"Generation Sex" in Berlin: Nicht mehr als ein Lippenbekenntnis

Berlin - Was passiert, wenn Billy Idol (67) und Tony James (70) von Generation X mit den Gründungsmitgliedern der Sex Pistols, Steve Jones (67) und Paul Cook (67), gemeinsame Sache machen? Eine Supergroup unter dem Namen "Generation Sex" entsteht aus der musikalischen Mische. TAG24 hat sich das Ergebnis für Euch live angeschaut.

Am Donnerstag spielte Billy Idol (67) mit seiner Supergroup beim 57. Montreux Jazz Festival.
Am Donnerstag spielte Billy Idol (67) mit seiner Supergroup beim 57. Montreux Jazz Festival.  © Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa

Am Freitag traten die Rock- und Punk-Recken vor historischer Kulisse bei einem Open-Air-Konzert in der Zitadelle Spandau auf. Es ist die einzige Station in Deutschland, und die sah im Vergleich deutlich abgespeckter aus.

London hatte beim Crystal Palace Park Festival neben Generation Sex auch Blondie und Headliner Iggy Pop (76) auf der Bühne, Berlin hatte die semi-krosse Band Wedge aus der Hauptstadt als Support der Supergroup.

Leider nährte der übersteuerte und basslastige Sound vom Mischpult den Wunsch nach Kartoffelspalten. Weniger zum Verzehr, sondern für den Gehörgang. Schade, weil vielleicht verschenktes Potenzial.

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Nach viel 50er-Jahre-Klassikern aus der Konserve, die ein Besucher mit den Worten "Bei der Musik würde ich auch nicht rauskommen" kommentierte, betrat fast überpünktlich um 20.31 Uhr die Band zu der Titelmusik von "From A Clockwork Orange" zum ersten Mal eine Bühne auf deutschem Boden – und patzte mit einem Fehlstart.

Das kann nach der Gründung 2018 schon mal passieren. Dafür gab es ein kurzes "Smoke on the Water"-Riff und Stimmung einer Bandprobe wie bei einem überdimensionierten Straßenfest kam auf. Eröffnet wurde der Abend mit dem Sex-Pistols-Klassiker "Pretty Vacant".

"Normalerweise würde ich keine Sex-Pistols-Lieder singen"

Billy Idol (67, r.) und Bassist Tony James (70) von Generation Sex rockten auch in der Schweiz.
Billy Idol (67, r.) und Bassist Tony James (70) von Generation Sex rockten auch in der Schweiz.  © Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa

Idol wirkte etwas steifbeinig, der Stiefel wurde gekonnt durchgezogen. Der Bass waberte weiter überstark in den vereinzelten Turbonegro- und Punk-Kutten sowie Fan-Shirts des unbestuhlten Publikums. Etwas fühlte sich nicht richtig an. Las Vegas und schwachbrüstige Elvis-Imitatoren kamen in den Sinn.

"Normalerweise würde ich keine Sex-Pistols-Lieder singen; denn das sind einfach Johnny-Rotten-Songs. Aber Jonesy und Cookie wollten die unbedingt spielen, mit Tony James und mir", offenbarte Idol vor knapp einer Woche der "Berliner Zeitung".

Kann so ein Konzept verfangen oder wird es zum Abriss des eigenen Idols?

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Der Sänger und seine Mitstreiter servierten eine Nostalgie-Show für das eher gesetzte Publikum, das lange für Bier anstand. Eine Reise in die Vergangenheit, auch wenn manche Zuschauer zu dem Zeitpunkt nur ein Funkeln in den Augen ihrer Väter waren. Es gab sie, die weiter bemühten Rocker-Posen wie Abziehbilder bei dem Fast-Siebzigjährigen.

Die geballte Faust des Lederjacken-Liebhabers war da, seine schräg verzogene Oberlippe als jahrzehntelanges Markenzeichen ebenso. Dafür waren Publikumsansprachen mehr als Mangelware. Zugegeben: Punk kommt auch nicht von Punkten beim Publikum.

Billy Idol trat mit Mitgliedern der Sex Pistols als "Generation Sex" in der Zitadelle Spandau auf

Als Idol dann Sid Vicious' (1957-1979) ikonische Version von Frank Sinatras (1915-1998) Signaturhymne "My Way" coverte, war die Sex-Pistols-Revue in all ihrer Glätte perfekt. Das smartphone-affine Publikum johlte.

Näher sollte es an das Gefühl einer Reunion der legendären britischen Punkband Sex Pistols nie kommen. "Danke, Berlin, ihr wart fantastisch, wir sehen uns nächstes Mal", verabschiedete sich Idol nach aufgerundet 80 Minuten von den Zuschauern.

Ein Adieu ohne Höhen und Tiefen, das Ende eines zwiespältigen, aber grundsoliden, zu soliden Abends. Da gilt die Maxime: Erwarte wenig, bekomme viel beim Besuch eines Konzertes.

"Generation Sex": Setlist vom Konzert in Berlin

  • Pretty Vacant (Sex Pistols mit "Smoke On the Water"-Intro)
  • Ready Steady Go (Generation X)
  • Bodies (Sex Pistols)
  • Kiss Me Deadly (Generation X)
  • Dancing With Myself (Generation X)
  • Silly Things (Sex Pistols)
  • God Save the Queen (Sex Pistols)
  • Untouchables (Generation X)
  • Problems (Sex Pistols)
  • Your Generation (Generation X)
  • (I'm Not Your) Stepping Stone (Paul Revere and the Raiders)
  • My Way (Claude François)
  • The Great Rock 'n' Roll Swindle (Sex Pistols)

Titelfoto: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa

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