerte: "In dem Moment, in dem jemand mit einer Langwaffe auf Sie zielt, dann denken Sie auch, es ist gleich vorbei."

Zuvor hatte ihr gleichaltiger Kollege ausgesagt, der die einzige Maschinenpistole aus dem Funkwagen nahm, auf eine Distanz von etwa 50 Metern auf den Angeklagten schoss und ihn am Hals traf. Vorher habe er noch keinen Schusswechsel im Dienst mitgemacht.

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Die Polizisten hatten vor Ort Passanten wahrgenommen, auch Autos fuhren durch die noch nicht abgesperrte Innenstadt. Trotzdem habe er auf das Auto des Täters geschossen, sagte der 33-Jährige. Das habe ihn Überwindung gekostet.

Die beiden Polizisten waren nach dem Einsatz zunächst dienstunfähig, beiden wurde eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert. Relativ schnell waren sie allerdings wieder im Einsatz. Ihr 51-jähriger Kollege, der auch im beschossenen Streifenwagen saß, gab nach 25 Jahren den Job als Streifenpolizist auf und wechselte in den Innendienst. "Ich habe gemerkt, dass der Dienst nicht mehr so sein wird, wie er mal war", sagt der 51-Jährige. "Ich bin schon mit einem mulmigen Gefühl rausgefahren, manchmal auch mit Angst."

Nach ihren Schilderungen reagieren die Polizisten auch auf die Kritik am Einsatz, vor allem daran, dass die Beamten nach den ersten Notrufen an der Synagoge zu spät am Tatort gewesen seien. "Kritik kann ich an diesem Polizeieinsatz nicht nachvollziehen", sagt der 33-Jährige, der auf den Attentäter schoss. Er habe seine Kollegin noch nie so schnell fahren sehen, wie an diesem Tag.

Zudem seien die Regeln beachtet worden, die für lebensbedrohliche Einsätze gelten würden, etwa das Sichern von Tatorten und das Anlegen besonderer Schutzkleidung. "Wir haben alle das Ziel, jeden Abend gesund nach Hause zu kommen, wie alle anderen."

Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

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