Wende im Chemnitzer Abschiebe-Skandal: Etwa 100 Teilnehmer bei Demo für Familie Pham/Nguyen

Chemnitz - Im Chemnitzer Abschiebe-Skandal um die Familie Pham/Nguyen hat die Härtefallkommission den Fall zurück an die Ausländerbehörde der Stadt Chemnitz gegeben.

Der Familie Pham/Nguyen droht die Abschiebung nach Vietnam. (Archivbild)
Der Familie Pham/Nguyen droht die Abschiebung nach Vietnam. (Archivbild)  © Andreas Seidel

"Die Behörde wird Kontakt zur Familie und deren Anwältin aufnehmen und das weitere Vorgehen abstimmen, unter anderem wie und in welchem Zeitraum die noch fehlenden Nachweise der nachhaltig wirtschaftlichen und sprachlichen Integration von Herrn Pham und Frau Nguyen erbracht werden können", teilte die Stadtverwaltung am Freitag mit.

Pham Phi Son (64), seine Frau Hoa und Tochter Emilia sollen eigentlich nach Vietnam abgeschoben werden. Der 64-Jährige war 1987 als Vertragsarbeiter aus Vietnam in die DDR gekommen. Die drohende Abschiebung kam deshalb nicht zustande, weil er 2016 für sechs Monate zur ärztlichen Behandlung in seiner Heimat war. Damit wurden deutsche Fristen verletzt.

Die Härtefallkommission des Landes Sachsen hatte ein Bleiberecht zunächst abgelehnt. Die Chemnitzer Migrationsbeauftragte Etelka Kobuß hatte den Fall auf Facebook als skandalös und unmenschlich bezeichnet.

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Die Familie, die sie selbst kenne, sei integriert. "Nach über 30 Jahren ist Herr Pham genauso ein faktischer Inländer wie es seine in Deutschland geborene und inzwischen 5 Jahre alte Tochter ist", schrieb Kobuß.

Die Kommission hatte den Fall vor einer Woche nicht als Härtefall eingestuft. Ein Bleiberecht wurde damit abgelehnt. Nach Angaben der Landesdirektion Sachsen war die Familie bereits zur Ausreise verpflichtet, wurde aber für die Zeit des Härtefallverfahrens geduldet.

Pham Phi Son (64) mit seiner Familie bei der Demonstration auf dem Düsseldorfer Platz in Chemnitz.
Pham Phi Son (64) mit seiner Familie bei der Demonstration auf dem Düsseldorfer Platz in Chemnitz.  © Ralph Kunz

Demo für Familie in Chemnitz

Am Freitagnachmittag wurde in Chemnitz für die Familie demonstriert.
Am Freitagnachmittag wurde in Chemnitz für die Familie demonstriert.  © Ralph Kunz

Politiker verschiedener Parteien hatten sich nach der Entscheidung für ein Bleiberecht von Pham Phi Son ausgesprochen.

SPD-Landesvize Sophie Koch machte unter anderem geltend, dass die Tochter der Familie kurz vor der Einschulung steht. "Eine Abschiebung wäre ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben und jetzt trotzdem Angst vor einer Abschiebung haben müssen", sagte sie.

Die Grünen-Politikerin Petra Čagalj Sejdi schrieb auf Twitter: "Wie kann man Menschen, die bereits 35 Jahre hier leben und die als Vertragsarbeiter in der DDR ihren Schweiß für das Wohlergehen der Bevölkerung gelassen haben, abschieben? Sie gehören nach Sachsen."

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Für Freitagnachmittag hat der sächsische Flüchtlingsrat zu einer Demonstration für die Familie in Chemnitz aufgerufen: Diese vor der Ausländerbehörde am Düsseldorfer Platz statt. Rund 100 Personen waren dabei.

Titelfoto: Ralph Kunz

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