Warnstreik bei der Bahn: So ist die Lage im stillen Hamburger Hauptbahnhof

Hamburg - In Deutschland stehen die Züge still! Der Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fällt am Hamburger Hauptbahnhof, dem nach Fahrgastaufkommen größten Bahnhof Deutschlands, besonders schwer ins Gewicht. Rund 500.000 Reisende steigen hier täglich ein, aus und um. Doch am heutigen Freitagmorgen haben sich nur wenige in die riesigen Hallen verirrt. TAG24 hat sich die Lage vor Ort angesehen.

Dzintars (39) ist wegen der Hannover Messe nach Deutschland gereist. Er wohnt während seines Aufenthalts in einem Hamburger Hotel, weil die Preise zur Messezeit in der Hansestadt günstiger sind als in Hannover.
Dzintars (39) ist wegen der Hannover Messe nach Deutschland gereist. Er wohnt während seines Aufenthalts in einem Hamburger Hotel, weil die Preise zur Messezeit in der Hansestadt günstiger sind als in Hannover.  © Kevin Goonewardena / TAG24

Von dem flächendeckenden Streik der Eisenbahner dürften die Meisten schon vorab mitbekommen haben; auch Dzintars (39) aus Lettland.

Im Hotel habe man ihm gesagt, dass genau sein Zug fahre, erklärt Dzintars auf Englisch gegenüber TAG24, wieso er trotz des Streiks zum Bahnhof gekommen ist. Auf seinem Handydisplay zeigt er seine Verbindung nach Bremen.

Der Zug kommt allerdings nicht. Eigentlich muss der 39-Jährige auch nicht nach Bremen, sondern zur Messe nach Hannover.

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Er habe sich wie immer in Hamburg ein Hotel genommen, denn das würde ihn keine "500 Euro kosten", wie es in der niedersächsischen Landeshauptstadt während der Industriemesse der Fall wäre. Außerdem gebe es eine direkte Flugverbindung zwischen Riga in Lettland und Hamburg. Der Zug nach Hannover und wieder zurück ins Hamburger Hotel koste ihn auch nur 60 Euro.

Er habe zwar Geschäftstermine auf der Messe "aber glücklicherweise kann man ja heute dank Handys alles schnell und unkompliziert verschieben."

Auch wenn sich Dzintars nun irgendwie anders nach Hannover durchschlagen muss, wirkt er entspannt. Druck habe er nicht, sagt er gegenüber TAG24.

Leere Bahnsteige, wo sonst Rushhour herrscht: der Hamburger Hauptbahnhof am Freitagmorgen. Links im Bild steht ein sogenannter "Aufenthaltszug", in dem Reisende die Wartezeit verbringen können.
Leere Bahnsteige, wo sonst Rushhour herrscht: der Hamburger Hauptbahnhof am Freitagmorgen. Links im Bild steht ein sogenannter "Aufenthaltszug", in dem Reisende die Wartezeit verbringen können.  © Kevin Goonewardena / TAG24

EVG Warnstreik in Hamburg: "Was sollen wir denn machen?"

Marieta und ihre achtjährige Tochter stehen mit ihrem Gepäck am Geländer und blicken auf die leeren Gleise. Die 33-Jährige fragt: "Was sollen wir denn machen? Eigentlich wollten wir über das Wochenende zu meinen Eltern nach Göttingen. Das ist ja nicht so weit." Sie habe gehofft, "dass doch noch was fährt. Aber das sieht ja nicht so aus."

Zum Bahnhof gekommen seien die beiden mit der S-Bahn, "die fuhr und war auch leerer als sonst zu dieser Zeit." Weiter nach Göttingen scheint es nun aber vorerst nicht zu gehen, was also ist ihr Plan?

"Wieder zurück und dann wieder los, das lohnt sich nicht. Wir suchen uns hier gleich erstmal ein Plätzchen und frühstücken. Mal gucken, was dann ist."

Geschäfte am Hamburger Hauptbahnhof haben trotz ausbleibender Kunden geöffnet

Mantas (24): Keine Gäste, nichts zu tun. Das werde sich aber im Laufe des Tages ändern, ist sich der Mitarbeiter eines gastronomischen Betriebs sicher.
Mantas (24): Keine Gäste, nichts zu tun. Das werde sich aber im Laufe des Tages ändern, ist sich der Mitarbeiter eines gastronomischen Betriebs sicher.  © Kevin Goonewardena / TAG24

Schon morgens stehen die Menschen normalerweise in den Schlangen der zahlreichen gastronomischen Angebote im Bahnhof für Kaffee, belegte Sandwiches oder Franzbrötchen an. Am Streiktag ist es weitestgehend leer, ab und zu stärkt sich die ein oder andere Person bei einer der zahlreichen Filialen verschiedener Ketten, von Anstehen jedoch keine Spur.

"Wie du siehst, ist der Bahnhof leer und wenn der Bahnhof leer ist, haben wir hier nichts zu tun", sagt Mantas. Die Smoothies, Sandwiches, Bowls oder Salate für die Pause am Mittag, die Mantas sonst verkauft, bleiben liegen.

So geht es nicht nur ihm. Dennoch haben die Restaurants, Imbisse, Coffeeshops, Bäcker und Einzelhändler im Bahnhof geöffnet. Den Laden während des angekündigten Streiks geschlossen halten, das gehe nicht. "Die Deutsche Bahn verlangt, dass die Läden auf sind", sagt er.

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Auch weniger Ware als sonst liege nicht in der Auslage. "Die Bahn streikt ja nicht den ganzen Tag. Später wird es wieder voller werden, deswegen haben wir uns ganz normal vorbereitet. Einige Sachen können wir auch nicht hier machen, die bekommen wir geliefert und können die nicht im Laufe des Tages nachbestellen."

Er rechne damit, dass im Laufe des Tages der Betrieb wieder zunehmen werde. "Heute werden es 20 Grad, da geht noch was", ist der junge Mann zuversichtlich.

Kein "Zug entfällt", doch der erste Blick trügt: Die angeschlagenen Verbindungen auf einer der Anzeigetafeln im Hamburger Hauptbahnhof liegen um 7.20 Uhr noch in weiter Ferne.
Kein "Zug entfällt", doch der erste Blick trügt: Die angeschlagenen Verbindungen auf einer der Anzeigetafeln im Hamburger Hauptbahnhof liegen um 7.20 Uhr noch in weiter Ferne.  © Kevin Goonewardena / TAG24

Trotz Streiks in Hamburg: So kommt Ihr im hvv trotzdem ans Ziel

Der bundesweite Warnstreik dauert seit 3 Uhr am Freitagmorgen an und soll um 11 Uhr beendet sein. In Hamburg versucht die S-Bahn einen Notbetrieb aufrechtzuerhalten. Mit den U-Bahnen, Bussen und Fähren kommen Hamburgerinnen und Hamburger auch ans Ziel.

Denn die durch die städtische Hochbahn betriebenen Verkehrsmittel im Hamburger Verkehrsverbund (hvv) verkehren nach dem gewöhnlichen Fahrplan, teilweise werden sie sogar verstärkt und einige Linien werden verlängert.

Titelfoto: Kevin Goonewardena / TAG24

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