Deutscher Showmaster lockte Millionen vor Fernseher, nun erinnert kaum noch etwas an ihn
Von Andrea Löbbecke
Wiesbaden/Mainz - Er bewirtete als Ur-Hesse in der TV-Äppelwoi-Kneipe "Zum Blauen Bock" lange Jahre seine Gäste: Heinz Schenk (†89) gehört ohne Frage zu den Show-Größen im Nachkriegsdeutschland. Zehn Jahre nach seinem Tod erinnert ein schlichtes Grab auf einem Vorort-Friedhof an den Entertainer, sein früheres Wohnhaus wurde längst abgerissen.
Das hessisch-babbelnde Schlappmaul kam auf der anderen Seite des Rheins zur Welt - in Mainz. Dort bewies Schenk früh seine Begabung für den Frohsinn und hatte als Kind erste Auftritte in der Fastnachtsbütt.
Nach dem Krieg wechselte der Schauspieler zum Radio. Dort hatte er wie Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld Auftritte im "Frankfurter Wecker", einer legendären komödiantischen Frühsendung des HR. 1966 übernahm Schenk den "Blauen Bock" von Otto Höpfner.
Die Sendung ist untrennbar mit der goldenen Ära des deutschen Fernsehens verbunden. 21 Jahre lang lud Schenk als Oberkellner und Geschäftsführer zur Bembel-Sendung am Samstagabend ein.
Mit seiner Fernsehpartnerin Lia Wöhr schenkte er bis Ende 1987 Apfelwein aus der traditionellen Äppelwoi-Kanne aus und überreichte Ehrenbembel an seine Gäste. Bis zu 20 Millionen Menschen schalteten damals ein. Schenk lieferte die Ideen für die Sendung und schrieb neben den Texten auch fast alle Lieder.
Als der Hessische Rundfunk 1987 den "Blauen Bock" einstellte, widmete sich Schenk vor allem wieder der Bühne. Der oft unterschätzte Schauspieler wurde zu einer Stütze am Frankfurter Volkstheater.
Von Millionen gefeiert und mit reichlich Selbstironie: Heinz Schenk verbrachte letzte Lebensjahre ruhig
Zu seinen Paraderollen gehörte 1991 "De Geizhals", die hessische Version von Molières "Der Geizige".
Dass er auch Selbstironie besaß, zeigte Schenk 1993 mit einem Auftritt in Hape Kerkelings (60) Komödie "Kein Pardon".
Dort spielte er einen alternden intriganten Showmaster, der seinen Assistentinnen nachstellt. Die Show und ein Ohrwurm in der bitterbösen TV-Satire heißen "Witzischkeit kennt keine Grenzen".
"Als wir damals das Drehbuch geschrieben haben, konnte ich mir immer nur Heinz Schenk in dieser Rolle vorstellen", sagte Kerkeling vor Kurzem in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
"Dann hat es keine 24 Stunden gedauert, nachdem wir ihm das Buch geschickt hatten, da rief er mich an und sagte: Das ist die Rolle meines Lebens. Natürlich spiele ich das."
In den Jahren vor seinem Tod wurde es ruhiger um Schenk. Der passionierte Skatspieler, Hobbygärtner und -fotograf zog sich mit seiner Frau Gerti (†85) aus der Öffentlichkeit zurück. "Es gibt ein Leben nach dem Applaus", sagte er kurz vor seinem 80. Geburtstag. Mit 89 Jahren, im Mai 2014, starb Schenk - nur wenige Monate nach dem Tod von Gerti.
Anlässlich seines 100. Ehrentages widmet der Hessische Rundfunk (HR) seinem einstigen Moderator die einstündige Doku "Der 20 Millionen Mann - Entertainer Heinz Schenk".
Titelfoto: Karl Staedele/dpa