"Tag X"-Demo in Leipzig: Aufarbeitung könnte laut Polizei noch Tage dauern

Leipzig - Im Rahmen der linken "Tag X"-Proteste gingen am Samstag Tausende Menschen im Leipziger Süden auf die Straßen. Die Polizei stellte sich den Demonstrierenden mit Wasserwerfern und Sperren entgegen, wodurch die Situation kurzzeitig eskalierte und es zur Einkesselung von rund 1000 Personen kam.

Wasserwerfer am Alexis-Schumann-Platz in Leipzig. Am frühen Samstagabend war die Lage dort erstmals eskaliert.
Wasserwerfer am Alexis-Schumann-Platz in Leipzig. Am frühen Samstagabend war die Lage dort erstmals eskaliert.

Nachdem die Situation bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag eskaliert war und 23 Polizeibeamte durch Wurf-Angriffe in Connewitz verletzt worden waren, rechneten die Behörden am Samstag mit dem größten Einsatz seit zwei Jahren.

Allerdings verlief "Tag X" den Umständen entsprechend "unspektakulär": Um 16.30 Uhr sollte der Aufzug "Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig!" durch die Südvorstadt ziehen. Obwohl es sich dabei um eine angemeldete Demo handelte, untersagte die Polizei den rund 1500 Menschen das Loslaufen vom Alexis-Schumann-Platz.

Während der Versammlungsleiter mit den Behörden verhandelte, spitzte sich die Lage immer weiter zu. Demonstrierende wehrten sich mit Pyro- und Steinwürfen gegen die Polizeisperren entlang der Karli und versuchten erst nach Osten, dann nach Westen durchzubrechen - vergeblich.

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Am Alexis-Schumann-Platz und im angrenzenden Park kesselten die Beamten, die unter anderem auch mit Wasserwerfern anrückten, schließlich rund 1000 Menschen zur Identitätsfeststellung ein. Der Vorwurf: Schwerer Landfriedensbruch. Die Maßnahme dauerte bis in die Morgenstunden an, noch in der Nacht kreiste ein Polizeihubschrauber über den Leipziger Süden.

Die angekündigte "Tag X"-Hauptdemo auf der Wolfgang-Heinze-Straße beschränkte sich am späten Abend und in der Nacht größtenteils auf brennende Barrikaden, die immer wieder von den Einsatzkräften gelöscht und geräumt werden mussten. Die Polizeiwache in der Wiedebachpassage wurde durch Steinwürfe beschädigt, dabei wurden wohl zwei Beamte verletzt.

In der Nacht kam es zu keinen dramatischen Ereignissen mehr, der "Tag X" endete vergleichsweise ruhig.

Update, 17.25 Uhr: Grünen-Chef kritisiert Gewalt bei linker Demo

Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, hat Grünen-Co-Chef Omid Nouripour (47) dem Gewaltausbruch bei der Demo am Samstag verurteilt.

Der Kampf gegen Rechtsextremismus sei eine demokratische Verpflichtung, sagte der Co-Vorsitzende. "Und gewaltfreie Demonstrationen sind ein schützenswerter Teil unserer Gesellschaft."

Auch gewaltfreie Demonstrationen gegen Gerichtsurteile seien selbstverständlich in einer Demokratie. "Das darf es und muss es geben dürfen. Was allerdings in Leipzig passiert ist, ist inakzeptabel. Insbesondere die Gewalt gegen Einsatzkräfte verurteilen wird."

Omid Nouripour (47), Co-Vorsitzender der Grünen.
Omid Nouripour (47), Co-Vorsitzender der Grünen.  © Kay Nietfeld/dpa

Update, 5. Juni, 15.32 Uhr: Zehn Männer nach Krawallen in U-Haft

Laut Angaben der Staatsanwaltschaft Leipzig sind im Zusammenhang mit den Krawallen zehn Männer in Untersuchungshaft genommen worden. Der Vorwurf lautet: schwerer Landfriedensbruch, tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte sowie versuchte gefährliche Körperverletzung.

Fünf der Tatverdächtigen im Alter zwischen 20 und 32 Jahren sollen am Freitagabend straffällig geworden sein. Fünf weitere zwischen 24 und 36 Jahren werden Stein- und Flaschenwürfe sowie schwerer Landfriedensbruch zur Last gelegt.

Bei zwei weiteren Verdächtigen wurden Haftbefehle gegen Auflage außer Vollzug gesetzt.

Update, 5. Juni, 15.03 Uhr: Aufarbeitung des "Tag X"-Einsatzes wird laut Polizei dauern

Einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur zufolge wird die Auswertung des Polizeieinsatzes wegen der Krawalle am Samstag noch Tage dauern.

Voraussichtlich erst Ende der Woche könnten Angaben beispielsweise zur Zahl der eigeleiteten Ermittlungsverfahren gemacht werden, habe eine Sprecherin mitgeteilt.

Update, 5. Juni, 14.51 Uhr: Gewerkschafts-Chef verteidigt Vorgehen der Polizei

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, hat Kritik am Vorgehen der Polizei in Leipzig zurückgewiesen.

"Wer sich in eine gewalttätige Lage begibt, Steine und Brandsätze auf Polizisten wirft, darf sich nachher nicht beschweren, wenn er eine Identitätsfeststellung über sich ergehen lassen muss oder als Straftäter festgenommen wird", so der GdP-Chef.

Update, 22.09 Uhr: Ruhige Lage in Leipzig nach erneutem Demo-Verbot

Nach den jüngsten Krawallen zwischen Linksradikalen und der Polizei in Leipzig ist es am Sonntagabend zunächst ruhig geblieben.

Einer dpa-Reporterin zufolge versammelten sich am Alexis-Schumann-Platz und am Herderplatz im Stadtteil Connewitz zwar einige Menschen. Zu einer Kundgebung kam es aber nicht. Zuvor hatte die Stadt die für Sonntagabend angemeldete Demonstration gegen Polizeigewalt verboten.

Begründet wurde die Entscheidung von einem Sprecher der Stadt mit den Ausschreitungen am Samstagabend.

Update, 20.29 Uhr: Demo zieht durch die Neustadt

Nach einer Kundgebung zog die Soli-Demo durch die Dresdner Neustadt. Dabei wurden unter anderem Banner mit der Aufschrift "Fuck Police Brutality" (Deutsch: "Scheiß auf Polizei-Brutalität") hochgehalten.

In der Spitze hatten sich rund 150 Menschen der Demo angeschlossen, die schließlich vor dem Sächsischen Innenministerium endete. Abgesehen von einigen Wortgefechten am Rande blieb die Lage ruhig.

Nach einer Kundgebung ging es für die Soli-Demo durch die Dresdner Neustadt.
Nach einer Kundgebung ging es für die Soli-Demo durch die Dresdner Neustadt.
Die Position der Demonstranten war dabei deutlich sichtbar.
Die Position der Demonstranten war dabei deutlich sichtbar.

Update, 20.14 Uhr: Solidaritätsdemo am Sonntagabend in Dresden

Nach den Ausschreitungen am Samstag in Leipzig haben am Sonntag die Dresdner Jusos zu einer Demonstration unter dem Motto "Gegen Polizei- und Behördenwillkür - Solidarität mit allen Betroffenen" aufgerufen.

In einer Mitteilung erhebte der Dresdner Ableger der SPD-Jugend Kritik am Polizeieinsatz in Leipzig. "Das im Vorfeld durch die Stadt Leipzig per Allgemeinverfügung verhängte Versammlungsverbot entspricht nicht unserem Grundrechtsverständnis", hieß es in einer Mitteilung. Und weiter: "Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die unter den Repressionen gelitten haben."

Kurz nach 20 Uhr zählte die Versammlung etwa 50 Teilnehmer. Weitere kamen jedoch noch dazu.

Am Sonntagabend protestierten die Dresdner Jusos in Solidarität mit den Leipziger Demonstranten.
Am Sonntagabend protestierten die Dresdner Jusos in Solidarität mit den Leipziger Demonstranten.

Update, 18.55 Uhr: "Leipzig nimmt Platz" kündigt offenbar weitere Demo für Montag an

Nach dem Verbot der angekündigten Demo gegen Polizeigewalt hat "Leipzig nimmt Platz" offenbar zu einer weiteren Versammlung am Montagabend aufgerufen.

"Das Aktionsnetzwerk ruft nach den Ereignissen der vergangenen Tage dazu auf, für unsere Grundrechte, die massiv beschnitten wurden, auf die Straße zu gehen", hieß es in einer Pressemitteilung, die TAG24 am Sonntagabend erhielt.

Demnach soll die Demo um 18.30 Uhr starten. Ort: Der Alexis-Schumann-Platz, wo es am Samstag zu Ausschreitungen gekommen war.

Update, 16.32 Uhr: Ob Jung nennt Demonstranten "durchgeknallte Straffällige"

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (65, SPD) hat sich am Sonntag erneut zu den Ausschreitungen am Samstag geäußert und dabei linksextreme Demonstranten als "durchgeknallte Straffällige" bezeichnet.

"Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz - das gehört alles dazu", sagte der SPD-Politiker beim Empfang von RB Leipzig im Neuen Rathaus.

Die Fußballer hatten am Samstagabend den DFB-Pokal in Berlin gegen Eintracht Frankfurt mit 2:0 (0:0) gewonnen.

Update, 15.10 Uhr: Linke verlangt Sondersitzung des Innenausschusses

Die Linksfraktion im sächsischen Landtag will das Vorgehen der Polizei am Samstag zum Thema im Innenausschuss machen. Dazu werde ihre Fraktion am Montag eine Sondersitzung beantragen, teilte die Abgeordnete Kerstin Köditz (56) am Sonntag mit. "Die Hintergründe der Grundrechtsverletzungen, besonders der Kessel, sind aufklärungsbedürftig."

Das Innenministerium stehe in der Verantwortung.

Titelfoto: Montage: privat

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