"Reichsbürger"-Szene in Bayern erreicht neue Höhen: "Horten Waffen und sind gewaltbereit"

München - Die Zahl der identifizierten "Reichsbürger" in Bayern hat einen neuen Höchststand erreicht. Viele sind nach Einschätzung der Behörden gewaltbereit.

Reichsflaggen werden bei einer "Reichsbürger"-Kundgebung in Magdeburg im vergangenen Jahr hochgehalten.
Reichsflaggen werden bei einer "Reichsbürger"-Kundgebung in Magdeburg im vergangenen Jahr hochgehalten.  © Heiko Rebsch/dpa

Zum 31. Dezember 2023 wurden 5406 Personen als Mitglieder der Szene gezählt, was einen Anstieg von 38 Prozent in den vergangenen vier Jahren bedeutet. Auch drei Polizeibeamte und acht weitere Staatsbeamte zählen zur Szene.

Diese Zahlen gehen aus der Antwort der Staatsregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Corona-Pandemie, während der zahlreiche Verschwörungstheorien aufgekommen waren, habe die Entwicklung beschleunigt.

Besonders alarmierend sei die steigende Gewaltbereitschaft innerhalb der "Reichsbürger"-Szene. "Nicht wenige teilen rechtsextremes und antisemitisches Gedankengut, horten Waffen und sind gewaltbereit", sagte der Grünen-Politiker Cemal Bozoğlu (63).

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Laut der Antwort auf die Anfrage gelten 530 der 5406 identifizierten "Reichsbürger" als gewaltbereit. 24 als "Reichsbürger" identifizierte Personen hatten zum Stichtag 31. Dezember 2023 eine Waffenerlaubnis, sie waren im Besitz von 76 Schusswaffen. Bei 39 "Reichsbürgern" widerriefen die Behörden im vergangenen Jahr die Waffenerlaubnis und stellten 93 Schusswaffen sicher.

"Reichsbürger" in Bayern: Knapp 800 Straf- und Gewalttaten im Jahr 2022

Polizeieinsatz an einem Hotel in Wemding, in dem sich "Reichsbürger" zu einem überregionalen Vernetzungstreffen im November letzten Jahres versammelten.
Polizeieinsatz an einem Hotel in Wemding, in dem sich "Reichsbürger" zu einem überregionalen Vernetzungstreffen im November letzten Jahres versammelten.  © Jason Tschepljakow/dpa

Im Jahr 2022 verübten den Angaben zufolge "Reichsbürger" fast 800 Straf- und Gewalttaten in Bayern, von denen mehr als die Hälfte gegen Politiker gerichtet war. Diese Angriffe umfassen nicht nur verbale Drohungen und Einschüchterungsversuche, sondern auch physische Gewaltakte.

Die "Reichsbürger"-Bewegung zweifelt die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland an und erkennt deren Gesetze und Institutionen nicht an.

"Es muss uns eine Mahnung sein, wie sich das Milieu der "Reichsbürgerinnen" und "Reichsbürger" seit der Corona-Pandemie weitgehend ungehindert entwickelt hat. Bayern ist inzwischen eine Hochburg dieser Szene", sagte die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Katharina Schulze (38).

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"Diese extrem gefährlichen und gewaltbereiten Kräfte lauern nur auf die Chance, ihre wahnwitzigen Putsch- und Anschlagspläne umzusetzen."

Den Angaben zufolge fanden im Freistaat Bayern zuletzt mehrere Veranstaltungen mit "Reichsbürgern" statt. Regionale Schwerpunkte der Szene seien Niederbayern und die Oberpfalz. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 18 Veranstaltungen registriert, die der Szene zugerechnet werden, darunter auch ein "Zukunftskongress" im schwäbischen Wemding.

Titelfoto: Heiko Rebsch/dpa

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