Dennis als Kind von Neonazis gejagt: "Hab mich von meinem Leben verabschiedet"
Leipzig - Dennis (33) wurde in Brandenburg geboren und ist auch dort aufgewachsen. Dass er sich als Ostdeutscher fühlt, hat er erst verstanden, nachdem er auch im Westen gelebt hat. Und das, obwohl er es auch aufgrund seiner Hautfarbe nicht immer leicht hatte.

Der Wahl-Leipziger stammt aus dem beschaulichen Senftenberg im Süden Brandenburgs, kam 1991 als Kind einer Polin und eines Mosambikaners zur Welt.
"Ich hatte ganz lange so ein schwieriges Verhältnis zu meiner Heimat, weil ich natürlich auch viel Scheiße erlebt habe", erzählt der 33-Jährige in der ZDF-Doku "37 Grad Leben - Mein Erbe der Einheit".
Gemeint ist beispielsweise eine Situation, in der er in dem Plattenbaugebiet, in dem er als Kind lebte, von Neonazis verfolgt wurde. Zuvor hatte er versucht, einen pöbelnden Jungen zu vertreiben, der daraufhin seinen Bruder und dessen Freunde holte.
"Wir saßen in diesem Busch und das war das erste Mal, dass ich mich von meinem Leben verabschiedet habe", erinnert sich Dennis an den Moment im Versteck zurück.
Beim Zusammentreffen mit einem damaligen Freund wird Dennis bewusst, dass er sich früher unterbewusst viele Schutzstrategien zugelegt hat. "Irgendwie fühlt sich das gerade an, dass das wieder zurückkommt", erklärt er emotional.

Dennis mit Erkenntnis: "Musste weggehen, um mich mit meiner Heimat versöhnen zu können"

Doch genau solche Erinnerungen geben ihm die Motivation, sich für den Erhalt seiner Heimat, wie er sie kennt, einzusetzen. Er habe das Gefühl, dass ihm diese mit dem Erstarken der AfD ein Stück weit weggenommen wird.
Dennoch ist er überzeugt davon, dass man Menschen, "die auf den rechten Pfad abweichen", zurückgewinnen kann. Das sei ihm während seiner Schulzeit gelungen. Er und ein anderer Junge haben sich jahrelang gehasst, bis sie Zeit miteinander verbringen mussten - danach wurden sie beste Freunde.
Aber er erkennt heute auch: "Ich musste erst mal weggehen, um mich ein bisschen mit meiner eigenen Heimat versöhnen zu können."
Für sein Studium zog Dennis vor einigen Jahren nach Erlangen, doch dort habe ihm seine Ost-Herkunft mehr Aufmerksamkeit beschert, als ihm lieb war: "Du wurdest begafft wie im Zoo."
Im Gegensatz zum "Deutschsein" sei ihm "sein ostdeutsches Sein nie aberkannt" worden, weshalb er sich Ostdeutschland am ehesten zugehörig fühle. Und so zog es ihn schließlich irgendwann wieder zurück - er entschied sich, nach Leipzig zu ziehen.

Dennis ist Host des Podcasts "Mauerecho - Ost trifft West"
Heute ist Dennis Moderator, Diversity Manager und politischer Bildner, betreibt den Podcast "Mauerecho - Ost trifft West", in dem er versucht, die Deutsche Einheit zu reflektieren. Er wolle damit die "Mauer in den Köpfen einreißen", sagt er.
"Wir müssen hier einfach weiterkämpfen. Mein Erbe der Einheit ist auf jeden Fall die Freiheit." Das Ziel des 33-Jährigen: den Menschen zeigen, "dass ich nicht so viel anders bin als sie".
TV-Tipp: Die ganze Folge "37 Grad Leben: Mein Erbe der Einheit" seht Ihr am kommenden Sonntag um 9.03 Uhr im ZDF oder schon jetzt in der Mediathek.
Titelfoto: Bildmontage: ZDF/Jens Gyarmaty, IMAGO / Jochen Tack