Experte sicher: Amokschütze von Hamburg ist gezielt in Schießclub eingetreten

Lüneburg - Im Dezember 2022 erlangte Philipp F. (33) eine waffenrechtliche Erlaubnis, noch im gleichen Monat erwarb der spätere Amokschütze eine halbautomatische Waffe. Ein Zufall war das nicht, so ein Experte.

Der Tatort am Tag danach: Dass Philipp F. (33) überhaupt ein Blutbad angerichtet hat, sei kein Zufall, so ein Experte.
Der Tatort am Tag danach: Dass Philipp F. (33) überhaupt ein Blutbad angerichtet hat, sei kein Zufall, so ein Experte.  © Markus Scholz/dpa

Wolf Kemper ist sich sicher:

Philipp F., der am 9. März 2023 sieben Menschen bei einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg tötete, bevor er sich selbst richtete, ist niemand, der zuerst dem Hobby eines Sportschützen nachging und sich dann entschloss, den furchtbaren Amoklauf zu verüben, bei dem er unter anderem auch ein ungeborenes Kind im Mutterleib erschoss.

"Ich gehe davon aus, dass er gezielt in den Schießclub eingetreten ist, um sich eine Waffe für die Tat zu besorgen", so der Kriminologe der Leuphana Universität in Lüneburg gegenüber dem Hamburger Abendblatt.

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Die Tat von F. erinnere ihn an den Amoklauf von Erfurt vor mehr als 20 Jahren. Damals hatte der 19-jährige Robert Steinhäuser an seiner ehemaligen Schule 16 Menschen getötet, bevor er sich selbst erschoss.

Auch Steinhäuser war zuvor einem Schützenverein beigetreten, hatte dort die nötige Prüfung, um eine Waffe führen zu dürfen, bestanden.

Experte: "Finale Befreiungstat" für Philipp F.

Nach dem Amoklauf von Hamburg: Blumen und Trauerkarten im Eingangsbereich des Gebäudes der Zeugen Jehovas.
Nach dem Amoklauf von Hamburg: Blumen und Trauerkarten im Eingangsbereich des Gebäudes der Zeugen Jehovas.  © Christian Charisius/dpa

Kemper spricht von einer "finalen Befreiungstat", die seiner Meinung nach die Bluttat für F. dargestellt habe.

Der Ausschuss aus einer solchen Gemeinschaft käme für strenggläubige "einem Todesurteil" gleich, da man bei den Zeugen Jehovas davon ausgehen würde, zu den Auserwählten zu gehören, die nach einem Weltuntergang eine neue Welt aufbauen würden, so Kemper gegenüber der Zeitung.

Eine Chance, wieder aufgenommen zu werden, gebe es nicht. Ein Ausschluss und damit das Stehen auf der richtigen Seite nach der unvermeidlichen Apokalypse sei unmöglich.

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"Viele der Mitglieder in solchen Glaubensgemeinschaften sehen sich vom Kindesalter an den Thesen ausgesetzt. Dabei wird ihnen eine ganz eigene Logik eingetrichtert", so Kemper.

Ob Philipp F. tatsächlich aus der Gemeinde ausgeschlossen wurde oder sich von dieser zuerst entfernt und schließlich von sich aus ausgestiegen ist, darüber gehen die Aussagen auseinander.

Titelfoto: Markus Scholz/dpa

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