Wie Mitteldeutschland 13 Tage einen entflohenen Straftäter suchte - und der zum Mörder wurde

Mitteldeutschland - Als Frank Schmökel (60) im Jahr 2000 aus dem Maßregelvollzug Neuruppin flieht, ist er bereits ein mehrfach verurteilter Verbrecher: Ein 13 Tage langer Wettlauf mit der Zeit beginnt - wird er töten? Die MDR-Sendung "Kripo live - Tätern auf der Spur" beleuchtet die sechste und letzte Flucht des Mannes, der sich erst an Tieren, später an jungen Mädchen verging und schließlich auch zum Mörder wurde.

Frank Schmökel (60) nach seiner sechsten und letzten Flucht bei einem Gerichtsprozess im Jahr 2002.
Frank Schmökel (60) nach seiner sechsten und letzten Flucht bei einem Gerichtsprozess im Jahr 2002.  © Michael Urban/dpa

"Wenn du jetzt schon frei bist, dann baust du noch mal richtig Scheiße", schilderte Frank Schmökel in einem MDR-Interview aus dem Jahr 2006 selbst seine Gedanken während seiner knapp zweiwöchigen Flucht im Herbst 2000.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Schmökel schon mehrere Verbrechen begangen: Nach einer von Gewalt geprägten Kindheit und Jugend, fiel er in der DDR bereits wegen Zoophilie auf und wurde im Jahr 1988 das erste Mal wegen der versuchten Vergewaltigung einer 13-Jährigen schuldig gesprochen.

"Bei ihm war die Beziehung zu Frauen immer von Anfang an unter einer besonderen Störung", berichtet Polizeipsychologe und Profiler Adolf Gallwitz (72) in der aktuellen Folge. "Es war für ihn wahrscheinlich sehr schwer, um nicht zu sagen fast unmöglich, jemanden zu finden, der mit ihm dieses Experiment erste enge intime Freundschaft da eingegangen wäre - und das hat er ja auch nie gefunden."

"Sendung mit der Maus" wieder mit besonderer Aktion für Kinder
TV & Shows "Sendung mit der Maus" wieder mit besonderer Aktion für Kinder

Im Jahr 1993 folgte eine Verurteilung wegen vier Missbrauchsfällen. "Also Kinder, und dann zunehmend vom Alter her auch sehr kleine Kinder, waren für ihn vollkommen ungefährlich, die konnte er gut kontrollieren", erklärt Gallwitz.

Während einer seiner Fluchten machte Schmökel sich im Jahr 1994 auf den Weg nach Quitzerow. Nach der mehrstündigen Suche nach einem Opfer, habe er eine Elfjährige ins Auto gezogen und sei mit ihr in einen Wald gefahren, wie Schmökel erzählte.

"Dann hat sie geheult und gesagt: 'Ich möchte nach Hause, meine Mutti wird sich schon Sorgen machen und mein Papa - der hat mich so lieb'. Und dann habe ich die von einem Moment auf den anderen abgrundtief gehasst", so Schmökel weiter. "Sie hatte ein schönes Zuhause und ich hatte keins. Sie hatte alles, was ich nie hatte. Da habe ich versucht die zu erwürgen."

So gelang Schmökel die sechste und letzte Flucht

Frank Schmökel war im Maßregelvollzug Neuruppin untergebracht, als er am im Jahr 2000 einen Freigang zur Flucht nutzte.
Frank Schmökel war im Maßregelvollzug Neuruppin untergebracht, als er am im Jahr 2000 einen Freigang zur Flucht nutzte.  © Karlheinz Schindler/dpa

Das Mädchen überlebte glücklicherweise. Schmökel wurde wegen Vergewaltigung und versuchter Tötung zu 14 Jahren Haft verurteilt und in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.

Schmökels sechste und letzte Flucht im Herbst 2000 sollte 13 Tage lang dauern - 13 Tage voller Angst. 5000 Polizisten suchten den entkommenen Kriminellen. Profiler Gallwitz (72) erinnert sich: "Wir wussten, dass wir keine Zeit haben" und "Eine Stunde am Tag schlafen musste genug sein."

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen? Zu dieser Zeit saß Schmökel im Maßregelvollzug Neuruppin ein und durfte in Begleitung dreier Pfleger seine Mutter in Strausberg besuchen. Mit einem Küchenmesser stach er dabei auf seine Mutter und einen der Bewacher ein. "Er wollte mich umbringen", berichtete Pfleger Manfred Schäfer in dem 2006 geführten Interview: "Er war wie im Blutrausch."

"Detektiv Conan", Tarantino, "Polizeiruf 110": Große Trauer um Schauspieler und Synchronsprecher Jörg Hengstler
TV & Shows "Detektiv Conan", Tarantino, "Polizeiruf 110": Große Trauer um Schauspieler und Synchronsprecher Jörg Hengstler

"Mit einem völlig blutverschmierten Pullover bin ich da durch die Gegend gerannt", beschrieb Schmökel selbst die Situation: "Ich denke: 'Ach du scheiße, was hast du denn jetzt schon wieder gemacht?' Ich wollte ja eigentlich nur eine Flucht ohne Gewalt."

Doch bei dieser Tat sollte es nicht bleiben. Schmökel fand ein Versteck in einem Bungalow einer Laubensiedlung. "Ich werde bald zum Mörder", notierte er währenddessen in einem Tagebuch. Und genau das passierte auch.

Mit einem Spaten getötet

Polizisten suchen im Herbst 2000 in der ostsächsischen Gemeinde Großdubrau bei Bautzen nach Frank Schmökel.
Polizisten suchen im Herbst 2000 in der ostsächsischen Gemeinde Großdubrau bei Bautzen nach Frank Schmökel.  © Matthias Hiekel/dpa

Als der Besitzer seines Unterschlupfs auftauchte und merkte, dass etwas nicht stimmte, alarmierte er die Polizei. Schmökel erschlug daraufhin den Nachbarn mit einer Schaufel und flüchtete mit dessen Auto. "Ich habe den dann mit einem Spaten traktiert. 5, 6 Schläge oder so ... dass es so unendlich leicht ist, einen Menschen zu töten ... so unendlich leicht, da gehört nicht viel dazu", so Schmökel. Sein Weg führte ihn nach Sachsen.

"Das war das Moment, wo die ganzen Fahndungs-Aktivitäten wieder auf eine weitere Stufe gegangen sind", beschreibt Psychologe Gallwitz die gefährliche Lage: "Jetzt haben wir nicht nur einen als gefährlich eingeschätzten Menschen, der auch noch unter der besonderen Belastung 'alle sind hinter mir her' ist, sondern jetzt haben wir auch noch jemanden, der auf dieser Flucht bereits einen Menschen umgebracht hat."

Auf einer Pressekonferenz wurde damals verkündet: "Als Zwischenergebnis müssen wir mit großen Bedauern feststellen, dass wir den zeitlichen Wettlauf nicht gewonnen haben."

Welcher Tipp zu einem Waldstück nach Bautzen führte, wie die dramatische Festnahme und der anschließende Prozess abliefen und was Schmökels Flucht für Auswirkungen auf den Maßregelvollzug in Deutschland hatte, erfahrt Ihr am heutigen Mittwochabend ab 21.15 Uhr bei "Kripo live - Tätern auf der Spur" im MDR oder schon jetzt in der Mediathek.

Titelfoto: Montage: Matthias Hiekel/dpa; Michael Urban/dpa

Mehr zum Thema TV & Shows: