Schüsse auf Soldaten! Polizei in Erklärungsnot: "Übung war uns nicht bekannt"
Erding - Nach den Schüssen von Polizisten auf Feldjäger, die sich bei einer Übung befanden, geraten die Beamten in Erklärungsnot. Denn die Übungen waren groß und breit angekündigt.

Selbst die Öffentlichkeit wurde von der Bundeswehr auf die einwöchige Großübung mit Hunderten Soldaten – und zusätzlich Teilnehmer aus dem behördlichen Sicherheitsbereich – informiert.
Trotzdem kam es am späten Mittwochnachmittag zu einem Feuergefecht zwischen Beamten und Soldaten – wobei das Militär nur Übungsmunition hatte.
Ein Soldat wurde im Rahmen der "Marshal Power"-Großübung verletzt, konnte aber nach kurzer Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Laut Angaben war es ein Streifschuss.
Die Beamten waren eigentlich über den Einsatz gebrieft: "Natürlich wird da die Polizei darüber informiert, wo die einzelnen Übungsabschnitte und die Übungsszenarien stattfinden werden", berichtet Andreas Aichele, Sprecher des Präsidiums Oberbayern Nord.
"Wie aber das im konkreten Fall gelaufen ist, ist jetzt der Gegenstand unserer kriminalpolizeilichen Ermittlungen, die das sehr genau herausfinden werden, wer wann was getan hat."
Kripo und LKA untersuchen Schüsse auf Soldaten

Dass die Polizei mit ihrer scharfen Munition geschossen hat, steht wohl inzwischen außer Frage. Aichele hat einen möglichen Erklärungsansatz. Denn am Mittwoch befanden sich die Soldaten in der sogenannten Anmarsch-Phase.
Also rechneten die Polizisten nicht damit, dass bereits Übungen laufen würden und reagierten entsprechend auf den Notruf aus der Bevölkerung: "Dass es hier tatsächlich schon ein Szenario, eine Übung gibt, das war uns in der Form nicht bekannt."
Inzwischen hat die Kriminalpolizei Erding in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Landeskriminalamt die Ermittlungen zu den Hintergründen übernommen. Dabei werden sicherlich auch mögliche Kommunikationslücken untersucht.
Die Situation der Beamten ist – neutral betrachtet – wohl nachvollziehbar, wenn an diesem Tag noch keine Übungen angekündigt wurden. "Grundsätzlich muss ich mal als Polizist davon ausgehen, dass ich mich in einer sogenannten lebensbedrohlichen Einsatzlage befinde", versucht auch Aichele die Situation zu beschreiben.
Inwieweit ein simpler Anruf bei den militärischen Übungsleitern das Missverständnis hätte aus der Welt schaffen können, ist derzeit noch nicht bekannt. Und ob man überhaupt so einen direkten Kontakt hatte.
Eine lückenlose Aufklärung und daraus resultierende Maßnahmen für die Zukunft sind unumgänglich. Denn zwischen einem Streifschuss und einem tödlichen Volltreffer liegen – je nach Distanz – manchmal nur Millimeter beim Abfeuern der Waffe.
Titelfoto: NEWS5 / Lars Haubner