NDR zeigt Film über Polizeigewalt: "Es kann jedem passieren!"

Hamburg - Was, wenn einem nach einer 1.-Mai-Demonstration "Widerstand gegen die Staatsgewalt" vorgeworfen wird und man sich an nichts erinnern kann? Genau das erlebt der junge Koch Anton im neuen NDR-Fernsehfilm "Polizei" von Grimme-Preisträgerin Buket Alakuş (54), der am 26. November in der ARD zu sehen ist. Im TAG24-Interview erzählt Hauptdarsteller Levy Rico Arcos (19, "Sonne und Beton"), wie herausfordernd die Rolle für ihn war.

Levy Rico Arcos (19) als Anton im neuen NDR-Fernsehfilm "Polizei".  © NDR/Julia Terjung

Besonders an der Rolle sei gewesen, dass die Geschichte durchgehend aus Antons Perspektive erzählt wird: "Es gibt keine Nebenstorys […], das war schon eine heftige Aufgabe", so Levy im Gespräch.

Vorbereitet habe sich der gebürtige Berliner vor allem durch viele Gespräche über das Drehbuch: "Ich habe mich intensiv mit Antons Innenleben beschäftigt – wie es ihm in bestimmten Momenten geht, wie er sich fühlt." Dabei sei klar gewesen, dass es wegen Antons ständiger Anspannung keine entspannten Drehtage geben wird.

TAG24: Levy, hattest du selbst schon mal Erfahrung mit Polizeigewalt?

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Levy: Ich selbst zum Glück noch nicht, aber ich kenne Leute in meinem engeren Umkreis, die das leider erlebt haben. In Berlin kriegt man so was ohnehin mit. Für die Rolle habe ich dann auch mit einigen von ihnen ein bisschen gequatscht. Gleichzeitig habe ich viel recherchiert, wie sich Menschen in traumatischen Situationen verhalten.

TAG24: Hat sich dein eigenes Bild über Polizeigewalt durch den Film verändert?

Levy: Ja und nein. Ich muss sagen: Dadurch, dass ich so viele Leute kenne, denen so was passiert ist, war ich schon so: Okay, die Story ist nicht realitätsfern. Es könnte genauso einem Freund passiert oder mir passiert sein. Das war das, was mich so fasziniert hat. Weil es war ja nicht so, dass Anton ein Typ war, der nach Gewalt gesucht hat. Sondern er ist da hereingerutscht, und war zur falschen Zeit am falschen Ort.

TAG24: Hat Wut bei dir auch eine Rolle gespielt?

Levy: Natürlich war ich in dem Moment wütend auf die Polizisten (nicht auf die Schauspieler, die waren echt stark!) und hab mich gefragt: Warum machen die das? Ich weiß nicht genau, wie Polizisten ticken, aber ich kann mir vorstellen, dass die auch nicht unbedingt Lust haben, ständig Stress zu schieben. Vor allem bei Demos, wo die Stimmung sowieso schon angespannt ist und sowohl die Demonstrierenden als auch die Polizei unter Adrenalin stehen.

Was mich aber wirklich genervt hat, waren diese Statistiken, dass Anzeigen gegen Polizisten fast nie durchkommen. Und dann kommt oft direkt eine Gegenanzeige, das ist nicht nur was, das man aus Filmen kennt, das passiert ja wirklich. Das macht es für Betroffene natürlich umso schwieriger, gehört zu werden oder überhaupt Gerechtigkeit zu erfahren.

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Der NDR-Film feierte Ende September seine Deutschlandpremiere auf dem Hamburger Filmfest. Im Rahmen dessen wurde er mit dem "Hamburg Producers Award Deutsche Fernsehfilme" ausgezeichnet. Der Preis wurde an Regisseurin Buket Alakuș (l.) und den Produzenten Peter Hartwig verliehen.  © Martin Kunze

Levy Rico Arcos: "Wir müssen aufhören, alles in Schubladen zu stecken"

Was passierte nach Antons Festnahme am 1. Mai und verhielten sich alle Polizeibeamten korrekt? "Polizei" wird am 26. November um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.  © NDR/Julia Terjung

TAG24: Du bist in Neukölln aufgewachsen. Hast du das Gefühl, dass es speziell dort Vorurteile gegenüber der Polizei gibt?

Levy: Es gibt auf jeden Fall Vorurteile, besonders von Polizisten gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. Ich kenne Polizisten – persönlich oder über Freunde –, die auf Instagram Reels liken, wo so Dinge gesagt werden wie: "Bei Vergewaltigungen wird immer aufs Alter geguckt, aber nicht auf die Herkunft."

Und ich denke mir so: Wenn du so was schon öffentlich likest, wie bist du dann erst, wenn keine Kamera läuft? Das macht mir und anderen Angst. Dann verstehe ich, warum viele sagen: "Ich hab kein Vertrauen in die Polizei."

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TAG24: Im Film sagt Anton: "Berlin ist kaputt." Glaubst du, Berlin ist schlimmer als andere Städte?

Levy: Ich glaube nicht, dass es nur Berlin ist. Ja, Anton sagt: "Berlin ist kaputt", aber ich glaube, das war eher sein Tiefpunkt. Ich finde, Berlin ist wunderschön. Es gibt viele Kulturen, tolles Essen, Freunde von mir sind sogar absichtlich nach Neukölln gezogen. Klar gibt es wie überall Probleme, aber es gibt auch richtig viele schöne Seiten.

TAG24: Was nimmst du aus dem Film mit?

Levy: Dass es jedem passieren kann. Wenn du auf einer Demo bist – egal, ob du pro oder kontra Polizei bist – dann mach nicht zu viel. Nicht, weil du dich klein machen sollst, sondern weil du dich schützen musst. Versuch', auf anderen Wegen auf Missstände aufmerksam zu machen.

TAG24: Ist es nicht traurig, dass du überhaupt sagst "Mach lieber nicht zu viel"?

Levy: Ja, das stimmt. Allein, dass ich das sage, zeigt ja, dass da ein Ungleichgewicht ist. Und das kann man nicht ignorieren. Ich wünsche mir mehr Differenzierung. Nicht jeder Polizist ist schlecht. Nicht jeder mit Migrationshintergrund ist kriminell. Wir müssen aufhören, alles in Schubladen zu stecken. Nur so kommt man raus aus dem Teufelskreis.

"Polizei" wird am 26. November um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.

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