Rechtsextremismus in der Security-Branche: Wenn Sicherheitsbeamte zu Tätern werden

Leipzig - Der MDR berichtet in seiner Sendung "exactly" regelmäßig über gesellschaftlich kontroverse Themen. In der Sendung "Rechts und gewalttätig? Security ohne Kontrolle" vom 16. Oktober thematisiert er den Rechtsextremismus in der Sicherheitsbranche und welche Folgen daraus entstehen.

Sicherheitskräften wird Machtmissbrauch vorgeworfen.
Sicherheitskräften wird Machtmissbrauch vorgeworfen.  © MDR

Die über ein Jahr andauernden Recherchen führten den MDR unter anderem in eine Unterkunft für Geflüchtete im thüringischen Suhl.

Dort berichteten Flüchtlinge gegenüber den Reportern wohl immer wieder, dass die Sicherheitsbeamten ihre Position ausnutzen. Diese sollen Bewohner regelmäßig schikaniert worden haben, wie ein Mann erzählt, der im Sommer selbst dort lebte, aber anonym bleiben möchte.

Beleidigungen und abwertende Kommentare wie "Kameltreiber" und "Dachpappe" seien an der Tagesordnung.

"Traumhaus oder Luftschloss?": Die ersten Hotelgäste kommen, aber wo ist die Toilette?
TV & Shows "Traumhaus oder Luftschloss?": Die ersten Hotelgäste kommen, aber wo ist die Toilette?

Sahid, so nennt der MDR den Anonymen, flüchtete aus der Unterkunft. Denn er hielt es dort nicht mehr aus: "Er hat uns wirklich wie Vieh behandelt, der gehört absolut nicht in seinen Job."

Benny W. ist einer der Mitarbeiter, von denen Sahid berichtet. Wie er sich politisch positioniert, ist kein Geheimnis. Er zeigt sich auf alten Facebook-Profilen offen mit rechtsextremistischen Symbolen wie der Reichskriegsflagge. Darüber hinaus kandidierte er 2014 auf der Wahlliste des Neonazis Tommy Frenck (36).

Wie ungeeignet er für seinen Job ist, sollte allerdings spätestens Ende 2021 klar werden. Damals wurde ein Video veröffentlicht, das seinen Umgang mit den Asylsuchenden zeigt. Zu sehen ist, wie er eine Person beleidigt und bedroht.

Schlimmeres konnte wohl nur verhindert werden, weil ein weiterer Security-Mitarbeiter ihn davon abhielt, auf die Person loszugehen. "Komm, ich schraub dir den Schädel runter", lautet eine seiner Aussagen aus dem Video.

Eigene Mitarbeiter kritisieren Sicherheitsfirma in Brandbrief

Nicht nur in Flüchtlingsheimen finden Machtmissbräuche von Sicherheitsbeamten statt. (Symbolbild)
Nicht nur in Flüchtlingsheimen finden Machtmissbräuche von Sicherheitsbeamten statt. (Symbolbild)  © dpa/Britta Pedersen

Die Strafe dafür war lächerlich: Lediglich ein vierwöchiges Einsatzverbot, Disziplinarmaßnahmen und ein Deeskalationstraining gab es. Ermittlungen wegen Nötigung, Bedrohung und Beleidigung wurden eingestellt und auch seinen Job durfte er behalten.

Benny W. ist kein Einzelfall! Es soll wohl eine ganze Gruppe von Mitarbeitern sein, die Flüchtlinge drangsalieren. Kollegen, die dies nicht tun, werden unter Druck gesetzt, damit sie nichts sagen.

Doch die Probleme sind dem Sicherheitsunternehmen City Schutz GmbH offenbar bekannt. Das beweist ein Brandbrief, welcher 2022 mit Unterschriften von insgesamt 14 Mitarbeitern an die Geschäftsführung ging. Die Chefetage tat laut MDR nichts dagegen. Die Beschwerden haben sich laut Unternehmen als haltlos herausgestellt.

"Volle Fahrt voraus": Robert bringt Karo bereits am 1. Tag zum Weinen!
TV & Shows "Volle Fahrt voraus": Robert bringt Karo bereits am 1. Tag zum Weinen!

Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte sind jedoch nicht die einzige Sparte, in der rechtsextremistische Sicherheitsbeamte zum Einsatz kommen: Beispielsweise im Chemnitzer Fußball- und Clubgeschehen sei die Sicherheitsbranche rechts dominiert.

Eine Lösung des Problems soll das Bewacherregister bieten. Dieses wurde 2019 eingeführt und soll dafür sorgen, dass Bewerber stärker kontrolliert werden. Die Prüfung findet allerdings nur in sensibel eingestuften Bereichen statt. Dazu gehören:

  • Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte
  • Großveranstaltungen wie Fußballspiele und Konzerte
  • Schutz von Objekten, von denen im Fall eines kriminellen Eingriffs eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen kann wie Kernkraftwerke

Nicht dazu gehören die staatlichen Institutionen wie die Polizei oder der Verfassungsschutz selbst.

Verfassungsschutz reagiert? Tücken des Bewacherregisters

Der Verfassungsschutz ist in Deutschland für die Sicherung der Grundordnung zuständig. (Symbolbild)
Der Verfassungsschutz ist in Deutschland für die Sicherung der Grundordnung zuständig. (Symbolbild)  © dpa/David Young

Doch wie oft wurden Informationen zu einem rechtsextremistischen oder Reichsbürger-Hintergrund seit 2019 vom Verfassungsschutz an Behörden und Unternehmen weitergegeben? Darauf bekommt die MDR-Sendung "exactly" keine ganz genaue Antwort.

Lediglich elf Bundesländer sollen überhaupt Hinweise erhalten haben - insgesamt 347 an der Zahl, davon 139 in Sachen und 74 in Sachsen-Anhalt.

Es stellt sich daher die Frage: Wie entschieden sich die Behörden, nachdem die Hinweise sie erreicht haben?

Die Antwort darauf ist schockierend: Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Sachsen gaben an, dass fast 70 Prozent dieser Bewerber trotz der Hinweise nicht abgelehnt wurden.

Wie kann das sein? Matthias Laube, der Leiter des Ordnungsamtes Leipzig, gibt die Antwort darauf: Wird jemand der Reichsbürger-Klientel zugeordnet, heiße das nicht automatisch, dass er auch unzuverlässig sei.

Probleme sind laut Jörg Zitzmann (Geschäftsführer Akademie für Sicherheit) unter anderem die offene Formulierung des Gesetzestextes, welche viel Spielraum zulässt, sowie zu wenige Kontrollen.

Eines ist laut "exactly" klar: Die Firmen müssen mehr Verantwortung übernehmen und die Länder brauchen bessere Regelungen dafür, an welche Unternehmen sie ihre Bewachungsaufträge in wichtigen Bereichen vergeben.

Die ganze Doku "Rechts und gewalttätig? Security ohne Kontrolle" findet Ihr in der MDR-Mediathek.

Titelfoto: Bildmontage: MDR, dpa/David Young

Mehr zum Thema TV & Shows: