"Kölner Treff": Notfallseelsorger berichtet von krassem Arbeitsalltag

Köln - Er kennt die menschlichen Abgründe und weiß genau, was geschehen muss, wenn das Schlimmste passiert: Albi Roebke aus Bonn ist evangelischer Pfarrer und Notfallseelsorger. Im "Kölner Treff" am Freitag hat er über seine krassen Erfahrungen gesprochen.

Albi Roebke ist evangelischer Pfarrer und Koordinator der Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg.
Albi Roebke ist evangelischer Pfarrer und Koordinator der Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg.  © WDR/Melanie Grande

Einer seiner heftigsten Einsätze spielte sich in einer Wohnung ab. Ein psychisch kranker Mann war auf seine Frau losgegangen und tötete sie vor den Augen der gemeinsamen Tochter (11). Diese habe dann die Polizei alarmiert, ehe sie sich auf deren Anweisung in ihrem Zimmer einschließen sollte, um sich selbst zu schützen.

"Ein Beamter und eine Beamtin aus Bonn haben den Vater dann überwältigt. Und dann wurde ich gerufen, um mich um das Kind zu kümmern", berichtet Roebke.

Als er vor Ort eintraf, hätten die Ordnungshüter bereits versucht, dem Mädchen ein Stück Normalität zurückzugeben. Dafür habe ein Polizist ihr sein Handy aushändigt, auf dem das Kind ein Spiel zocken konnte, das es bereits kannte. Das klinge zwar banal, sei aber eine gute Idee gewesen, meint der Notfallseelsorger.

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Denn: Kurz nach einer Katastrophe sei es wichtig, den Menschen die Kontrolle über ihr Leben zurückzugeben. Da stelle sich schlicht und einfach die Frage: Was habe ich in meinem Leben überhaupt noch unter Kontrolle, so Roebke. "Wir versuchen dann, gegen die akute Ohnmacht vorzugehen."

Darum war eine Salami-Pizza bei dem Einsatz "extrem wichtig"

Durch den "Kölner Treff" führt das Moderations-Duo Susan Link (48) und Micky Beisenherz (48).
Durch den "Kölner Treff" führt das Moderations-Duo Susan Link (48) und Micky Beisenherz (48).  © WDR/Melanie Grande

Im Falle des Mädchens habe das Spiel dabei geholfen. Zudem hätten die Beamten dem Kind trotz später Stunde versprochen, ihr eine Pizza zu besorgen. "Da hatte ich die Sorge, dass das Kind eine Pizza versprochen bekommt und keine bekommt", erinnert sich der Geistliche.

Er sei aber schnell beruhigt worden. Der Ordnungshüter habe ihm gesagt: "Albi, wenn ich als Polizist eins weiß, dann, wo ich nachts eine Pizza herbekomme." Das traumatisierte Mädchen durfte sich dann entscheiden, welchen Belag es haben will - und entschied sich letztlich für den Klassiker Salami.

Wie wichtig es ist, solche banalen Entscheidungen nach einem Unglücksfall treffen zu können, weiß Roebke aus eigener Erfahrung. Vor rund zehn Jahren sind seine Eltern und sein Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

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Nachdem er davon erfahren hatte, habe er von seinem Wissen als Notfallseelsorger profitieren können. "Mein erster Gedanke in dem Moment war: Ich habe denen letzte Woche Mangos vorbeigebracht. Die werden jetzt schlecht. Ich muss die Mangos holen", erinnert sich der Koordinator der Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg. Ein Otto-Normal-Bürger hätte sich dann sicherlich gedacht: "Jetzt drehst du durch …"

Doch Roebke wusste, dass er schlicht keine Kontrolle mehr gehabt habe. "Meine Seele hat verzweifelt etwas gesucht, was ich noch kontrollieren kann", ist er sich sicher. Daher habe er schnell nachgegeben und die Mangos geholt.

Die ganze Folge "Kölner Treff" mit weiteren spannenden Gästen steht ab sofort in der ARD Mediathek auf Abruf bereit.

Titelfoto: WDR/Melanie Grande

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