Polizei sprengt Reichsbürger-Party in Sachsen! Großalarm im "Königreich"

Boxberg - Seit mehr als zwei Jahren haben die Reichsbürger vom "Königreich Deutschland" (KRD) das Schloss Bärwalde in Beschlag genommen. Am Wochenende lud Peter Fitzek (58), selbsternannter König, zu einem Festival dorthin. Ein Großaufgebot der Polizei setzte das Verbot durch.

Polizeirat Tobias Sprunk (37) und Boxbergs Bürgermeister Hendry Balko (36) sprachen Details des Einsatzes ab.
Polizeirat Tobias Sprunk (37) und Boxbergs Bürgermeister Hendry Balko (36) sprachen Details des Einsatzes ab.  © Petra Hornig

149 Einwohner zählt Bärwalde, Ortsteil von Boxberg in der Oberlausitz, mehr als doppelt so viele Besucher sollten zu dem Reichsbürger-Festival ins Schloss kommen. Für Wohnzimmer, Schlosssaal, Veranstaltungshalle, Jurte und das Außengelände war jeweils ein zweitägiges Programm geplant.

Darunter eine Podiumsdiskussion zwischen Fitzek und Neonazi Nikolai "Volkslehrer" Nerling (43) über Medien und ein Volkstanzkurs. Übernachten sollten die Gäste in Zelten auf der Wiese.

Dem machte die Gemeinde einen Strich durch die Rechnung und erließ ein Verbot. "Es muss für so eine Veranstaltung unter anderem ein Sicherheitskonzept vorgelegt werden", begründet Boxbergs Bürgermeister Hendryk Balko (36). "Es bedarf auch einer Ausschankgenehmigung, eines Parkkonzepts." Sehen die Reichsbürger anders.

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"Es handelte sich um eine interne, keine öffentliche Veranstaltung", behauptet Marco Ginzel (35), Projektleiter des Objekts Bärwalde. "Es war nur für Zu- und Angehörige des Königreichs Deutschland." Eine Finte: Denn tatsächlich war geplant, dass man vor Ort auch eine vorübergehende Staatszugehörigkeit kaufen konnte ...

Am Bärwalder Schlosszaun hat das Königreich ein Pseudo-Grenze errichtet.
Am Bärwalder Schlosszaun hat das Königreich ein Pseudo-Grenze errichtet.  © Petra Hornig
Zum Brunch mit dem Bürgermeister fanden sich rund 80 Teilnehmer ein.
Zum Brunch mit dem Bürgermeister fanden sich rund 80 Teilnehmer ein.  © Petra Hornig

In Boxberg ist die Meinung über das "Königreich" gespalten

Gabi (54) ist hunderte Kilometer aus Frankfurt angereist, um sich das Königreich mal anzusehen.
Gabi (54) ist hunderte Kilometer aus Frankfurt angereist, um sich das Königreich mal anzusehen.  © Petra Hornig

So reiste unter anderem Gabi (54) aus Frankfurt/Main an: "Ich bin weder Zu- noch Angehörige des Königreichs", sagt sie. "Es existiert Korruption in allen westlichen Ländern, ich wollte mir die Alternative dazu mal ansehen."

Rechtsextremismus will sie keinen gesehen haben, vom "Volkslehrer" Nerling habe sie noch nie gehört. Nachdem die Frau nicht zum Schloss gelassen wurde, wollte sie stattdessen am Strand des Bärwalder Sees spazieren gehen.

Direkt gegenüber des Schlosszauns hatten sich derweil rund 80 Leute zum Brunch mit dem Bürgermeister verabredet. Viele davon aus Bärwalde, denn die Polizei wies viele Ortsfremde ab, um das Verbot durchzusetzen. Im Ort selbst ist die Meinung über das "Königreich" gespalten. "Ich begrüße es, dass so ein Schloss weiterbetrieben wird", sagt Eckard Zschippang (71), langjähriger Chef des Heimatvereins. "Aufgrund ihres Auftretens kann ich nichts Negatives sagen, für mich sind das keine Bösen."

Mit schwarz-weiß-roten Fahnen: Hunderte Reichsbürger in Gera
Reichsbürger Mit schwarz-weiß-roten Fahnen: Hunderte Reichsbürger in Gera

Kritischer sieht es Ortsvorsteher Frank Zschippang (61): "Wir sind nicht glücklich, aber es haben sich immer wieder sogenannte Investoren gemeldet und nichts ist passiert. Wir hätten gerne wieder unsere Ruhe!"

Das KRD hatte sich auf rund 400 Besucher vorbereitet.
Das KRD hatte sich auf rund 400 Besucher vorbereitet.  © Petra Hornig
Die Polizei kontrollierte hunderte Fahrzeuge, fast 300 Personen wurden abgewiesen.
Die Polizei kontrollierte hunderte Fahrzeuge, fast 300 Personen wurden abgewiesen.  © Petra Hornig

Nicht jeder KRD-"Staatsangehörige" versteht sich als Gegner der BRD

Reichsbürger Martin Haas (61, r.) erklärt vor Journalisten, wie er zum Königreich kam.
Reichsbürger Martin Haas (61, r.) erklärt vor Journalisten, wie er zum Königreich kam.  © Petra Hornig

Von Ruhe war jedoch wenig zu spüren: Über dem Dorf kreiste der Polizeihubschrauber, an allen Einfahrtsstraßen gab es Kontrollen. "Bis 6 Uhr haben wir 153 Personen abgewiesen", sagt Polizeirat Tobias Sprunk (37). Bis zum Samstagabend erhöhte sich die Zahl auf 291. "Wir stellten eine Trunkenheitsfahrt, einmal Fahren ohne Fahrerlaubnis und viermal Urkundenfälschung fest."

Wegen Urkundenfälschung wird auch gegen Martin Haas (62) ermittelt: "Mein KRD-Ausweis wurde sichergestellt", sagt der KRD-"Staatsangehörige". "Ich bin schon seit einer Woche hier, habe bei der Vorbereitung geholfen."

Er ist seit einem Jahr beim "Königreich", hat mittlerweile bis zu 4000 Euro für Prüfungen, Seminare und Fantasiepapiere ausgegeben. Er sieht sich nicht als Gegner der BRD, ist aber durch sein Interesse an indischen Religionen zu einem Fan von Königreichen geworden. "Wenn man einen sehr guten König hat, kann das besser sein. Wenn man eine gute Diktatur hätte, wäre das schön."

Den sieht er in Peter Fitzek, wenngleich er bei ihm auch eine autoritäre Komponente erkennt: "Er weiß eben, wie es gemacht werden sollte." Denn Fitzek steht seit elf Jahren an der Spitze des Königreichs, verspricht, sich von seinen Bürgern wählen zu lassen. "Um Bürger zu werden, muss man sich aber qualifizieren", sagt Haas.

"Doch den Maßstab dafür und wie das laufen soll, das gibt es heute noch nicht."

Königlich sind in Bärwalde auch die Preise.
Königlich sind in Bärwalde auch die Preise.  © Petra Hornig

Braune Freundlichkeit - ein Kommentar von Eric Hofmann

TAG24-Redakteur Eric Hofmann.
TAG24-Redakteur Eric Hofmann.  © Eric Münch

Sie behaupten keine Nazis oder Extremisten zu sein, bieten Yoga-Kurse an und treten wie ein paar hippiemäßige Aussteiger auf. Tatsächlich werden auch viele Anhänger des Königreichs Deutschland glauben, nichts mit Nazis zu tun haben. Selbst wenn sie Vorträge des Neonazis Nikolai Nerling besuchen, selbst wenn für alles mögliche Unheil auf der Welt Juden die Schuld gegeben wird.

Das freundlich-friedliche Auftreten vieler Fans des "Königs von Deutschland" ist keine Maskerade, so ticken viele tatsächlich. Das heißt nicht, dass ihr Denken nicht trotzdem gefährlich ist und irgendwann auch zu abscheulichen Taten führen kann. Es ist ein Trugschluss, dass Extremisten nur wütende Schlägertypen sein müssen, die keine drei Worte herausbekommen und lieber die Fäuste sprechen lassen.

Redet man mit "Staatsangehörigen" des "Königreichs" kommt schnell heraus, dass dort niemand ein Mitspracherecht hat. Seit elf Jahren hat man in der Gruppe noch keinen einzigen Bürger, der aus Sicht des "Königs" qualifiziert genug wäre, ihn abzuwählen. Er ist also anders als dargestellt kein Wahlkönig, sondern ein Diktator über sein Pseudoreich, verbreitet dazu Antisemitismus und kooperiert mit Neonazis.

Dass das die Anhänger teils selbst nicht wahrhaben wollen, macht sie so gefährlich. Viele Bärwalder nehmen nur das Lächeln, das bisschen Esoterik war. Die Gefahr, dass damit auch die braune Ideologie Schluck für Schluck ins Volk einsickert, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Idee des Bürgermeisters, künftig Vortragsveranstaltungen abzuhalten, die über das tatsächliche Denken der Reichsbürger aufklären, könnte ein erster Schritt sein, das zu erschweren.

Vielleicht bringt es auch einige der "Staatsbürger" zum Nachdenken, ob ihr Wunsch nach Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung dort nicht einfach nur ausgenutzt wird.

Titelfoto: Montage: Petra Hornig

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