Garagendebatte in Leipzig: "Haben auch wir als Stadtrat zu wenig reagiert"

Leipzig - Das Thema Garagen und deren Abschaffung angesichts Platzmangels erzürnt in Leipzig zunehmend die Gemüter. Auch die Ratsversammlung hat sich nun mit der Angelegenheit befasst - und dabei ein neues Vorgehen beschlossen.

Garagen sind für deren Nutzer häufig nicht nur Unterstellplätze, sondern auch Orte für soziale Begegnungen, zum Treffen und gemeinsamen Werkeln.
Garagen sind für deren Nutzer häufig nicht nur Unterstellplätze, sondern auch Orte für soziale Begegnungen, zum Treffen und gemeinsamen Werkeln.  © Anke Brod

"Absehbare Nutzungskoherenzen, gerade in Hinblick auf Garagen, wurden in der Vergangenheit zu wenig beachtet", sagte Dr. Tobias Peter von Bündnis 90/Die Grünen. "Stadtentwicklungskonzepte wurden in Hinblick darauf nicht ausbuchstabiert. Dabei sind Garagenhöfe nicht vom Himmel gefallen, sondern Garagenpächter sind in diesem Thema schon seit vielen Jahren bei Stadtveranstaltungen aktiv - und dennoch wurden sie unzureichend sensibilisiert auf das, was auf uns als Stadt zukommt. Auch wir als Stadtrat haben da zu wenig reagiert."

Die Frage nach der Zukunft der Garagenhöfe wird in Leipzig bereits seit einigen Jahren diskutiert, hatte Peter zuvor erklärt. Die Messestadt wächst, und es wird zunehmend Platz unter anderem für Schulen, Kitas und Wohnraum benötigt. Platz, der jedoch nicht unendlich vorhanden ist.

18 Garagenhöfe sollen perspektivisch weichen, so hatte es zuletzt Baubürgermeister Thomas Dienberg (Bündnis 90/Die Grünen) erklärt, um dem Wachstum auch in Zukunft gerecht zu werden. Betroffen wären damit 2397 Garagen, etwa ein Fünftel dessen, was die Stadt vergibt, hieß es während der Ratsversammlung.

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"Uns ist es wichtig, dass die Pächter ausreichend informiert werden. Dass es Planungssicherheit gibt", so Dr. Peter in der Ratsversammlung. "Sie müssen wissen, bis wann sie die Garagen sicher nutzen können und das möglichst viele Jahre im Voraus."

CDU fordert Stadtentwicklungskonzept "Garagenhöfe/Quartiersgaragen"

Weil die Stadt immer weiter wächst und zunehmend Platz unter anderem für Schulen, Kitas und Wohnraum benötigt wird, stehen einige Garagenhöfe in Leipzig nun jedoch vor dem Aus.
Weil die Stadt immer weiter wächst und zunehmend Platz unter anderem für Schulen, Kitas und Wohnraum benötigt wird, stehen einige Garagenhöfe in Leipzig nun jedoch vor dem Aus.  © Anke Brod

Uneinigkeit herrschte dabei darüber, wie diese Planungssicherheit geschaffen werden könne.

Die CDU, die das Thema in die Sitzung gebracht hatte, forderte unter anderem die Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzepts "Garagenhöfe/Quartiersgaragen", das unter anderem in Verbindung mit dem Bau von Schulen und dem Mobilitäts- und Parkraumkonzept der Stadt stehen soll und dabei "das Potenzial von großen Garagenstandorten im Außen- bzw. Vorortbereich für die weitere Entwicklung der Siedlungskerne nutzt".

Garagennutzer sollten dabei unterstützt werden, Fotovoltaik- und Solaranlagen auf ihren Dächern zu errichten oder Grünflächen darauf anzulegen. Darüber hinaus sollten Garagengemeinschaften und -vereine künftig in die Erarbeitung von Entwicklungskonzepten einbezogen werden.

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Die Linke forderte ergänzend dazu, dass, sollte eine Garage tatsächlich weichen müssen, die Stadt zumindest die Kosten für den Abriss übernimmt.

Andreas Keller von der AfD kritisierte, dass die Stadtverwaltung das Thema Parkhäuser und Garagenhöfe zu lang stiefmütterlich behandelt habe und erklärte daraufhin, seine Fraktion werde einigen Vorschlägen der CDU sowie dem Antrag der Linken zustimmen.

"Man sollte den Leuten reinen Wein einschenken"

Leipzigs Ratsversammlung hat sich der Angelegenheit nun angenommen und dabei ein Vorgehen beschlossen, dass den Garagenbesitzern besser entgegenkommen und sie mehr einbeziehen soll.
Leipzigs Ratsversammlung hat sich der Angelegenheit nun angenommen und dabei ein Vorgehen beschlossen, dass den Garagenbesitzern besser entgegenkommen und sie mehr einbeziehen soll.  © Peter Endig/dpa

Grüne und die Fraktion der Freibeuter sprachen sich hingegen für den Verwaltungsstandpunkt aus. Tobias Peter betonte, dass es kein Garagen-Entwicklungskonzept benötige. Die Nutzungskonzepte seien klar, der Bedarf an Flächen müsse lediglich systematisch erfasst werden.

"Wir unterstützen ganz klar die Verwaltung in ihrem Vorgehen, Flächenbedarfe systematisch zu erfassen und davon ausgehend Garagenpächtern eine Perspektive zu geben. Dieser Prozess läuft bereits."

"Wir können doch nicht die Zustimmung erteilen zu Fotovoltaikanlagen und dann in 15 Jahren trotzdem kommen und sagen: Der Garagenhof muss weg. Wir dürfen diese falschen Erwartungen nicht wecken", warf Sven Morlock von der Freibeuter-Fraktion ein. "Wir sind der Auffassung, man sollte den Leuten reinen Wein einschenken und deutlich machen, dass es keine Garantien geben kann. Was natürlich richtig ist, ist, dass wir Alternativen für die Autos schaffen müssen, wenn wir die Garagen wegnehmen."

Die Mehrheit der Stadträte stimmte schließlich gegen den Verwaltungsstandpunkt und stattdessen für einzelne Forderungen der CDU sowie der Linken. Die Stadt wurde beauftragt, ein Entwicklungskonzept "Garagenhöfe/Quartiersgaragen" zu erarbeiten und soll im Falle eines Abrisses einer Garage die Kosten übernehmen. Garagengemeinschaften sollen künftig in die Erarbeitung von Entwicklungskonzepten einbezogen werden.

Unterstützungsleistungen für die Errichtung von Fotovoltaik- und Solaranlagen sowie Grünflächen wurden abgelehnt.

Titelfoto: Anke Brod

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