Boris Becker spricht über Knast-Kodex: Gefängnis "in der Regel von den Gefangenen geführt"
Italien/England - Deutschlands große Tennis-Legende Boris Becker (57) hat turbulente Jahre und siebeneinhalb Monate in zwei englischen Gefängnissen hinter sich. In seinem neuen Buch "Inside: Winning. Losing. Starting Again" verarbeitet der dreifache Wimbledon-Sieger das Erlebte - und gewährte schon jetzt weitere Einblicke in die vergitterte Hölle.
Alles in Kürze
- Boris Becker spricht über Knast-Erfahrungen.
- Gefängnis wird von Gefangenen geführt.
- Becker hatte Todesangst in englischen Gefängnissen.
- Starken Jungs im Knast geben den Ton an.
- Beckers Berühmtheit war Insassen egal.

"Ein Gefängnis wird in der Regel von den Gefangenen geführt, nicht von den Wärtern", verriet der gebürtige Leimener und heutige Wahl-Italiener wenige Tage vor Veröffentlichung seiner neuen Autobiografie im Interview mit dem Schweizer Blick.
Bereits in der Vergangenheit offenbarte "Bum Bum Boris", dass er während seiner Zeit in den britischen Gefängnissen Wandsworth und Huntercombe je einmal bedroht worden sei und "Todesangst" gehabt habe. Nun skizzierte er das düstere Bild des Lebens in einer Parallelwelt weiter.
"Das Gefängnis – und ich kann jetzt nur von englischen Gefängnissen sprechen – ist ein extrem gefährlicher Ort. Man ist nicht sicher. Menschen sterben dort", so der 57-Jährige. "Da gibt es eine Dunkelziffer, die willst du nicht wissen. Die ganze Zeit war ein permanenter Überlebenskampf."
In Acht nehmen müsse man sich hinter schwedischen Gardinen vor allem vor den "starken Jungs", wie er sie nannte.
Rund eine Woche habe er in beiden Gefängnissen gebraucht, um diese speziellen Häftlinge zu identifizieren und für sich zu gewinnen.
Boris Becker war im Gefängnis nur "groß gewachsener, weißer Deutscher"

"Man trifft sich in der Kantine zum Essen und sieht sofort, wer der Anführer ist, wer gefährlich aussieht, welche Gruppe miteinander abhängt – und mit wem die Wärter mehr reden", erklärte Becker die Gepflogenheiten.
Die "starken Jungs" würden im Knast eigentlich den Ton angeben - und nicht das Personal. "Im HMP Wandworth gibt es 2000 Gefangene und 70 Wärter", veranschaulichte der Ex-Sportler die Kräfteverhältnisse.
Seine Berühmtheit sei den anderen Insassen dabei egal gewesen, kaum jemand habe ihn als Star erkannt. "Ich wurde als groß gewachsener, weißer Deutscher wahrgenommen", beschrieb Becker.
"Das Gefängnis hat seine eigenen Gesetze. Es ist eine brutale Welt", führte die Tennis-Ikone weiter aus. Da er selbst aufgrund seines Promi-Status als Hochrisiko-Häftling galt, bekam er immerhin eine Einzelzelle. Daher seien die Nächte noch eher erträglich gewesen.
"Man hört manchmal Schreie und andere Dinge, doch die Türen sind zu. Wenn diese dann wieder offen sind, kann alles passieren", schilderte Becker den finsteren Alltag.
Das neue Buch, in dem er noch ausführlicher auf die "brutale Realität" der britischen Gefängniswelt eingeht, erscheint am 10. September.
Titelfoto: David Inderlied/dpa