Prozess gegen Magdeburg-Todesfahrer: Augenzeugin wurde nur knapp verfehlt

Magdeburg - Der Prozess um den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt wird am Donnerstag fortgesetzt. Es wird voraussichtlich ein höchst emotionaler Tag.

Der Angeklagte Taleb A. steht für seine Todesfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt vor Gericht.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Der 51-jährige Attentäter Taleb A. steht wegen sechsfachen Mordes und über 300-fachem versuchten Mord vor Gericht. Ihm droht Sicherheitsverwahrung.

Grundlegende Informationen zu dem Attentat und dem langwierigen Gerichtsverfahren findet Ihr im Artikel "Eigenes Gerichtsgebäude gebaut: Mega-Prozess gegen Magdeburger Amokfahrer startet".

TAG24 ist wieder für Euch vor Ort und berichtet live.

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13.20 Uhr: Betroffener fühlt sich vom Staat allein gelassen

Der 49-jährige Selbstständige ist bis heute krankgeschrieben, was für ihn massive finanzielle Einbuße nach sich zieht.

Die Politik habe versprochen, die Betroffene nicht allein zu lassen: "Wir Selbstständigen flogen unter dem Radar", erläutert er. Ihm wurde demnach von einem Behördenmitarbeiter gesagt, er solle seine Firmen abmelden und sich arbeitslos melden, weil dann "der Staat für ihn sorgen" würde.

Der Geschädigte schildert, dass er selbst im Krankenbett versucht habe, weiterzuarbeiten. "Es gab nirgends eine Möglichkeit, mir zu helfen." Er musste schließlich auf zinsfreie Kredite von Freunden und Geschäftspartnern zurückgreifen, um über die Runden zu kommen.

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13.10 Uhr: Verletzter zog nach Anschlag aus Magdeburg weg

Der Mann wurde nach eigenen Angaben als lebensbedrohlich verletzt eingestuft.

Im Krankenhaus wurde der sechsfache Vater operiert und schon zwei Tage nach dem Anschlag entlassen. Eigentlich hätte er länger bleiben müssen, schildert der 49-Jährige, wollte aber Weihnachten mit seiner Familie feiern. Seine Lebensgefährtin übernahm die Intensivpflege.

Der Zeuge erlitt ein Schleuder- sowie ein Schädel-Hirn-Trauma und ist bis heute in physiotherapeutischer und psychologischer Behandlung.

"Mir wurde eingetrichtert, ein Mann kennt keinen Schmerz. Ich dachte, ich schaffe das schon alleine", erklärt er unter Tränen. Erst im Sommer habe er sich Hilfe gesucht.

Der Mann lebte viele Jahre in Magdeburg, zog nach dem Ereignis aber wieder in seine Heimat nach Sachsen. "Ich hab es hier nicht mehr ausgehalten."

Der Angeklagte Taleb A. zeigt sich im Prozess teilnahmslos.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

12.59 Uhr: Verletzter schildert schockierende Details vom Anschlag

Der 49-Jährige war am Anschlagsabend mit Kollegen vor Ort. Er wollte zwei indischen Mitarbeitern einen typisch deutschen Weihnachtsmarkt zeigen, erläutert er.

Die Gruppe stand neben einer Bude um einen Stehtisch, doch der Geschädigte etwas von seinen Kollegen entfernt, da er rauchen wollte. Er vernahm dann "Krawall und Knalle".

Der Mann sah das Tatauto nur für einen Bruchteil, bevor der Wagen ihn erfasste, schildert der Zeuge unter Tränen. "Ich vergleiche das mit einem Schneepflug. Statt Schnee schob er aber Menschen vor sich her."

Der Geschädigte wurde sofort bewusstlos und kam erst wieder zu sich, als er auf dem Boden lag. Ein Trümmerteil hatte ihm eine schwer blutende Kopfwunde zugefügt.

12.51 Uhr: Prozess wird fortgesetzt

Nach der einstündigen Mittagspause wird der Prozess am elften Verhandlungstag fortgesetzt.

Als erster Geladener nach der Pause sagt ein 49-jähriger Zeuge aus. Gleich zu Beginn seiner Aussage bedankt er sich bei den Ersthelfern.

11.46 Uhr: Prozess pausiert

Richter Dirk Sternberg spricht der Zeugin seinen höchsten Respekt aus, bevor er sie entlässt. Es wird eine einstündige Mittagspause angekündigt.

Der Verhandlungstag pausiert bis 12.45 Uhr.

11.36 Uhr: Augenzeugin ist nach Anschlag "emotional kalt geworden"

Der Vorfall beschäftigt die Zeugin bis heute. "Ich habe für mich nicht so wahrgenommen, dass ich da war, dass ich das erlebt habe", erklärt die Wissenschaftlerin.

Sie habe bis heute mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen und sei emotional sehr kalt geworden. Die Magdeburgerin weint vor Gericht und erklärt, dass dies das erste Mal sei, dass sie diese Emotionen zulassen würde. "Es ist manchmal schwierig, so weiterzumachen, als ob nichts passiert wäre", schildert die 30-Jährige.

Der Angeklagte verdeckt während der Aussage sein Gesicht nicht mehr, sitzt aber teilnahmslos auf seinem Stuhl und lässt den Kopf hängen.

Am Donnerstag sagen wieder zahlreiche Zeugen und Geschädigte aus.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

11.24 Uhr: Todeswagen verfehlte Augenzeugin nur knapp

Jetzt sagt eine 30 Jahre alte Magdeburgerin vor Gericht aus. Sie war mit ihrer Volleyball-Gruppe an dem Anschlagsabend auf dem Weihnachtsmarkt.

Die Gruppe hielt sich an einem Essensstand auf, als der Anschlag begann. "Irgendwas hat hinter uns ganz fürchterlich gerumpelt", erinnert sich die 30-Jährige. Das Tatauto habe sie und ihre Bekannte dann nur knapp verfehlt.

"Ich habe mir gar nichts Schlimmes gedacht im ersten Moment." Die Magdeburgerin nahm zunächst an, dass der Autofahrer möglicherweise einen Schlaganfall erlitten habe.

Sie flüchtete mit Freunden in das Lager einer Bude. Sie erläutert unter Tränen, wie sie vor Ort überlegte, eine Glühweinflasche zu zerschlagen, um sich gegebenenfalls wehren zu können. "Wir wussten ja gar nicht, was passiert."

Die Angst, die sie in dem Moment erfüllte, vergleicht die 30-Jährige mit "Stacheldraht, der sich in einen reinfrisst". Dennoch verließ sie die Hütte, um den Verletzten zu helfen und eine Bekannte zu suchen.

11.11 Uhr: Taleb A. verdeckt plötzlich Gesicht

Während der Zeugenaussage der Ersthelferin hält der Angeklagte Taleb A. dauerhaft ein Taschentuch vor sein Gesicht. Der Grund dafür ist unklar.

Rechtsanwalt von Rüden kritisiert den Todesfahrer, woraufhin er das Tuch vom Gesicht nimmt.

11.08 Uhr: Zeugin lobt Einsatzkräfte

Die 45-Jährige war nach dem Anschlag im Kontakt mit dem Mädchen und durfte die Familie kennenlernen. "Es hat uns automatisch eine Freundschaft verbunden, die hoffentlich lebenslang hält."

Das Mädchen ist inzwischen genesen, könne sich nach Aussagen der Zeugin aber nicht an den Vorfall erinnern.

Zum Schluss ihrer Aussage lobt die 45-Jährige alle Einsatzkräfte und Ersthelfer des Abends. "Unsere Gruppe ist stellvertretend für ganz viele auf dem Weihnachtsmarkt", erklärt sie. Deswegen sagt sie freiwillig vor Gericht aus. Sie bewundert auch den Zusammenhalt der Menschen "nach so einem hinterhältigen Anschlag".

Die Krankenschwester kann bis heute auf keine öffentlichen Feste gehen und ist bis heute in psychologischer Betreuung. "Es gibt ein Leben vor dem Weihnachtsmarkt und ein Leben nach dem Weihnachtsmarkt."

Es ist der elfte Prozesstag.  © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

10.57 Uhr: Krankenschwester eilte Kind zur Hilfe

Die 45-Jährige schildert, wie sie an dem Anschlagsabend einem 12-jährigen Mädchen half. Das Kind war schwer am Kopf verletzt worden.

Sie lief mit dem Kind über den Weihnachtsmarkt. "Da lag noch alles voller Menschen", beschreibt die Ersthelferin, "ich hab zu [dem Mädchen] gesagt, 'guck da nicht hin, guck da nicht hin'." Der Kreislauf der kleinen Verletzten war instabil und sie habe stark gefroren.

Es dauerte laut der Zeugin lange, bis Rettungswagen und Hilfsmittel vor Ort eintrafen. Sie konnte dem Mädchen eine Infusion legen und sie betreuen.

Erst knapp zwei Stunden nach dem Anschlag konnte das Kind endlich in einem Versorgungszelt behandelt werden. Der 12-Jährigen ging es dann wieder besser, sodass die Zeugin mit ihrem Mann und Vater schließlich nach Hause gehen konnte.

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