Nachbarn sehen und hören Mord: Angeklagter bestreitet Tat

Flensburg - Am Landgericht Flensburg hat am Donnerstag der Prozess gegen einen 63-Jährigen wegen Totschlags begonnen. Ihm wird vorgeworfen, die 25-jährige Judith K. in ihrer Wohnung erstochen zu haben.

Ein Justizbeamter schließt eine Tür zu einem Haftraum ab. (Symbolbild)
Ein Justizbeamter schließt eine Tür zu einem Haftraum ab. (Symbolbild)  © Carsten Rehder/dpa

Der Angeklagte bestritt die Tat. Er habe Zigaretten holen wollen, da habe er einen Anruf der 25-Jährigen erhalten, er solle kommen, sagte er.

Da sei er zu ihr gefahren. "Ich kam da rein, da lag sie da schon."

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen vor, am 31. Juli 2019 in Jübek (Kreis Schleswig-Flensburg) mehrfach mit einem Messer auf die junge Frau eingestochen und deren Tod zumindest billigend in Kauf genommen zu haben.

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Einer der Stiche in den Rumpf verletzte die Aorta und Lungenschlagader der Frau demnach, wodurch sie verblutete. Das Motiv für die Tat ist bislang unklar.

Der Angeklagte ist mit dem Lebensgefährten der jungen Frau bekannt. Dieser war zur Tatzeit nicht anwesend.

Nachbarn hatten die Polizei alarmiert, nachdem sie Hilfeschreie aus dem Haus gehört hatten. Sie hielten den damals 62-Jährigen bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Der Vorsitzende Richter äußerte deutliche Zweifel an der Version des 63-Jährigen. Der Angeklagte hatte gesagt, er sei zunächst an der am Boden liegenden Judith K. vorbei zur Terrassentür gegangen, um diese wegen des herumrennenden Hundes in der Wohnung zu schließen.

Danach habe er nach der 25-Jährigen sehen wollen. Blut habe er nicht gesehen, sagte der Angeklagte auf Nachfrage. Der Richter erklärte dazu, es falle ihm schwer zu glauben, dass der Angeklagte zunächst kein Blut wahrgenommen habe.

Auf Bildern, die er gesehen habe, sei das Blut nicht zu übersehen gewesen. "Was Sie denken, ist mir egal", erklärte der Angeklagte.

Angeklagter reagiert erregt auf Vorwürfe

Das Landgericht Flensburg verhandelt den Fall. (Archivbild)
Das Landgericht Flensburg verhandelt den Fall. (Archivbild)  © Frank Molter/dpa

Auch einen Anruf des Opfers auf dem Handy des Angeklagten habe man nicht finden können, sagte der Vorsitzende Richter.

Dafür aber DNA des Angeklagten auf dem Messer sowie Fasern an der Rückseite des Oberteils des Opfers, die mit denen der Hose des Angeklagten übereinstimmten.

"Das ist mir wurscht", lautet die Antwort des Angeklagten auf den Vorhalt. Immer wieder rief er erregt, "was wollen sie mir da anhängen? Das ist eine große Sauerei".

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Der Staatsanwalt ergänzte die Liste der Ungereimtheiten um weitere Beispiele. So gebe es etwa eine Vielzahl von Zeugen, die übereinstimmend in den Ermittlungen ausgesagt hatten, der Angeklagte sei früher als von ihm angegeben, an der Wohnung gewesen.

Doch trotz des Appells des Staatsanwalts an den Angeklagten, seine Aussage noch einmal zu überdenken, blieb dieser dabei.

Später schilderte eine 19-Jährige als Zeugin, wie sie die Tat beobachtet hatte und gemeinsam mit Nachbarn helfen wollte.

19-Jährige sah Tat durch Fensterscheibe

Sie sei aus dem Auto gestiegen und habe die 25-Jährige gesehen, wie diese hilferufend zur Terrassentür gelaufen sei. Vor dort habe ein Mann - der nicht ihr Lebensgefährte gewesen sei - die 25-Jährige weggezogen.

Dass es sich um den Angeklagten handelt, hatte sie demnach zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesehen. Sie sei sofort zu ihrer Mutter ins Haus gelaufen, die die Polizei alarmieren sollte.

Die 19-Jährige schilderte weiter, wie die beiden Frauen aus dem Haus liefen. Sie selbst habe durch ein glasloses Fenster in einer Mauer beobachtet, dass der Angeklagte der 25-Jährigen mit der linken Hand den Mund zugehalten und mit der rechten eine ausholende Bewegung gemacht habe. Den Angeklagten erkannte sie nun als einen Bekannten des Freundes des Opfers.

Ob er ein Messer oder ähnliches in der Hand hatte, konnte sie ihren Angaben zufolge aber nicht sehen. Als die Nachbarn in die Wohnung kamen, lag die 25-Jährige den Schilderungen zufolge schon leblos mit offenen Augen auf dem Boden. Einen Puls konnten sie nicht mehr fühlen.

Für den Prozess sind zunächst sechs weitere Verhandlungstage bis Anfang Februar festgesetzt worden.

Titelfoto: Carsten Rehder/dpa

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