Griechische Regierung räumt nach schwerem Zugunglück staatliches Versagen ein!
Larisa (Griechenland) - Zwei Tage nach dem schweren Zugunglück in Griechenland hat die Regierung staatliches Versagen eingeräumt.
Verzögerungen bei der Modernisierung des griechischen Bahnnetzes seien auf "chronische" Probleme und "jahrzehntelanges Versagen" in der Verwaltung zurückzuführen, sagte Regierungssprecher Giannis Economou am Donnerstag.
Bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten wurden inzwischen 57 Tote geborgen, Hoffnung auf Überlebende gibt es kaum noch. Aus Protest gegen die Regierung legten unterdessen die Eisenbahner mit einem landesweiten Streik den Zugverkehr lahm.
Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, stieg die Zahl der Todesopfer inzwischen auf 57. Möglicherweise seien Passagiere in dem Zug gewesen, die noch nicht von ihren Angehörigen als vermisst gemeldet worden seien, sagte eine Polizeisprecherin.
Derweil suchten Einsatzkräfte an der Unglücksstelle weiter nach Überlebenden, doch "je mehr Zeit vergeht, desto geringer sind die Chancen" auf Erfolg, sagte eine Feuerwehrsprecherin der Nachrichtenagentur AFP.
Zuständiger Eisenbahnchef habe "zugegeben, was er getan hat"
Wenige Stunden nach dem Unglück war der für den Streckenabschnitt zuständige Bahnhofsvorsteher, der zum Zeitpunkt des Unglücks in der nahegelegenen Stadt Larisa im Dienst gewesen war, festgenommen worden.
Dem 59-Jährigen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung zur Last gelegt. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Nach Angaben seines Anwalts räumte er die Vorwürfe am Donnerstag ein. Sein Mandant habe "zugegeben, was er getan hat", sagte der Anwalt.
Medienberichten zufolge soll der Mann wenig erfahren gewesen sein - laut dem Fernsehsender ERT hatte er den Posten erst vor gut einem Monat übernommen. Zuvor sei er im Bildungsministerium tätig gewesen, für seine neue Aufgabe habe er eine dreimonatige Ausbildung absolviert.
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte schon am Mittwoch nach einem Besuch am Unglücksort von einem "tragischen menschlichen Fehler" gesprochen. Verkehrsminister Kostas Karamanlis trat zurück.
Sein Nachfolger Giorgos Gerapetritis bat am Donnerstag die Familien der Opfer um Entschuldigung und kündigte eine selbstkritische Aufarbeitung des Unglücks an.
Heftige Debatte über Zustand des Bahnnetzes entbrannt
Nach dem Unglück war in Griechenland eine heftige Diskussion über den Zustand des Bahnnetzes entbrannt.
Laut der Lokführergewerkschaft OSE ist die Strecke zwischen Athen und Thessaloniki in einem sehr schlechten Zustand. Alle Signale würden manuell gesteuert, sagte Gewerkschaftschef Kostas Genidounias.
In einem offenen Brief hatten Bahnmitarbeiter bereits im Februar darauf hingewiesen, dass die Sicherheitssysteme unvollständig und schlecht gewartet seien.
Im Zuge eines umfassenden Privatisierungsprogramms infolge der Finanzkrise hatte die italienische Staatsbahn Ferrovie di Stato (FS) die griechische Bahn 2017 übernommen.
Vor der Zentrale der Bahngesellschaft Hellenic Train in Athen protestierten am Donnerstag rund 700 Menschen. Der Opfer gedachten sie mit einer Gedenkminute.
Titelfoto: Sakis Mitrolidis/AFP