Straße geklaut! Staatsanwalt sicher: Dieb gab sich als Bahnmitarbeiter aus

Görlitz - Skurriler Prozess am Amtsgericht Görlitz gegen einen mutmaßlichen Steine-Dieb: Jens B. (55) soll gut 112 Tonnen Granitsteine in Zittau am Güterbahnhof geklaut haben - eine ganze Straße plus einen Haufen Steine vom Straßenrand.

Jens B. (55) bestreitet vor Gericht, die Steine genommen zu haben.
Jens B. (55) bestreitet vor Gericht, die Steine genommen zu haben.  © Ove Landgraf

Der Gärtner aus Erfurt hat aber für alles eine Erklärung und ließ über seinen Anwalt wissen: "Es gab keinen Diebstahl und keinen Betrug."

Er bestritt, dass die Steine überhaupt der Deutschen Bahn gehören. Die ließ seinerzeit den Bereich am Güterbahnhof umfangreich sanieren.

Die Straße, die er weggebaggert haben soll, gehöre aber jemand anderem. Außerdem seien die Baufirmen froh, "kontaminierte Steine nicht als Sondermüll teuer entsorgen zu müssen".

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Der Privateigentümer, den Jens jüngst kontaktiert haben will, freue sich, dass die Steine nun weg sind.

Unterlagen der Bahn weisen das "geklaute" Gebiet aber als ihr Eigentum aus. Und Zeugen zufolge stellte sich Jens in DB-Warnweste auf der Baustelle als Mitarbeiter vor.

Überdies sagte der Bauleiter: "Diese Straße sollte bleiben wie sie ist. Da sollte gar nichts weg!"

Die Laubestraße sollte laut Bauleitung gar nicht "zurückgebaut" werden. Dann wurde sie geklaut.
Die Laubestraße sollte laut Bauleitung gar nicht "zurückgebaut" werden. Dann wurde sie geklaut.  © Polizei

Laut Staatsanwalt verhökerte der Straßendieb die Granitsteine. Als der Käufer aus der Zeitung erfuhr, dass ihm offenbar geklautes Baumaterial angedreht wurde, forderte er sein Geld zurück, wollte das Geschäft rückabwickeln.

Haufenweise Steine

Steine, die wiederverwendet werden sollten, lagerten die Bauarbeiter am Rand des Bahnhofs. Auch dort soll sich der Gärtner bedient haben.
Steine, die wiederverwendet werden sollten, lagerten die Bauarbeiter am Rand des Bahnhofs. Auch dort soll sich der Gärtner bedient haben.  © Polizei

Den Chat dazu fanden die Fahnder auf dem Handy von Jens. Der bestritt vehement.

"Es floss weder Geld, noch gab es die Rückforderung", sagte er. "Außerdem liegen die Steine noch genau dort, wo ich sie gelagert habe. Auf dem Grundstück eines Landwirtes."

Besagter Landwirt gab aber zu Protokoll: "Die Steine wurden nach wenigen Tagen wieder abgeholt. Was jetzt dort liegt, ist von mir. Diese Steine liegen da seit Jahren."

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Auch den angeklagten Betrug bestreitet Jens. Demnach hat er Steine aus der Steigerwaldkaserne zu Erfurt und vom Bahnhof Chemnitz angeboten, Anzahlungen erhalten, aber nie geliefert.

"Das waren Geschäftsvermittlungen", so sein Anwalt.

Der Ermittler der Bundespolizei erklärte dagegen, die Käufer hätten von Jens die Bescheinigung zur Abbauerlaubnis gefordert. Die wurde nie vorgelegt, stattdessen verschwanden Jens und Geld.

Auf diese Weise soll er auch Steine aus Kulmbach, Bayreuth und anderswo versucht haben, zu verscherbeln. "Auch auf dem Güterbahnhof Halle wurde er bei Baumaßnahmen in DB-Kleidung gesehen", so der Fahnder. Der Prozess wird fortgesetzt.

Titelfoto: Fotomontage: Ove Landgraf//Polizei

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