Sicherheitsfestung um Leipziger Weihnachtsmarkt: Ist das wirklich zumutbar?
Leipzig - Spätestens nach der Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt ist klar: Besucher müssen vor derartigen Gefahren geschützt werden. Auch in Leipzig wurde dafür ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet. Statt auf moderne Technik, scheint dieses aber eher auf Muskelkraft zu setzen - vom Preis ganz abgesehen.
Rund 1,4 Millionen Euro investierte die Messestadt in knapp 200 mobile Einfahrtsperren. Doch die Zufahrten in die Innenstadt müssen zugänglich bleiben.
Abgesehen vom Linienverkehr der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) brauchen auch Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei im Notfall einen schnellen Zugang zum Leipziger Weihnachtsmarkt.
Die Lösung ist ein Knochenjob. Denn die schweren Sperrelemente werden während der Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes von Mitarbeitern einer externen Sicherheitsfirma bei zufahrtsberechtigten Fahrzeugen jedes Mal zur Seite gerückt.
Alleine für Straßenbahnen, die die Mittelfahrbahn Augustusplatz zwischen 6 und 20 Uhr passieren, müssen Mitarbeiter die Sperren satte 48 Mal pro Stunde verschieben, erklärt LVB-Sprecher Marc Backhaus auf TAG24-Anfrage.
Zusätzlich zu dem enormen Kraftaufwand kommt der sicher nicht unerhebliche finanzielle Aspekt hinzu.
Das Ordnungsamt konnte auf TAG24-Anfrage weder beantworten, wie viel Personal für das Verrücken der Sperren nötig ist, noch wie hoch die Kosten für den Aufwand der Sicherheitsfirma sind.
"Modernes Sicherheitskonzept" unter Schwerstarbeit
Dass der Weihnachtsmarkt ausreichend geschützt werden muss, steht außer Frage, doch hätte es keine bessere Möglichkeit à la versenkbare Poller oder automatische Lösungen gegeben?
Ein abschließendes Fazit darüber, wie praktisch ihr Sicherheitskonzept tatsächlich ist, zieht die Stadt erst nach der Weihnachtsmarkt-Zeit.
"Nach einer Woche Weihnachtsmarkt lässt sich allerdings konstatieren, dass das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger für die getroffenen Maßnahmen vorhanden ist", so das Ordnungsamt.
Eine Umleitung der Straßenbahnen über den ohnehin schon stark frequentierten Georgiring gestaltet sich übrigens nicht nur wegen der dann unumgänglichen Überlastung als schwierig.
So müsste stadteinwärts die Ersatzhaltestelle vor dem Edeka genutzt werden, bevor nach rechts auf den Georgiring abgebogen wird. "Diese ist allerdings nicht barrierefrei", berichtet Backhaus. Die Aufstellfläche für Fahrgäste an der Haltestelle östlich der Oper ist zudem zu gering.
Mobilitätseingeschränkte Fahrgäste hätten so nur die Möglichkeit, am Hauptbahnhof oder Johannisplatz auszusteigen, um auf den Augustusplatz zu kommen.
Das "moderne Sicherheitskonzept" der Stadt Leipzig ist in der Realität von manueller Schwerstarbeit und einem großen Personalaufwand abhängig. Ob dieses Modell wirklich zukunftsfähig ist, wird sich zeigen.
Titelfoto: Montage: Lutz Brose

