"FZ"-Urgestein DJ Geyer erinnert sich: "Es war ein Kampf um die Eintrittskarten"

Chemnitz - Wer im Karl-Marx-Stadt der 1980er richtig feiern gehen wollte, war im "FZ" an der richtigen Adresse. Das "FZ" hieß offiziell "Freizeitzentrum" und war eigentlich ein Jugendclub. Doch in Wirklichkeit war die Baracke im Hans-Beimler-Gebiet eine der heißesten Discos der Stadt. "FZ"-Urgestein DJ Geyer (59) erzählt von der verrückten Zeit.

DJ Geyer heizte dem FZ-Publikum ein - hier ein Foto von 1988.
DJ Geyer heizte dem FZ-Publikum ein - hier ein Foto von 1988.  © privat

Jens-Uwe Jahn, besser bekannt als DJ Geyer, erinnert sich noch genau an seinen ersten Auftritt im "FZ". Es war im Januar 1984, er startete sein Programm mit dem Madonna-Hit "Holiday".

"Und da ging's gleich rund - aber ohne Ende", sagt DJ Geyer. Von da an begleitete und prägte er mit seinem Sound das "FZ" bis nach der Wende. "Wer es nicht erlebt hat, kann sich das nicht vorstellen", sagt er.

Die Baracke aus Pressspan-Platten war für 250 Leute zugelassen, doch es waren oft mehr als 400 drin - und draußen wollten immer noch mehr Leute rein. "Es war ein Kampf um die Eintrittskarten."

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DJ Geyer spielte Disco-Funk wie Kool & The Gang, auch Synthie-Pop à la Depeche Mode und "Grufti"-Sound wie von The Cure waren angesagt. Doch auch legendäre Live-Bands wie das "Rock'n'Roll Orchester" und "Transit" kamen ins "FZ".

Die Einrichtung des Clubs war ungewöhnlich luxuriös: "Sie wurde extra angefertigt von kleinen Handwerksbetrieben. Sitzgruppen, schöne Tische, ganz exklusive Lampen. Der Clubchef hatte Beziehungen bis sonstwohin, der hat alles rangebracht."

Ein Tausendsassa: Der Kult-DJ hat auch ein Hörbuch über sein bewegtes Leben aufgenommen.
Ein Tausendsassa: Der Kult-DJ hat auch ein Hörbuch über sein bewegtes Leben aufgenommen.  © Kristin Schmidt
Das FZ feierte 1986 den ersten "Discomarathon" - und DJ Geyer war wie immer mittendrin.
Das FZ feierte 1986 den ersten "Discomarathon" - und DJ Geyer war wie immer mittendrin.  © privat
Können es kaum erwarten: Jugendliche drängen in den beliebten Jugendclub, am 19. Mai 1989.
Können es kaum erwarten: Jugendliche drängen in den beliebten Jugendclub, am 19. Mai 1989.  © haertelpress/Harry Haertel

Auch heute wird noch im FZ-Stil gefeiert

Jens-Uwe Jahn alias DJ Geyer (59) hat unzählige Abende hinter dem DJ-Pult verbracht - und denkt nicht ans Aufhören.
Jens-Uwe Jahn alias DJ Geyer (59) hat unzählige Abende hinter dem DJ-Pult verbracht - und denkt nicht ans Aufhören.  © Kristin Schmidt

Die Kult-Getränke waren Juice (Orangensaft) mit Wodka und Cola-Weinbrand - ein Glas kostete 1,90 DDR-Mark. "Bei uns wurde ordentlich getrunken", erinnert sich DJ Geyer. "Das gehörte einfach dazu." Trotzdem sei es immer friedlich zugegangen. Das Publikum sei damals allgemein besser drauf gewesen als jetzt: "Heute muss man als DJ die Leute anheizen - früher brauchte man sich bloß hinstellen und es ging schon ab.

"Aber auch heute verstehen die Leute noch, im "FZ"-Stil zu feiern. DJ Geyer steht einmal jährlich bei der "FZ-Revival-Party" im Braukeller auf der Bühne. "Da kommen auch sehr viele junge Leute", sagt er. "Erstaunlicherweise kennen sie die Musik aus den 80ern und gehen voll ab."

Nach der Wende durfte das "FZ" auf Anweisung vom Jugendamt keine Disco-Abende mehr veranstalten. 1993 schloss der Club in der Olbersdorfer Straße 2 endgültig seine Pforten, später wurde er abgerissen.

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DJ Geyer blickt heute noch gerne zurück auf seine mehr als 500 Auftritte dort: "Es war mein Lieblingsladen", sagt er.

Hier gibt's die anderen Teile der TAG24-Serie zum Nachlesen

Titelfoto: haertelpress/Harry Haertel, Kristin Schmidt

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