Der Fall Gil Ofarim: Ein Video, das ein ganzes Land empörte

Leipzig - Selten hat ein Justizfall in Sachsen die Gemüter so sehr erhitzt wie der Fall Gil Ofarim (41). Der Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim (1937 bis 2018) behauptete vor gut zwei Jahren, in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein. Doch die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht. Ab Dienstag sitzt der Sänger nun selbst auf der Anklagebank. Der sieht dem Prozess erwartungsvoll entgegen.

Gil Ofarim (41) veröffentlichte vor zwei Jahren ein Video mit einem Antisemitismus-Vorwurf gegen ein Leipziger Hotel. Nun wird ihm aber der Prozess gemacht.
Gil Ofarim (41) veröffentlichte vor zwei Jahren ein Video mit einem Antisemitismus-Vorwurf gegen ein Leipziger Hotel. Nun wird ihm aber der Prozess gemacht.  © Bildmontage: Instagram/gilofarim

Er hockte vor dem Westin Hotel in Leipzig, hielt seine Kette mit Davidstern in die Handykamera und erzählte Ungeheures. In seinem am 4. Oktober 2021 auf Instagram veröffentlichten Video behauptete Gil Ofarim, dass er am Empfangstresen aufgefordert worden sei, seinen Davidstern einzupacken, ansonsten könne er nicht einchecken.

Eine Welle der Empörung schwappte daraufhin durchs Land, es gab Demonstrationen, Politiker, Verbände und Medien verurteilten ad hoc das Hotel. Die Staatsanwaltschaft ermittelte.

Zwei Jahre später ist von den Vorwürfen juristisch nichts übrig geblieben, das Verfahren gegen den Empfangschef des Hotels längst eingestellt. Und für Ofarim hat sich das Blatt gewendet.

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Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen den Künstler - wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung sowie wegen falscher Versicherung an Eides Statt in Tateinheit mit Betrug.

Mittweidaer Digital-Forensiker Dirk Labudde soll Ketten-Aussage klären

Am Empfang des Leipziger Westin-Hotels soll sich der Vorfall zugetragen haben, behauptet Ofarim.
Am Empfang des Leipziger Westin-Hotels soll sich der Vorfall zugetragen haben, behauptet Ofarim.  © Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Vorausgegangen waren umfangreiche Ermittlungen mit Vor-Ort-Rekonstruktion und Auswertung von Videos mehrerer Überwachungskameras. "Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich anhand der gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Gil Ofarim in seinem Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet", lautet das Fazit der Anklagebehörde.

Insgesamt zehn Verhandlungstage hat das Landgericht Leipzig für den Prozess eingeplant. Neben zahlreichen Zeugen will die Kammer auch den Mittweidaer Digital-Forensiker Dirk Labudde (57) hören, der die Überwachungsvideos analysiert hat. Er soll klären, ob die Bilder Hinweise geben, dass Ofarim zur Tatzeit überhaupt seine Kette trug.

Der Beschuldigte bekräftigte am Sonntag in der "WamS" seinen Antisemitismus-Vorwurf: "Ich bin froh, dass jetzt viel herauskommen wird, was bisher nicht gesagt oder geschrieben worden ist. Ich habe Vertrauen in die Justiz."

Titelfoto: Bildmontage: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa, Instagram/gilofarim

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