Berlin/Köln - Vor 30 Jahren fing in Münster alles an, heute sind Erdmöbel der Liebling des Feuilletons. Zum Jubiläum der Indie-Pop-Band erschien mit dem Hamburger Kaiser Quartett das neue Album "Hätte Sehnsucht Gewicht". Hier lest Ihr den zweiten Teil des großen TAG24-Interviews.
TAG24: Ekki, Du bist Musiker, seit Du 16 bist, hast in Münster früh mit dem Produzieren angefangen. Die Arbeit prägt auch den Sound der Band. Woher kommt das Know-how? War das alles nur Herumfrickeln und Ausprobieren?
Ekki Maas: Ich habe halt mein Leben lang Musik gehört und gemacht und wollte wissen, wie das funktioniert. Ich bin so ein typischer Autodidakt, ich kann gar nicht gut von anderen Leuten. Ich muss das selber lernen.
TAG24: Du spielst gerne Deinen Höfner-Bass. Ich habe mal gehört, dass manchmal die Liebe zu einem Instrument einer bestimmten Marke erst das Üben einleitet. Kennst Du das?
Ekki Maas: (lacht) Das funktioniert bei mir so, dass ich es schätze, wenn sich das Instrument wehrt. Es interessiert mich auch sehr bei technischen Geräten, wenn sie eine bestimmte Art von Umdenken verlangen. Ich bin nie so einer gewesen, der sagte: Das ist eine Stratocaster und die klingt jetzt wie bei Mark Knopfler. Ich hatte eine Stratocaster aus ganz anderen Gründen.
TAG24: Und bei Dir, Markus? Deine Epiphone hast Du auch schon ewig.
Markus Berges: Die haben wir mal in einem Gitarrengeschäft in Hamburg entdeckt. Mit dem Üben habe ich es sowieso nicht so. Meinen spielerischen Stand habe ich seit meinem 23. Lebensjahr nicht mehr verbessert.
Erdmöbel im TAG24-Interview: "Wenn die Musik einen kalt erwischt, dann ist sie gut"
TAG24: Vor 13 Jahren sagtest Du, dass der Wechsel von Englisch auf Deutsch mit dem schwindenden Spaß an Klischees in der Fremdsprache zu tun hatte. Machen Klischees auf Deutsch mehr Spaß?
Markus Berges: Das hatte damit zu tun, dass ich ja der englischen Sprache nicht so mächtig bin, und deswegen war ich vielmehr darauf angewiesen, Klischees zu benutzen, zumal es mir immer stark um die Musikalität ging. Das heißt jetzt nicht, um mich auszudrücken, brauche ich jetzt die deutsche Sprache, sondern, um das volle Register zur Verfügung zu haben. Deswegen finde ich nicht, dass wir Klischees benutzen - vielleicht manchmal unsere eigenen, und dann ist es gut, davon wegzukommen.
Ekki Maas: Ja, da passen wir auf. Das ist erst einmal ein vernichtendes Urteil, wenn dann kommt: Das ist ein typischer Erdmöbel-Song. Auch von Markus selbst. Bei einem Song sagte er direkt nach der Veröffentlichung: "Das ist ein Scheiß-Song, das ist ein Scheiß-Text, das ist nur Erdmöbel-Gesülze." Wir haben den seitdem nicht mehr gespielt. Ich finde den ganz gut, aber ich kann das verstehen.
TAG24: Um welches Lied handelt es sich denn?
Ekki Maas: "Für die, die nicht wissen wie (2)." Es gibt ein zweites "Für die, die nicht wissen wie".
TAG24: Ist das auch dieser Widerstand, von dem Du vorher im Radiointerview gesprochen hast? Mit Erwartungen zu brechen?
Ekki Maas: Ja, Musik, die einen nicht überrascht, ist vollkommen wertlos. Es gibt natürlich auch Fans mancher Bands, die damit zufrieden sind, immer wieder dasselbe zu hören. Wenn die Musik einen kalt erwischt, dann ist sie gut.
Markus Berges: Vor allem bei der Musik, die man selbst macht. Ich muss sagen, dass mir bei Sachen von Bands oder Musikern, von denen ich richtig schwerer Fan bin, schon wenige Variationen reichen und ich mich trotzdem freue.
Ein Gespräch mit Erdmöbel über Bob Dylan
TAG24: Gerüchten zufolge arbeitet Bob Dylan an "Chronicles: Volume Two", dem zweiten Teil seiner Memoiren. Auch hat sonst jeder Sepp, Depp und Heckenpenner eine Autobiografie aus der Musikbranche herausgebracht. Warum gibt es von Euch noch kein Buch?
Markus Berges: Für die Kunst, die wir als Band machen, und auch das Schreiben meiner Romane ist eine wesentliche Motivation, dass ich mich selber zu langweilig finde. Es hört sich jetzt sehr kokett an, es ist aber tatsächlich einfach so.
Ekki Maas: Man möchte einen Grund haben, warum man sein Leben aufschreibt. Das heißt, da muss mindestens ein brennendes Interesse da sein. Und Bob Dylan, ich meine, der weiß selber, was für eine außergewöhnliche Persönlichkeit er ist. Wie schräg der rüberkommt. Und wie anders er ist als andere Menschen.
Markus Berges: Und Bob Dylan weiß: Damit es spannend wird, muss er Sachen erfinden. Und das hat er auch gemacht. Zum Beispiel war das einer der Auslöser meines zweiten Romans, gelesen zu haben, dass eben seine Großmutter wie meine eigene aus Odessa kommt, aber Dylans hatte eben ein Holzbein und rauchte Pfeife. Ich habe dann so gedacht: Okay, meine Großmutter, die hat mindestens zwei Holzbeine. (lacht)
TAG24: Und raucht zwei Pfeifen.
Markus Berges: Und zwar mit den Ohren.