Dresdner, schaut auf Eure Stadt: "Ansichtssache" in der Städtischen Galerie

Dresden - Macht sich ein Künstler ein Bild von einer Stadt, dann ist dies seine Ansichtssache. Ob man es mag oder nicht, ob es treffend oder unzureichend wirkt, das wiederum ist Ansichtssache der Betrachter. "Ansichtssache. Dresden im Bild" heißt die neue Sonderausstellung in der Städtischen Galerie.

In seinem Gemälde "Neuaufbau der Elbbrücke" hat Hermann Kohlmann 1969 den Beginn des Wiederaufbaus der Carolabrücke festgehalten.
In seinem Gemälde "Neuaufbau der Elbbrücke" hat Hermann Kohlmann 1969 den Beginn des Wiederaufbaus der Carolabrücke festgehalten.  © Petra Hornig

57 Gemälde aus eigener Sammlung erzählen vom Wandel des Stadtbildes und den tiefgreifenden Veränderungen, die Dresden im 20. Jahrhundert erfahren hat.

Präsentiert wird die Schau in der zweiten Etage des Landhauses, eigentlich eine Räumlichkeit des Stadtmuseums. Eine vorübergehende Nutzung, geschuldet den klammen Kassen infolge der Kürzungen im Kulturbereich. Gisbert Porstmann (62), Direktor der Städtischen Museen und der Städtischen Galerie: "Die Museen befinden sich in keiner leichten Situation, um es freundlich zu formulieren."

Da die Neukonzeption des Stadtmuseums erst der Haushaltslage angepasst werden müsse und der Raum verfügbar war, habe man spontan die eigentlich nicht geplante Ausstellung im Raum des Stadtmuseums eingerichtet. "In sportlicher Geschwindigkeit", so Porstmann.

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Die Herausforderung auch für die Galerie: "Was können wir mit kaum vorhandenen Mitteln stemmen?" Die Antwort: "Stadtansichten!" Zusammen mit Johannes Schmidt, Kustos für Malerei, hat Porstmann die Ausstellung kuratiert.

Eine Dokumentation der permanenten Veränderung des Stadtbildes

Museumsdirektor Gisbert Porstmann (62) vor dem großformatigen Bild "Blick auf Dresden" (1903) von Gotthardt Kuehl: "Es wurde ewig nicht gezeigt".
Museumsdirektor Gisbert Porstmann (62) vor dem großformatigen Bild "Blick auf Dresden" (1903) von Gotthardt Kuehl: "Es wurde ewig nicht gezeigt".  © Petra Hornig

Das Konzept folge dem Credo von Otto Richter, 1891 Begründer der städtischen Sammlungen: "Das Bild der Stadt sollte durch die Augen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler dokumentiert werden." Entsprechend böten die Gemälde in "Ansichtssache" auch eine Dokumentation der permanenten Veränderung des Stadtbildes.

Eine "spannende Entdeckung" habe man laut Porstmann gemacht: "Dass Dresden eine Stadt am Fluss ist, eine Stadt mit Brücken, das war natürlich keine Überraschung." Überraschend aber war, wie oft die Carolabrücke im Bild sei. Sieben dieser Gemälde habe man separiert gehängt. Ansonsten gliedere sich die Schau in fünf Bereiche. Neben historischen Ansichten der Innenstadt stehen Zerstörung und Wiederaufbau Dresdens im Zentrum des Interesses der Maler.

Hinzu kommen atmosphärische Stadtansichten sowie symbolisch-allegorische Darstellungen.

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Außerdem habe man an einer Wand vier der großen Dresdner Maler vereint: Horst Leifer, Hubertus Giebe, Stefan Plenkers und Peter Herrmann.

"Ansichtssache" liefert zweierlei: Neben bekannten Gemälden etwa von Gotthardt Kuehl oder Siegfried Klotz bietet die Schau zunächst einen Überblick künstlerischer Strömungen vom Realismus über den Impressionismus, Expressionismus, die Neue Sachlichkeit, den Sozialistischen Realismus bis zur stilistischen Offenheit der frühen 90er-Jahre.

Nicht nur Brücken und Sehenswürdigkeiten der Innenstadt

Rudolf Reimers Arbeit "Alaunstraße" (1980) zeigt den Platz vor dem Jugendclub "Scheune" mit Blick Richtung Albertplatz.
Rudolf Reimers Arbeit "Alaunstraße" (1980) zeigt den Platz vor dem Jugendclub "Scheune" mit Blick Richtung Albertplatz.  © Petra Hornig

Da nicht nur die Brücken und Sehenswürdigkeiten der Innenstadt in den Blick kamen, sondern auch entlegenere, unspektakuläre Winkel - die Südvorstadt, die Thälmannstraße (heute Wilsdruffer) im Aufbau, die Alaunstraße in den 80er-Jahren oder der Pirnaische Platz um 1901 -, ist überdies eine topografische (Zeit-)Reise durch Dresden zu erleben.

Das älteste Bild stamme aus dem Jahr 1900 (vom unbekannten Maler Albert Schumann), das jüngste (von Klotz) datiere auf 1992, so Co-Kurator Schmidt. Später entstandene Gemälde haben sich nicht gefunden. Schmidt hat zu jedem Bild einen erklärenden Text verfasst, der durch die Ausstellung leitet.

Er sagt: "Anfangs haben die Künstler den sozialistischen Wiederaufbau der Stadt als positive Sache gefeiert." Erst ab den 60er-Jahren, mit dem Verschwinden der Altbauten etwa, wurde die Skepsis größer. In Werken der 80er-Jahre könne man schließlich schon die Agonie der späten DDR erkennen.

"Ansichtssache" bietet ein facettenreiches Abbild der Stadt, in das einzutauchen sich lohnt. Die Schau läuft bis 28. September.

Titelfoto: Fotomontage: Petra Hornig

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