Wie gefährden russische Troll-Angriffe Deutschland? Sicherheitsexperte klärt auf

Berlin - Die Menschheit steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Während die Anzahl von sogenannten Troll-Angriffen im Netz immer weiter zunimmt, können künstliche Intelligenzen Dinge immer realistischer nachstellen und imitieren. Wie umgehen mit diesen Dingen, die für viele Menschen ganz und gar nicht greifbar sind? Experte und Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz (53, Grüne) steht im zweiten Teil des großen TAG24-Interviews Rede und Antwort.

Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz (53, Grüne) spricht im TAG24-Interview über künstliche Intelligenz und mehr.
Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz (53, Grüne) spricht im TAG24-Interview über künstliche Intelligenz und mehr.  © Christian Kielmann

Könnt Ihr Euch noch an die Bilder von Donald Trumps (77) angeblicher Festnahme erinnern? Sie sahen verdammt real aus, obwohl es diese Szenerie nie gegeben hat. Denn sie wurden von einer künstlichen Intelligenz - kurz KI - erzeugt. Doch woher sollen Menschen das wissen, wenn nicht explizit darauf hingewiesen wird? Ein "Riesen-Problem", stellt von Notz fest.

Der ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste und beschäftigt sich außerdem schon lange mit den dramatischen Änderungen im Netz.

"Es ist meiner Meinung nach unerlässlich, dass eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte und Bilder kommen muss. Es muss einfach sofort zu sehen sein, dass das kein echter Mensch war."

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Ansonsten sollen Sanktionen drohen - dies habe sich schon in anderen Bereichen des Lebens bewährt.

Von Notz erklärt das Ziel von Putin-Trollen im Netz

Russlands Präsident Wladimir Putin (71) schickt seine Trolle los.
Russlands Präsident Wladimir Putin (71) schickt seine Trolle los.  © dpa/Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP

Doch nicht nur von KIs erzeugte Bilder oder Videos stellen ein Problem dar. Von Notz blickt hier auf Twitter-Nachfolger X. "Jemand schreibt etwas Progressives, darunter finden sich aber Hunderte Kommentare, die den Autor geradezu ausbuhen. Bei genauem Hinsehen ist dann festzustellen, dass da gar niemand gebuht hat, sondern es einfach nur irgendwelche von Putin generierten Trolle waren."

Aber warum? "Hier kommt es zu sehr bewussten Diskursverschiebungen, die das Ziel verfolgen, unsere Gesellschaft zu spalten", so von Notz.

"Man darf sich nichts vormachen: Diktaturen, die sich in einer systemischen Auseinandersetzung mit den rechtsstaatlichen liberalen Demokratien dieser Welt sehen, sind bereit, jedes Mittel der Propaganda anzuwenden, um Demokratien anzugreifen und von eigenen Problemen abzulenken."

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Wie genau sie das anstellen? "Das kann so pauschal gar nicht gesagt werden, da gibt es ganz unterschiedliche Strategien und Kampagnen. Aber an Beispielen wie dem Brexit, der letzten US-Wahl oder auch Unabhängigkeitsreferenden, zum Beispiel in Katalonien, war ganz massiv zu beobachten, dass bewusst in Spaltungsthemen reingegangen wird."

Konstantin von on Notz: Es ist logisch, warum Grüne und Frau Merkel immer wieder angegriffen werden

Die Sicherheit eines Systems wird künftig immer mehr im Netz verteidigt werden müssen.
Die Sicherheit eines Systems wird künftig immer mehr im Netz verteidigt werden müssen.  © dpa/Sebastian Gollnow

Aktuell würden Trolle die Propaganda des Gaza-Konflikts massiv pushen. Ebenfalls mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten. "Das ist auch der Grund, warum auch die AfD und andere Extremisten immer gegen diejenigen gehen, die in der Mitte unserer Gesellschaft den Konsens herstellen. Das ist genau das, was sie nicht wollen", so der Politiker weiter.

"Warum werden wir Grünen derzeit so scharf angegriffen? Das liegt natürlich daran, dass wir eine durchaus einflussreiche Partei sind, die mit der SPD, der FDP, der Linken und der Union koalieren kann. Immer mit dem Ziel, um den Kompromiss in der Mitte zu finden. Oder einst Frau Merkel, die in der Mitte unserer Gesellschaft den Konsens organisiert hat."

Die Logik dieser Kampagnen läge schlicht und einfach darin, die Extreme zu pushen und das eigentlich Unsagbare sagbar zu machen.

Extremisten machen das, "um unsere Gesellschaft zu zerrütten", so von Notz. "Dagegen müssen wir uns wehren, weil Demokratie, Konsens und das friedliche Zusammenleben unserer Gesellschaft einfach davon leben, in der Mitte der Gesellschaft Kompromisse zu finden."

Titelfoto: Fotomontage: Christian Kielmann, dpa/Sebastian Gollnow

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